Profi-Fußballer haben nicht gerade den Ruf, von Natur aus mit einer Intelligenz wie der von Einstein ausgestattet zu sein. Nun will eine neue Studie bewiesen haben: Es handelt sich nicht nur um ein Gerücht, denn zumindest Kopfbälle machen wohl tatsächlich dumm.
Forscher der University of Stirling in Schottland sind sich sicher: Kopfballspielen macht dumm! Und das nicht nur spürbar, sondern auch überraschend schnell. Für eine Studie haben die Wissenschaftler eine Ballmaschine aufgebaut und ließen Fußballspieler dann Ecken simulieren.
Vor und nach dem Training wurde die Gehirnfunktion der Sportler geprüft - mit fatalen Ergebnissen im Gedächtnistest: Die Leistung war bis zu 67 Prozent schlechter als vorher, was an den Kopfballeinheiten liegen soll. Das Team um Forscherin Magdalena Ietswaart stellte zwar fest, dass das Gehirn 24 Stunden nach den Tests wieder normal funktioniert, dennoch muss man sich fragen: Sind die Gedächtnisprobleme morgen tatsächlich vergessen und entstehen durch Kopfbälle nicht doch bleibende Schäden? Für eine Antwort muss man sich anschauen, welche Vorgänge bei einem Kopfball im Körper ablaufen können.
Was passiert bei einem Kopfball?
In der Bundesliga sind Flanken und Schüsse von mehr als 100 Stundenkilometern keine Seltenheit. Donnert das Leder mit dieser Geschwindigkeit gegen den Kopf eines Menschen, erfährt das Gehirn eine ruckartige Bewegung. Dabei werden die Axone, das sind die Faserverbindungen der einzelnen Nervenzellen, gestaucht, gedehnt und im schlimmsten Fall verletzt, wodurch die Zellmembran reißen kann.
Passiert dies, treten Kalziumionen in die Nervenzelle ein, die Energieversorgung bricht zusammen und die Zelle ist entweder kurzzeitig gestört oder sie stirbt ab. Soweit zur medizinischen Erklärung. Für das Befinden bedeutet dies - zumindest wenn viele Zellen geschädigt werden: Uns wird schwindelig oder übel, wir leiden unter Kopfschmerzen, Sehstörung oder auch Amnesie.
Studie aus Deutschland bestätigt schottische Ergebnisse
Passiert dies häufig, kann sich das durchaus auf die Strukturen und Funktionen des Gehirns auswirken, vermutet die Medizinerin Inga Koerte im Wissenschaftsmagazin "Spektrum der Wissenschaft". Koerte erforschte die Langzeitwirkungen bei Fußballern im Profi- und Amateursport und kommt zu dem Ergebnis: "Ein einziger Kopfball ist wahrscheinlich nicht gefährlich, aber es gibt Hinweise darauf, dass häufige Erschütterungen des Kopfes zu Mikroverletzungen des Gehirns führen können."
Zählt man bei Fußballprofis zusammen, wie oft sie bei Spielen und in den unzähligen Trainingseinheiten dem Ball die Stirn bieten, seien Langzeitschäden der Wissenschaftlerin zufolge nicht auszuschließen.
Bei Untersuchungen von 16 ehemaligen Profispielern, die heute im Durchschnitt 50 Jahre alt sind, zeigte sich: "Mit zunehmendem Alter hat bei Fußballern die graue Substanz in großen Arealen des Gehirns deutlich abgenommen – verglichen mit altersgleichen Sportlern von Nichtkontaktsportarten wie Schwimmen oder Tischtennis", führt die Ärztin aus.
Nicht immer macht ein Kopfball balla-balla
Aber war das Ergebnis auch bei Fußballspielern der unterschiedlichen Positionen gleich? Nein, wie die Forscherin erklärt: "Neben Feldspielern nahmen zwei Torhüter an der Studie teil. Letztere köpfen auf ihrer Position seltener als Feldspieler, und ihre Gehirne zeigten deutlich weniger stark ausgeprägte Veränderungen."
Auch wenn das Ergebnis eindeutig klingt, relativiert die Forscherin die Ergebnisse ihrer Untersuchung: "Bisher wissen wir viel zu wenig darüber, welche Faktoren einen Einfluss darauf haben, weshalb sich jemand vollständig erholt und ein anderer langfristig beeinträchtigt bleibt."
Koerte weißt auch darauf hin, dass es beim Fußball andere Situationen gibt, die vermutlich schlimmer für das Gehirn sein können als der Kopfball: Ein Zusammenprall mit dem Gegner beispielsweise. Generell glaubt die Forscherin aber, dass eine gute Nackenmuskulatur vor Schäden schützen kann.
Ob Fußballer durch das Kopfballspiel nun langfristig dumm werden oder nicht, eines erklärt die schottische Studie im Gegensatz zur deutschen auf jeden Fall: Wenn nach dem nächsten Match ein Fußballspieler beim Interview am Spielfeldrand seltsames Zeug faselt, hat er vielleicht einfach nur das ein oder andere Mal zu oft den Kopf hingehalten – am nächsten Tag würde er vermutlich was ganz anderes von sich geben.
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