Nach Jahren des Rückgangs ist die Zahl der gespendeten Organe im vergangenen Jahr wieder gewachsen. Dennoch ist es nach wie vor so, dass viele Menschen in Deutschland wenig über das Thema wissen. Etwa wie der Todeszeitpunkt festgelegt ist, ab dem Organe für die Spende entnommen werden dürfen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

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Das Jahr 2018 hat zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder eine steigende Zahl an Organspendern gebracht. Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) wurden im vergangenen Jahr 955 Menschen nach ihrem Tod mehr als 3.100 Organe entnommen und an schwerkranke Patienten weitergegeben.

Gleichzeitig zeigen Befragungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) und des Westdeutschen Rundfunks (WDR), dass es selbst bei Menschen, die einen Organspendeausweis haben, einige Wissenslücken gibt.

Die BzgA-Umfrage zeigte gar, dass diese Uninformiertheit der Hauptgrund ist, dass Menschen dazu gar keine Entscheidung treffen. Wir haben für Sie die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick zusammengestellt.

Wie kann ich dokumentieren, dass ich meine Organe spenden möchte (oder nicht)?

Wer seine Organe nach dem Tod spenden möchte, sollte das ausdrücklich vorher bestimmt haben. Am einfachsten geht das mit einem Organspendeausweis, den die Krankenkassen alle zwei Jahre samt Infomaterial verschicken.

Auf ihm kann angekreuzt werden: Ja, ich möchte nach meinem Tod Organe oder Gewebe (oder beides) spenden. Oder: Nein, ich möchte das nicht. Eine zweite Möglichkeit ist, die Entscheidung, was mit den eigenen Organen nach dem Tod passieren soll, in einer Patientenverfügung niederzuschreiben.

Wurde nichts davon gemacht, werden die nächsten Angehörigen gefragt, welches Vorgehen wohl im Sinne der oder des Verstorbenen gewesen wäre.

In der repräsentativen Umfrage "Wissen, Einstellung und Verhalten der Allgemeinbevölkerung (14 bis 75 Jahre) zur Organ- und Gewebespende" der BzgA gaben 41 Prozent der Befragten an, dass sie ihre Entscheidung in einem Organspendeausweis, einer Patientenverfügung oder beidem gegeben haben. In drei Vierteln der Fälle lautete die Antwort: Ja, ich möchte spenden.

Welche Organe kann ich post mortem, also nach meinem Tod, spenden?

Qualifiziert für die Organspende sind Nieren, Leber, Bauspeicheldrüse, Herz, Lunge und Dünndarm. Es können auch bestimmte Gewebe gespendet werden, unter anderem die Hornhaut des Auges, Haut, Herzklappen, Teile der Blutgefäße sowie Knorpel und Sehnen.

In Organspendeausweis oder Patientenverfügung kann der potenzielle Spender übrigens auch angeben, ob er oder sie bestimmte Organe oder Gewebe nicht spenden möchte.

Wie groß sind die Chancen, dass ich damit tatsächlich ein anderes Leben verbessere?

Gut. Bei Post-Mortem-Nierentransplantationen ist es laut einer Studie der Universität Heidelberg so, dass nach fünf Jahren rund 75 Prozent der übertragenen Nieren noch arbeiten. Bei anderen Organen ist der Wert etwas niedriger, aber außer bei der Lunge stets bei über 65 Prozent.

"Grundsätzlich sind die Erfolgschancen für alle übertragbaren Organe und Gewebe heute dank medizinischer Fortschritte hoch", so BzgA-Sprecherin Marita Völker-Albert auf Anfrage unserer Redaktion. Das liegt wohl vor allem daran, dass die Gewebetypisierung immer besser geworden ist, so dass weniger Organe abgestoßen werden als früher.

Laut DSO stehen derzeit in Deutschland rund 9.400 Patienten auf Wartelisten für eine Transplantation.

Wer legt denn fest, dass ich tatsächlich tot bin?

Die Unsicherheit über die Feststellung des Todes ist laut der BzgA-Umfrage "Wissen, Einstellung und Verhalten der Allgemeinbevölkerung (14 bis 75 Jahre) zur Organ- und Gewebespende" eines der wichtigsten Motive, eine Organspende abzulehnen. Offenbar gibt es also bei nicht wenigen Menschen die Angst, fälschlicherweise für tot erklärt zu werden.

