Hollywood-Star Gwyneth Paltrow plaudert in einem Podcast über ihr Essverhalten - und gerät mächtig in die Kritik. Beschönigt sie etwa Essstörungen? Wir haben einen Ernährungsexperten befragt.
Wo endet Wellness und wo beginnt ungesundes Essverhalten? Und wovon benötigt der Körper eigentlich eine Entgiftung, wenn ihm doch kaum etwas zugeführt wird? Fragen dieser Art wurden zuletzt intensiv in den Kommentarspalten verschiedener Social-Media-Kanäle diskutiert. Hintergrund der Diskussionen sind die Aussagen, die Hollywood-Star
Worum geht es? Gwyneth Paltrow war im Podcast "The Art of Being Well" mit Dr. Will Cole zu Gast. Die Oscar-Gewinnerin und der Podcast-Host sitzen sich während der Aufnahme gegenüber, vor ihnen stehen Mikrofone. So weit, so Podcast-typisch. Wäre da nicht die Infusion, die während der Aufnahme in Gwyneth Paltrows Hand steckt, wie in drei veröffentlichten Mini-Clips der Produktionsfirma "Dear Media" zu sehen ist.
Denn wie die 50-Jährige lachend erklärt, liebe sie intravenöse Therapien. Bedeutet: Bestimmte Vitamine und Nährstoffe werden der Unternehmerin intravenös zugeführt. Sogar eine Lieblingsinfusion habe sie, führt sie weiter aus: Phosphatidylcholin, ein Mittel, das den Stoffwechsel anregen soll.
"Knochenbrühe ist keine Mahlzeit" – Kritik in den sozialen Medien für Aussagen Paltrows
"Es ist wirklich wichtig für mich, meine Entgiftung zu unterstützen", betont Paltrow. Begriffe wie "Detox", "Wellness-Routine" und "Therapie" fallen in dem mehr als einstündigen Gespräch immer wieder. Die Worte "Diät", "Gewicht" oder "abnehmen" hingegen nicht. Auch nicht, als Gwyneth Paltrow einen Einblick in ihren Ernährungsplan gibt. Weil sie den Regeln des Intervallfastens folgt, esse sie morgens nichts, erklärt sie. Im Klartext bedeutet das: Kein Frühstück vor zwölf und frühes Abendessen.
"Normalerweise esse ich etwas gegen zwölf Uhr und morgens gibt es etwas, das meinen Blutzucker nicht in die Höhe treibt, also trinke ich Kaffee", beschreibt sie ihre "Wellness-Therapie". Ihre erste richtige Mahlzeit am Tag: Brühe. "Mittags esse ich sehr gerne Suppe, meistens Knochenbrühe. Dann versuche ich, mich etwa eine Stunde lang zu bewegen, gehe dann entweder spazieren oder mache Pilates oder meine Tracy-Anderson-Sitzungen", führt Paltrow weiter aus. Am Abend versuche sie dann, sich nach der Paleo-Methode zu ernähren – "also mit viel Gemüse", erklärt sie. Dreh- und Angelpunkt des Ganzen sei für sie der entgiftende Effekt.
Mehr als drei Millionen Mal wurde der Clip mit dem Titel "Gwyneth Paltrow teilt ihre Wellness-Routine" bei TikTok angesehen. Und auch wenn knapp 100.000 User den Beitrag bislang geliked haben, finden sich in den Kommentaren vermehrt kritische Reaktionen. "Knochenbrühe ist keine Mahlzeit" lautet eine der Reaktionen, der mehr als 38.000-mal von weiteren Nutzern geliked wurde.
Ein anderer Nutzer postet den in Anführungszeichen gesetzten Begriff "Wellness" und macht die Kritik an Paltrows Wortwahl deutlich, während sich die meisten Nutzerinnen und Nutzer wundern, wovon Paltrow ihren Körper entgiften wolle, wenn ihm keine Nährstoffe zugeführt werden. Und auch der Vorwurf, die Unternehmerin beschönige Essstörungen, kommt auf, wie etwa die Autorin und Journalistin Annika Brockschmidt bei Twitter schrieb.
