Seit 2021 mischt Puma im Laufschuhmarkt mit und hat sich schnell beträchtliche Marktanteile erarbeitet. Wo steht die Marke 2030 und in welchen Bereichen muss Puma noch aufholen? Das haben wir CEO Arne Freundt gefragt.
Rund dreieinhalb Monate vor den Olympischen Spielen 2024 launchte Puma in Paris eine weltweite Markenkampagne. Die Botschaft, die die Marke mit der Raubkatze vermitteln möchte: "Our superpower is speed." – Unsere Superkraft ist Geschwindigkeit. Geschwindigkeit sei ein intrinsischer Wunsch, den man bei kleinen Kindern beobachten könne. Sie würden immer schneller laufen wollen, weil sie die Bewegung liebten. Und auch den Erwachsenen sei Geschwindigkeit ein Bedürfnis; sie sorge dafür, dass wir uns lebendig fühlen. Zwei Tage nach dem Event haben wir CEO Arne Freundt interviewt: Der 44-Jährige sprach über seine rasante Karriere, die Rückkehr von Puma ins Laufschuhgeschäft und den Aufholbedarf gegenüber anderen Marken.
Herr Freundt, die wichtigste Frage zuerst. Sind Sie ein Läufer?
Ja, ich laufe leidenschaftlich gerne. Das ist meine Sportart. Ich muss natürlich aufpassen, wenn ich mit RUNNER’S WORLD spreche, was Sie unter einem Läufer verstehen? Ich laufe 7 bis 10 Kilometer und das dreimal die Woche. Als ich das erste Mal beim Townhall Meeting von Puma gesagt habe, dass ich ein Läufer bin, wurde ich gleich von einem Kollegen eingeladen, mit ihm einen Ultra-Marathon zu machen. Das ist nicht ganz mein Level (lacht).
Wie bewerten Sie das Puma-Event in Paris, anlässlich des Launches Ihrer Markenkampagne?
Für mich war das Event ein voller Erfolg. Es ging darum, unsere Markenkampagne zu launchen, die erste in zehn Jahren und die bisher größte. Die ersten Zahlen, die wir sehen, sind extrem positiv, wir haben bereits eine enorme Reichweite damit. Das sind KPIs, die wir in diesem Maß noch nie erreicht haben in gerade einmal 48 Stunden. Ich hoffe auch, dass der Puma-Spirit auf dem Event bei Ihnen ankam. Wenn Sie sehen, wie bodenständig, freundlich, offen und cool unsere Athleten dort auftreten und miteinander agieren, dann erleben Sie, wie wir als Marke sind und wer wir sein wollen.
So habe ich das auch wahrgenommen. Ich war sehr beeindruckt, wie konzentriert ein Karsten Warholm und ein Mondo Duplantis sind, aber gleichzeitig eben auch sehr locker und entspannt.
Ja, sie sind sehr nahbar, sehr menschlich geblieben. Und das zeigt einfach ihren Charakter und steht für eine neue Generation von Athleten, die diese Bodenständigkeit haben.
Plötzlich Puma-Chef
Kommen wir auf Sie zu sprechen: Seit 01.01.2023 sind Sie offiziell CEO von Puma. Für viele Mitarbeitende und auch für die Öffentlichkeit kam der Abgang von Björn Gulden zu Adidas sehr überraschend. Er gilt als Ihr Mentor. Wie überraschend kam das für Sie, dass er ging und auch, dass Sie sein Nachfolger wurden?
Ich glaube, das sind zwei unterschiedliche Aspekte. Das Nachfolge-Thema war für mich keine Überraschung, weil sowohl er als auch der Aufsichtsrat mir immer signalisiert haben, dass ich derjenige sein soll, der zu dem Zeitpunkt X diesen Job übernehmen soll. Insofern war das nicht das Überraschende – dass der Schritt zu diesem Zeitpunkt und in der Art und Weise stattfand, das kam dann auch für mich schlussendlich überraschend. Aber mir war natürlich bewusst, wann Björn Guldens aktueller Vertrag ausläuft. Und natürlich konnte ich mich so gewissermaßen mental darauf einstellen, dass ich kurzfristig ran soll – sofern keine anderslautende Nachricht eintrifft.