Die BzgA geht auf ihrer Website www.organspende-info.de ausführlich auf diese Frage ein. Entscheidend ist demnach der Hirntod einer Person, nicht der klinische Tod, also der Herzstillstand.

Unter Ethikern ist zwar umstritten, ob jemand, der hirntot ist, als tot oder sterbend zu bezeichnen ist (einige Körperfunktionen wie die Immunabwehr laufen tatsächlich auch bei hirntoten Menschen noch einige Zeit weiter).

Dennoch hat der Deutsche Ethikrat, was die Organspende angeht, 2015 ein eindeutiges Urteil gefällt: Der Hirntod sei eine zulässige Voraussetzung für eine postmortale Organspende. Denn ein hirntoter Mensch sei nicht mehr in der Lage, Dinge wahrzunehmen und zu empfinden.

Der klinische Tod nach einem Hirntod sei zudem nur eine Frage der Zeit, heißt es auf der BZgA-Webseite. Wegen der fehlenden Durchblutung wird das Gehirn nach und nach zersetzt, bis es sich verflüssigt und auch das Herz-Kreislaufsystem versagt.

Muss ich mich untersuchen lassen, wenn ich Organspender sein möchte?

Nein. "Es ist nicht notwendig, sich vor dem Ausfüllen eines Organspendeausweises medizinisch untersuchen zu lassen", erklärt BzgA-Sprecherin Marita Völker-Albert. Im Fall der Fälle beurteilten die Ärztinnen und Ärzte, ob sich die Organe für eine Transplantation eignen.

Allerdings kann und sollte im Organspendeausweis eingetragen werden, wenn der potenzielle Spender schon einmal einen Tumor hatte oder eine schlimme Infektion, wie etwa eine Tuberkulose. Je nach Organ könnte das wichtig sein, notiert wird es im Feld "Platz für Anmerkungen/Besondere Hinweise".

Das betrifft ja alles die Post-Mortem-Spende. Kann ich denn auch zu Lebzeiten spenden?

Mögliche Lebendspenden sind hier hauptsächlich eine Niere oder Teile der Leber. "Sehr selten kann auch ein Teil der Lunge übertragen werden sowie Teile des Dünndarms und der Bauchspeicheldrüse", so BZgA-Sprecherin Völker-Albert.

An Gewebe kann außerdem der Fermurkopf nach einer Hüftgelenks-Operation transplantiert werden sowie das sogenannte Amnion, die Eihaut der Fruchtblase, die nach einer Geburt weiterverwendet werden kann.

Wer organisiert die Organspenden?

In Deutschland macht das die Deutsche Stiftung Organtransplantation in Zusammenarbeit mit Eurotransplant. Eurotransplant verwaltet für acht Staaten Wartelisten und überprüft, welche Organe zu welchem Empfänger passen.

Nach den Skandalen im Jahr 2012 - in einigen Kliniken sollen Krankenakten gefälscht worden sein, um schneller an Spenderorgane zu kommen - wurden die gesetzlichen Regeln und Kontrollen verschärft.

Dennoch bleiben viele Menschen bei dem Thema skeptisch. Einer der Hauptgründe, gegen eine Organspende zu sein, ist laut der schon oben genannten BzgA-Umfrage immer noch: Angst vor Missbrauch und mangelndes Vertrauen wegen negativer Berichterstattung.

Gibt es eine Altersgrenze für die post-mortale Organspende?

Nein - mit zwei Ausnahmen: Bei Hautspenden darf der Spender höchstens 75 Jahre alt sein, bei Sehnenspenden höchstens 65.

Verwendete Quellen:

  • Schriftliche Antworten auf Fragen an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) aus der Pressestelle von Marita Völker-Albert
  • Info-Blatt zur BzgA-Studie "Wissen, Einstellung und Verhalten der Allgemeinbevölkerung (14 bis 75 Jahre) zur Organ- und Gewebespende"
  • Pressemitteilung der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) vom 11. Januar 2019
  • Collaborative Transplant Study (CTS) der Universität Heidelberg
  • Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA),www.organspende-info.de: Spender
  • Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA),www.organspende-info.de: Empfänger
  • Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA),www.organspende-info.de: Transplantierbare Gewebe
  • Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA),www.organspende-info.de: Hirntod
  • Webseite der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO): Gesetzliche Grundlagen
  • Webseite der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO): Eurotransplant
  • Zeit online: Zahl der Organspender ist gestiegen
  • Süddeutsche.de: Herz tot oder Hirn?
  • Tagesschau.de: Organspende – das System und seine Tücken
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