Ernährungsexperte: Kein wissenschaftlicher Beleg für Infusionen
Auch unter dem Clip mit dem Titel "Gwyneth Paltrow liebt Infusionen" mehrt sich Kritik. "Es scheint, als würde sie sich durchgehend auf eine Darmspiegelung vorbereiten", kommentiert etwa eine Userin. Eine andere Nutzerin schreibt ironisch: "Ich Dummerchen, ich esse Lebensmittel und trinke Getränke". Was genau steckt aber hinter den Infusionen, ihrer vermeintlichen Wirkung und dem Ernährungsplan der ehemaligen Schauspielerin, die inzwischen mit ihrem Unternehmen "Goop" ein Beauty- und Wellness-Imperium geschaffen hat?
Für Ernährungsexperte Uwe Knop steht fest: "Was auch immer Gwyneth Paltrow sich injizieren lässt, wird mit Sicherheit nichts sein, wofür es auch nur einen einzigen wissenschaftlichen Beleg gibt." Vielmehr handele es sich nach seiner Einschätzung um "eine Marotte von Menschen, die viel Geld haben und bereit sind, es für viel Unsinn auszugeben. Sie kaufen sich damit ein gutes Gefühl und haben zudem eine 'unique story', also einzigartige Story, die in die Medienwelt getragen wird", ordnet Knop im Gespräch mit unserer Redaktion ein.
Sich ein gutes Gefühl kaufen – dafür steht auch seit Jahren Paltrows Unternehmen "Goop", ein Onlineshop, der vor allem das Gefühl des Wohlfühlens und Wellness vermitteln will und mit dem Paltrow vorurteilsgeprägte Begrifflichkeiten mit positiv besetzten Konnotationen zu Lifestyle-Produkten macht.
Es ist der sogenannte Detox-Effekt, also das Entgiften des Körpers, der für Gwyneth Paltrow in ihrer täglichen "Wellness-Routine", wie sie es nennt, eine wichtige Rolle spielt. Auf diesem erstrebten Ziel baue sowohl ihre Ernährung als auch das Zuführen von Infusionen auf. Dazu kommt viel Bewegung, der 30-minütige Besuch einer Infrarotsauna sowie das sogenannte "Dry Brushing", eine Methode, bei der die Haut im trockenen Zustand mit einer speziellen Körperbürste behandelt wird.
Ziel dieser Anwendung ist es, Massageelemente mit Peeling zu verbinden. Mit Blick auf die Beschreibung dieser Routine der Unternehmerin stört Ernährungsexperte Knop sich vor allem an dem Begriff "Detox". "'Detox' ist ein reiner Marketingbegriff, dahinter steckt reine Geldmacherei und spielt denen in die Karten, die sogenannte Detoxkuren verkaufen", betont er. "Entgiften kann nur der Körper selbst", nimmt er zudem Bezug auf die körpereigenen Funktionen von Leber, Niere und Darm.
Gwyneth Paltrow selbst hat in der vergangenen Woche in ihrer Instagram-Story Stellung zu der Kritik an ihrer "Wellness-Therapie" genommen. Ihr Ernährungsplan sei in Abstimmung mit ihrem behandelnden Arzt entstanden, bei dem sie aufgrund chronischer Erkrankungen und Long Covid seit nunmehr zwei Jahren in Behandlung sei. Für sie sei die Kur "sehr kraftvoll und sehr positiv" gewesen, erklärt die 50-Jährige.
Ihre Aussagen seien somit nicht als "Rat für andere gedacht", fasst sie zusammen. "Wenn irgendwem irgendetwas guttut, dann ist das eine Maßnahme, die man für sich persönlich als gut erachten kann", sagt Ernährungsexperte Knop. "Das bedeutet aber noch lange nicht, dass diese Maßnahme für andere gut ist, geschweige denn auf wissenschaftlichen Beweisen basiert", ordnet er abschließend ein.
Verwendete Quellen:
- Tiktok.com: Gwyneth Paltrow beschreibt ihren Ernährungsplan
- Twitter.com: Tweet von Annika Brockschmidt
- Tiktok.com: Video über Infusionen
- Twitter.com: Reaktion von Gwyneth Paltrow in ihrer Insta-Story bezüglich der Kritik zum Podcast.
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