Was hat Sie denn ganz persönlich dazu veranlasst, diesen Karriereweg einzuschlagen?
Wenn Sie meinen Lebenslauf anschauen, dann gab's ein paar Sachen, die mich immer fasziniert haben: Der Weg eines Sportlers hat mich mein Leben lang begleitet. Der Sport ist eine Erfüllung für mich und eine Sache, in der ich meine Ruhe finde. Das zweite ist die Faszination für Marken. Ich habe damals meine Diplomarbeit über Marketing aus einer neurowissenschaftlichen Sicht geschrieben: Wie entstehen eigentlich Marken? Was sind Marken und wieso unterscheiden sich auch die wertigen Marken von nicht so wertigen? Das hat mich immer fasziniert. Und dann hatte ich immer eine Leidenschaft für das Einzelhandelsgeschäft. Das war mein erster Job, auf der Fläche zu stehen, Kunden zu bedienen. Und schlussendlich hatte ich immer eine internationale Karriere. Und wenn du diese vier Elemente zusammennimmst, dann ist es der perfekte Job, bei Puma zu sein: ein Markenunternehmen, Sport, global, mit einer Retail-Komponente. Da kommt dann irgendwie alles zusammen, was meine Leidenschaft ist.
Viele Menschen streben mehr denn je nach Sinnhaftigkeit, in dem, was sie arbeiten. Worin sehen Sie Ihren Purpose als CEO von Puma?
Wir haben eine unglaubliche Kultur bei Puma. Dieses Umfeld, in dem wir bei Puma arbeiten, in der Art und Weise, wie divers wir sind, mit einer No-Ego-, okay, Little-Ego-Philosophie. Wie wir als Team arbeiten und als Team gewinnen. Das ist so eine wundervolle Kultur. Und wenn wir es schaffen, diese Kultur nicht nur zu den Konsumenten zu bringen, sondern in die ganze Gesellschaft zu tragen … Das ist, glaube ich, das größere Ziel, an dem wir arbeiten. Außerdem sind wir eins der wenigen Unternehmen, die kein Paygap haben, die also Frauen genau die gleichen Gehälter zahlen wie Männern. Denn es gibt überhaupt keinen Grund, wieso wir weiblichen Mitarbeitern weniger zahlen sollten als männlichen. Mit solchen Beiträgen stehen wir für eine modernere und auch hoffentlich bessere Gesellschaft.
Wettbewerbsfähige Schuhe, ausbaufähige Bekanntheit
Ihr Vorgänger hat Puma wieder zurück ins Roadrunning gebracht. Dieser Geschäftszweig lag brach. Inwiefern gehen Sie seinen Weg einfach weiter und an welchen Schrauben drehen Sie nun?
Genau richtig zusammengefasst: 2021 haben wir uns wieder fokussiert auf dieses wichtige Geschäftsfeld. Wie kannst du eine globale Sportmarke sein, wenn du nicht in der am weitesten verbreiteten Sportart zu den Besten gehörst? Das beginnt aus meiner Sicht mit einem starken Produkt. Da haben wir einen sehr guten Start mit Nitro, unserer Schaumstoff-Technologie gehabt und die sehr gut weiterentwickelt: Mit jeder Generation wurden wir besser. Wir zeigen, dass wir alles dran setzen, die besten Laufschuhe zu produzieren. Ich bin gerade gestern zum ersten Mal den Deviate Elite 3 gelaufen. Das ist next level! Unser Hauptfokus ist jetzt, dass wir auch die Konsumenten auf uns aufmerksam machen. Wenn man so lange weniger im Laufbereich präsent war, ist das auch einfach ein Thema von Kontinuität. Wir müssen im Laufbereich da sein, wo der Läufer ist: bei Rennen – sowohl bei professionellen Rennen als auch bei Hobbyläufen – und im Fachhandel. Auch unser Investment im Roadrunning ist inzwischen stark vergrößert. Mit Fiona O’Keeffe und Dakotah Lindwurm haben wir zwei Athletinnen, die Nummer eins und drei bei den US Olympic Team Trials im Marathon geworden sind.
