Viele Lebensmittel enthalten Ersatzstoffe – zum Beispiel den Süßstoff Aspartam statt Zucker. Aber ist das eigentlich gesünder? Oder haben solche Ersatzstoffe womöglich ganz eigene Nebenwirkungen? Das gilt beispielsweise für Hefextrakt, das in vielen Fällen Glutamat ersetzt.

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Süßstoff statt Zucker, Hefeextrakt statt Glutamat: Viele Lebensmittel erhalten Ersatzstoffe, die vermeintlich gesünder sein sollen. Doch stimmt das eigentlich? Ist es besser, zu einer Soße mit Hefeextrakt zu greifen statt zu einer, die Glutamat enthält? Oder ist eine Cola mit Süßstoffen besser als eine, die Zucker enthält?

Hefeextrakt ist ein Geschmacksverstärker. "So etwas wird immer dort zugesetzt, wo der eigentliche Geschmack fehlt", sagt die studierte Oecotrophologin Maike Ehrlichmann, die mehrere Sachbücher geschrieben hat, in denen sie Tipps für eine gesunde Ernährung gibt. "Ein richtig gutes Gulasch schmeckt ohne Geschmacksverstärker", sagt sie.

Die Lebensmittelindustrie verwende Stoffe wie Hefeextrakt, um Zutaten zu sparen. Die Herstellung wird auf diese Weise günstiger. "Die Produkte schmecken dadurch würzig-süß, das gaukelt dem Körper vor, dass Protein wie zum Beispiel Fleisch enthalten ist, ohne dass es tatsächlich verwendet wurde", so Ehrlichmann.

Viele Verbraucher lehnen Glutamat ab

Ursprünglich wurde vor allem Glutamat als Geschmacksverstärker eingesetzt. Der Stoff bekam allerdings einen schlechten Ruf. Studien deuten beispielsweise darauf hin, dass es neurologische Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson befördern könnte, aber auch Übergewicht. "Viele Verbraucher wollten deshalb keine Produkte mehr kaufen, in denen Glutamat enthalten ist", sagt Ehrlichmann.

Deshalb sei die Lebensmittelindustrie dazu übergegangen, Glutamat durch Hefeextrakt zu ersetzen. "Das klingt erst einmal gut", sagt Ehrlichmann. "Mit Hefe verbinden die meisten Menschen ein natürliches Produkt."

In Wirklichkeit handele es sich bei Hefeextrakt aber um einen Extrakt aus der Hefe, der den natürliche Glutamatanteil der Hefe verstärke. "Wie stark, steht auf keinem Etikett", erklärt die Expertin. Durch das Glutamat komme die geschmacksverstärkende Wirkung überhaupt erst zustande.

Wer mit Glutamat Probleme hat, verträgt auch Hefeextrakt nicht

Auch die Ernährungswissenschaftlerin und Sachbuchautorin Dagmar von Cramm sagt: "Wer mit Glutamat Probleme hat, der wird auch Hefeextrakt nicht vertragen." Der einzige Vorteil sei, dass Hefeextrakt neben Glutaminsäure auch B-Vitamine und Mineralstoffe enthalte. Bioprodukte dürften kein Glutamat enthalten – wohl aber Hefeextrakt.

Ein solches Vorgehen der Lebensmittelindustrie werde als Clean Label oder Clean Labeling bezeichnet, sagt von Cramm. Zum Teil wird auf den Packungen beworben, dass die Produkte "ohne Geschmacksverstärker" oder "ohne geschmacksverstärkende Zusätze" hergestellt seien. Von Cramm sagt: "Es handelt sich dabei um die Tendenz, die Zutatenliste von Stoffen zu befreien, die beim Verbraucher schlecht ankommen und negativ besetzt sind."

Süßstoffen werden verschiedene Nebenwirkungen nachgesagt

Ein weiteres Beispiel betrifft Süßstoffe, mit denen Hersteller den Zuckergehalt senken oder Zucker in einem Lebensmittel komplett austauschen. "Beliebt sind hierbei vor allem die Stoffe Aspartam und Saccharin", sagt Maike Ehrlichmann.

Das Problem dabei ist, dass Studien immer wieder darauf hindeuten, dass Süßstoffe wie Aspartam nicht dazu führen, dass Menschen schlanker werden – auch wenn sie die Kalorien für Zucker einsparen.

"Es gibt verschiedene Mechanismen, die dafür verantwortlich sein können", sagt Ehrlichmann. Grundsätzlich gebe es Hinweise darauf, dass Aspartam den Appetit anrege. Das könnte dazu führen, dass Menschen, die Süßstoffe zu sich nehmen, schlicht mehr essen. "Andere Studien deuten darauf hin, dass der Verzehr von Süßstoffen auf den Energieverbrauch des Körpers wirkt", sagt die Ernährungsexpertin.

