Eine steigende Zahl von Arbeitnehmern wird wegen psychischer Probleme krank geschrieben. Und das hat langfristige Folgen.
Burnout, Depression, Angststörungen und andere psychische Erkrankungen sind nach einer neuen Studie der Swiss Life die häufigste Ursache für Berufsunfähigkeit in Deutschland. Laut einer Analyse der Versicherung ist eine psychische Erkrankung bei weit über einem Drittel - 37 Prozent der Fälle - Ursache des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsleben.
Stress, Leistungsdruck und mangelnder Ausgleich
"Allein in den letzten zehn Jahren registrieren wir in diesem Segment eine Zunahme um 40 Prozent", sagte Amar Banerjee, Leiter der Versicherungsproduktion von Swiss Life Deutschland in Garching bei München. Damit einhergehen dürfte nach Einschätzung des Unternehmens die Zunahme von Stress, Leistungsdruck und mangelndem Ausgleich im Arbeitsleben.
Der Versicherer wertete die Daten seiner Kunden aus. Nach psychischen Erkrankungen folgen Krankheiten des Bewegungsapparats mit 24 Prozent vor Unfällen mit knapp 14 Prozent. Die Swiss Life hat nach eigenen Angaben bei Berufsunfähigkeitsversicherungen einen Marktanteil von über sieben Prozent auf dem deutschen Markt, absolute Zahlen nannte das Unternehmen nicht.
Frauen sind gefährdeter als Männer
Die Analyse deckt sich aber mit Zahlen der Rentenversicherung des Bundes in Berlin. Frauen sind offensichtlich sehr viel gefährdeter als Männer: Bei Frauen gehen laut der Swiss-Life-Studie 44 Prozent der Berufsunfähigkeiten auf eine psychische Erkrankung zurück, bei Männern sind es lediglich 28 Prozent. Außerdem werden Frauen häufiger bereits in jungen Jahren psychisch krank, bei Männern treten diese Diagnosen erst in der zweiten Lebenshälfte vermehrt auf.
Besonders deutlich wird der Trend im Langfristvergleich: Die gesetzliche Rentenversicherung des Bundes zahlte 1983 weniger als zehn Prozent der Erwerbsminderungsrenten wegen psychischer Störungen, 2017 war es bereits fast die Hälfte - 41 186 von 83 583 Fällen.
Psychische Erkrankungen werden besser erkannt
Auch die Rentenversicherung registriert in den vergangenen zehn Jahren eine besonders starke Zunahme psychischer Erkrankungen: 2018 wurden über 170 000 stationäre Rehabilitationen wegen psychischer Krankheiten bewilligt, über 50 000 mehr als zehn Jahre zuvor. Auch das entspricht einem Anstieg von 40 Prozent.
Die Fachleute der Rentenversicherung gehen aber nicht davon aus, dass die Bundesbürger heute häufiger psychisch krank werden als in früheren Jahrzehnten - sondern lediglich davon, dass Depressionen, Burnout und andere Leiden heute besser erkannt und damit häufiger diagnostiziert werden.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte von der Bundesregierung konkrete Schritte, um Beschäftigte besser zu schützen. Sie solle eine "Anti-Stress-Verordnung" auf den Weg bringen, erklärte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. "Die Betriebe brauchen eine Richtschnur für einen besseren Schutz der Arbeitnehmer vor psychischen Belastungen." © dpa
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