Für uns ist vor allen Dingen Henrik Pfeiffer interessant, der seine persönliche Bestleistung um mehr als drei Minuten nach unten geschraubt hat, seit er bei Puma ist. Inwiefern sehen Sie Puma schon auf einem Niveau mit Wettbewerbern wie Adidas, Nike, Asics und Brooks? Und wo muss Ihr Unternehmen noch mal aufholen?
Wir testen unsere Produkte intensiv mit denen der Wettbewerber. Unsere Tests zeigen, wenn es um das Thema Energy Return oder Running Economy geht, dass wir uns mit den Besten messen können und zum Teil bessere Schuhe haben. Ich glaube wirklich, den größten Aufholbedarf haben wir darin, die Bekanntheit beim Kunden aufzubauen.
Von loyalen und illoyalen Kunden
Die Einschätzung teilt auch Ihr Innovations-Chef Romain Girard. Er sagt, Puma habe den reaktivsten Schaum, die beste Energierückgabe, ein sehr leichtes Produkt, und man müsse sich nicht verstecken. Es gehe eher um die Glaubwürdigkeit im Markt …
Wir sind erst seit drei Jahren wieder zurück. Und in den drei Jahren haben wir technologisch Quantensprünge gemacht. Jetzt geht es aber darum, die Bekanntheit aufzubauen. Das passiert nicht über Nacht. Die Glaubwürdigkeit muss über eine kontinuierliche Leistung erfolgen. Und was mich besonders freut, ist, dass wir im Fachhandel, bei den von Experten und von Inhaber geführten Läden schon überdurchschnittliche Marktanteile haben. Da bekommt der Läufer eine Fachberatung. Es gibt ein Kundensegment, das relativ illoyal gegenüber Marken ist. Dieser Kunde geht in den Laden, lässt sich beraten und kauft die beste Innovation. Hier gewinnen wir gerade. Und dann gibt es einen loyalen Kunden, der seit Jahren seine Marke läuft. Diesem Kunden konnten wir bis vor drei Jahren nichts anbieten.
Das kann dann wahrscheinlich noch zehn Jahre dauern, bis sie die loyalen Kunden erreichen …
Ja, man sieht es bei Newcomer-Marken, dass sie so acht Jahre brauchten, bis sie in diesem Feld angekommen sind. Wir sind nach drei Jahren wieder eine Top-10-Marke in Europa geworden und sind auch die am schnellsten wachsende Performance-Running-Marke in Europa. Wir haben immer gesagt: Der Erfolg im Laufen, das ist kein Sprint, das ist ein Marathon. Hier geht es nicht um einen Quick Win, sondern um eine kontinuierliche, starke Leistung über eine lange Strecke.
Gibt es denn messbare Ziele, die Sie sich bis 2028 gesetzt haben?
Unter den Performance-Laufmarken wollen wir die Nummer fünf werden. Ich glaube, das ist jetzt das richtige Etappenziel, bevor wir uns wieder neue, ambitioniertere Ziele setzen. Die Vision für 2030 ist, dass wir sehr große Fortschritte gemacht haben. Die Strahlkraft und die DNA der Marke noch tiefer beim Kunden zu verankern. Und ich glaube, in unseren Kernsportarten werden wir weiter angreifen: Im Fußball sind wir eine sehr starke Nummer drei, da sollten wir bis 2030 auch eine starke Nummer zwei geworden sein. Beim Basketball werden wir weiterhin unter den Top drei sein. Ich glaube auch, dass es uns 2030 in neuen Feldern geben wird. Mit den weiteren Erfolgen werden wir wieder in Kategorien reingehen, wo wir schon mal in der Vergangenheit waren. Und das ist natürlich auch die Beauty von unserer Marke: In allen Sportarten haben wir die Glaubwürdigkeit als Sportmarke aus unserer Vergangenheit. © Runner’s World
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