Heiß, heißer, Australian Open: Beim Tennisturnier in Melbourne soll in diesen Tagen die 40-Grad-Celsius-Marke geknackt werden, auf dem Tenniscourt werden sogar Temperaturen von bis zu 50 Grad erreicht. Professor Ingo Froböse vom "Zentrum für Gesundheit" an der Sporthochschule Köln erklärt, welche Auswirkungen extreme Hitze auf Sportler hat.

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Herr Froböse, was passiert im Körper eines Sportlers, der bei 40 bis 50 Grad Celsius Höchstleistung erbringen soll?

Ingo Froböse: Dazu muss man einige Prozesse verstehen. Grundsätzlich ist es so, dass der Körper bei Aktivität immer erst einmal auf "Betriebstemperatur" gebracht werden muss.

Er braucht also eine höhere Temperatur, damit die Gefäße sich öffnen und der Stoffwechsel läuft. Das hat jedoch seine Grenzen - gerade bei Hitze. Wenn Außentemperaturen sehr hoch sind und der Körper die selbst produzierte Wärme nicht nach außen abgeben kann, überhitzt das Innenleben des Körpers und die Leistung schwindet relativ schnell.

Wir gehen infolge von Studien davon aus, dass Sportler eine bessere Dauerleistung haben, wenn sie aus einem eisigen, abgekühlten Zustand kommen. Bei einem langen Tennis-Match, bei dem einige Sätze zu spielen sind, ist es eine extrem schwere Aufgabe, den Körper kühl zu halten.

Aber nur, wenn der Sportler innerlich kühl ist, wird er leistungsfähig bleiben.

Wie hält man bei einer so extremen Hitze den Körper kühl und leistungsfähig?

Die Spieler müssen unbedingt ihren körpereigenen Wasserspeicher voll halten. Das ist vor allem für die erste Stunde enorm wichtig. Ab der zweiten Stunde in der Hitze muss dann noch Salz hinzugeführt werden, damit das Wasser im Körper bleibt.

Das wird durch das Natrium gebunden. Und bei der dritten Phase kommen dann noch die Energie-Produkte dazu. Das läuft also wie ein Stufenplan ab. Erst Wasser, dann Wasser mit Mineralien und dann Wasser mit bestimmten Energiestoffen und Mineralien.

Wieso hält ein Sportler solche Hitze besser aus, als ein "Normalo"?

Sportler schwitzen anders und haben deutlich mehr Schweißdrüsen als Nicht-Sportler. Sie sind mehr auf das Schwitzen trainiert und schwitzen dünnflüssiger.

Deswegen stinken sie auch nicht so. Bei ihnen befindet sich ein deutlich geringerer Mineraliengehalt vor allem von Abfallprodukten im Schweiß. Sie schwitzen also auf eine gewisse Art sparsamer.

Wie bereitet man sich auf solche Extrem-Bedingungen vor?

Die Sportler reisen schon weit vorher an, um sich zu akklimatisieren, bestreiten vor dem großen Turnier bereits einige Matches. Das ist besonders wichtig, um den Körper an die Hitze zu gewöhnen.

Man braucht mindestens zwei Wochen, um solch hohe Temperaturen gut ertragen zu können. Das kennen wir alle selbst aus dem Urlaub. Die Sportler bereiten sich aber auch durch andere schweißtreibende Maßnahmen wie zum Beispiel regelmäßige Saunagänge vor, um die Temperaturregulation in den Griff zu bekommen.

Sie ist eine ganz wichtige Größe, um leistungsfähig zu sein. Derjenige, der besser schwitzen kann, gewinnt in der Regel auch ein solches Spiel, weil er sich gut akklimatisiert hat und dadurch seine Leistung eher abrufen kann.

Worauf müssen die Spieler bei einem Match achten, um ihrem Körper nicht zu schaden?

Damit man keinen Hitzeschlag bekommt, müssen Kopf und Nacken unbedingt bedeckt sein. Über diese Stellen geht viel Flüssigkeit aus dem Körper. Fast 50 Prozent schwitzen wir über den Kopf raus, weshalb man diesen kühl halten sollte.

In den Pausen müssen die Sportler zum Beispiel mit Eispacks oder kühlen Tüchern am Kopf und Schulter-Nacken-Bereich arbeiten. Die Zufuhr von kalter und kühlender Flüssigkeit ist bei einem solchen Spiel das A und O.

Die Sportler müssen pro Stunde bis zu zwei Liter trinken. Langsam, in kleinen Schlucken, weil der Körper das natürlich nicht so schnell verarbeiten kann.

Welche Gefahren lauern für die Sportler?

Erklärbar ist die Hitze wie innerliches Fieber. Damit stören wir die Proteinsynthese. Die Eiweiße verklumpen ab einer gewissen Temperatur, wenn wir überhitzen. Dagegen wehrt sich der Körper und die Leistungsfähigkeit schwindet nahezu komplett.

Wenn dieser Punkt erreicht ist, muss ein Match sofort abgebrochen werden, denn sonst droht ein Kollaps. Um es nicht so weit kommen zu lassen, ist Flüssigkeit wieder das A und O.

Die Disziplin in Sachen Trinkverhalten bei einem Match in so großer Hitze ist enorm wichtig, um den Körper nicht zu gefährden.

Wie sieht die Regeneration nach solch einem heißen Match aus? Kommt dann auch die berühmte "Eistonne" zum Einsatz?

Ja, die gibt es, um den Körper schnell abzukühlen und ihn in die Regenerationsphase zu bringen. Wir haben aber auch eine ganze Reihe an anderen kühlenden Varianten.

Bei den Australian Open gibt es zum Beispiel Kühlkammern, in denen man sitzt oder steht und die Körpertemperatur ganz schnell wieder herunterkühlt.

Man geht in die Kühlung, um nach einer intensiven Belastung schneller in die Regeneration zu kommen und so die Leistungsfähigkeit länger erhalten zu können.

Ist es denn in ihren Augen überhaupt verantwortbar, dass bei solchen Temperaturen Hochleistungssport betrieben wird?

Ich würde bei einer solchen Hitze niemanden zum Sport hinausschicken. Im Profisport gelten aber andere Gesetze - Stichwort "Kommerz".

Aus gesundheitlicher Sicht wäre es besser, bei diesen Temperaturen nicht zu spielen oder wenigstens Zeiten auszusuchen, in denen die Gefahr durch die Hitze nicht ganz so groß ist. Also am frühen Morgen oder später am Abend zu spielen. Lassen sich die vier bis sechs Stunden um die Mittagszeit nicht vermeiden, dann sollten die Plätze wenigstens ausreichend beschattet werden.

Aber an sich ist es unverantwortlich, junge Spieler bei so extremen Temperaturen ein Match bestreiten zu lassen. Man sieht ja auch, wie oft solche Spiele abgebrochen werden müssen, weil es einfach nicht mehr geht und der Körper an seine Grenzen kommt.

Prof. Dr. Ingo Froböse (*1957) ist Professor für Rehabilitation und Prävention im Sport an der Deutschen Sporthochschule Köln. Dort leitet er unter anderem das "Zentrum für Gesundheit". Er ist Sachverständiger des Bundestages in Fragen der Prävention, Mitglied der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. sowie wissenschaftlicher Berater zahlreicher Krankenkassen und Versicherungsträger.
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