Für die Industrie sind Süßstoffe günstiger als Zucker

So vermuten Wissenschaftler, dass der Körper seine Temperatur und damit seinen Grundumsatz herunterreguliere. Das führt dazu, dass er weniger Energie verbraucht und folglich auch der Kalorienbedarf sinkt. Wer dann aber normal weiter isst, der läuft Gefahr, dass er zunimmt.

Außerdem seien Süßstoffe deutlich günstiger als Zucker – und damit auch die Herstellung der Produkte. "Ich kenne zum Beispiel kaum Gewürzgurken aus dem Supermarkt, in denen tatsächlich noch Zucker enthalten ist", sagt die Expertin. "In diesem Fall wird er aber nicht ersetzt, weil die Konsumenten keinen Zucker in ihren Gurken wollen, sondern weil Süßstoff schlicht günstiger ist."

Man kann sich den süßen Geschmack abgewöhnen

Ein weiteres Problem bei Süßstoffen sei, dass Menschen sich an den sehr süßen Geschmack gewöhnen. Süßstoffe sind deutlich intensiver als Zucker und sorgen damit dafür, dass auch die Lebensmittel deutlich süßer schmecken. "Letztlich ruiniert das unseren Appetit", sagt Ehrlichmann.

Wer den sehr süßen Geschmack gewohnt sei, der empfinde beispielsweise einen Apfel und auch andere Lebensmittel nicht mehr als süß. "Die Schwelle dessen, was wir als süß empfinden, verschiebt sich", sagt Ehrlichmann.

Das lasse sich aber wieder abtrainieren, indem man für einige Tage auf jegliche Lebensmittel mit zugesetztem Zucker und Süßstoffen verzichte, sagt die Expertin. Dazu zählt dann beispielsweise auch Fruchtjoghurt, dem bestimmte Zucker oder Süßstoffe zugesetzt seien. "Danach wird man wieder merken, wie süß ein Apfel eigentlich schmeckt."

Auf Fertigprodukte verzichten

Auch an anderen Stellen trickst die Lebensmittelindustrie, sagt Ehrlichmann. So können Emulgatoren beispielsweise Wasser mit anderen Substanzen verbinden. Dadurch lasse sich Fett durch günstigeres Wasser ersetzen. Bei einigen der Emulgatoren sind in Studien negative gesundheitliche Effekte auf das Immunsystem und die Darmflora beobachtet worden, die indirekt Übergewicht befördern könnten, sagt die Oecotrophologin.

Wer sich gesund ernähren möchte, der sollte also so wenig Fertigprodukte wie möglich essen. "Viele Menschen erzählen mir, dass sie gar keine Fertigprodukte essen", sagt die Ernährungswissenschaftlerin. "Für mich ist ein Fertigprodukt aber nicht nur eine Pizza, sondern auch ein Fruchtjoghurt aus dem Supermarkt oder eine Frischkäsezubereitung mit Paprika."

Gesunde Ernährung kann auch einfach sein

Viele Menschen hätten zunächst Sorge, dass das Kochen und die Ernährung durch den Verzicht auf Fertigprodukte sehr aufwendig würden. "Letztlich reicht es aber aus, wenn man einige einfache Basisgerichte beherrscht, die man variiert", sagt Ehrlichmann. "Ein Beispiel dafür sind Omeletts und Pfannkuchen." Sie lassen sich beispielsweise mit Zwiebeln, Paprika oder Lachs variieren. "Auch ein Butterbrot mit Käse und einem Apfel können zur gesunden Ernährung zählen."

Auch Dagmar von Cramm sagt: "Je weniger Zutaten in einem Produkt enthalten sind, desto besser." Ersatzstoffe seien vor allem in Fertigprodukten enthalten, darunter insbesondere in Instantprodukten. "Aber auch Fertigdesserts, Fertigsaucen und fertige Dips sowie Brotaufstriche enthalten oft solche Ersatzstoffe." Sie rät, es mit Journalisten Michael Pollan zu halten. Der sagte: "Essen Sie nie etwas, das Ihre Großmutter nicht als Essen erkannt hätte."

Weitere Infos zu Ersatz- und Zusatzstoffen in Lebensmitteln gibt es im Internet: http://food-detektiv.de. An dieser Datenbank zu Lebensmittelzusatzstoffen hat Maike Ehrlichmann mitgearbeitet.
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