• Derzeit sind die Corona-Neuinfektionen wieder auf einem höheren Niveau – die Rede ist von einer Corona-Sommerwelle.
  • Wem die Stiko die vierte Impfung empfiehlt.
  • Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um Auffrischimpfungen.

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Zweite Auffrischungsimpfung: Wem rät die Stiko derzeit zur vierten Impfung?

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt eine zweite Booster-Impfung bislang vier Personengruppen:

  • allen ab 70 Jahren
  • Menschen, die von einer Immunschwäche betroffen sind
  • Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen
  • Personal in medizinischen oder pflegerischen Einrichtungen

Gilt die Empfehlung, weil man gesundheitlich gefährdet ist, sollte man die vierte Impfung frühestens drei Monate nach der dritten bekommen. Bei medizinischem Personal sollten laut Stiko mindestens sechs Monate verstrichen sein.

Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC sowie die EU-Arzneimittelbehörde EMA riefen die Mitgliedsstaaten hingegen auf, zweite Booster schon ab 60 Jahren anzubieten. Stiko-Chef Thomas Mertens hatte daraufhin angekündigt, das Gremium werde sich "relativ bald" zu einer möglichen Erweiterung der bestehenden Empfehlung äußern. (Stand: 26. Juli 2022).

Jünger und dreifach geimpft: Braucht es einen zweiten Booster? Wie Karl Lauterbach die Lage einschätzt

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hingegen drängt immer wieder auf mehr Viertimpfungen und brachte diese zuletzt für alle gesunden Erwachsenen ins Spiel.

Wolle man den Sommer ohne Risiko einer Erkrankung genießen, würde er die zweite Auffrischimpfung – "in Absprache natürlich mit dem Hausarzt" – auch Jüngeren empfehlen, sagte Lauterbach dem "Spiegel". Mit der zweiten Booster-Impfung habe man "eine ganz andere Sicherheit". Er argumentiert mit einem für ein paar Monate deutlich verringertem Infektionsrisiko und deutlich geringerem Long-Covid-Risiko.

Was sagen Kritiker dieser Forderung?

Der Virologe Mertens sagte der "Welt am Sonntag", er kenne keine Daten, die den Ratschlag von Lauterbach rechtfertigten. "Ich halte es für schlecht, medizinische Empfehlungen unter dem Motto 'viel hilft viel' auszusprechen". Die EU-Behörden ECDC und EMA hielten fest, dass es derzeit keine klaren epidemiologischen Beweise gebe, die die Gabe zweiter Booster bei immungesunden Menschen unter 60 Jahren stützen – es sei denn, Patienten hätten gesundheitliche Schwachstellen.

Was sind die Argumente gegen Lauterbachs Rat?

Aus Sicht mehrerer Immunologen reichen für gesunde Erwachsene unter 60 die bisher von der Stiko empfohlenen drei Corona-Impfungen, um ein stabiles immunologisches Gedächtnis aufzubauen. Es biete in der Regel zumindest Schutz vor schwerer Erkrankung, Krankenhaus und Tod. Absoluten, langanhaltenden Schutz vor Infektion bringe jedoch auch Dosis vier für diese Gruppe nicht. Wer zum Beispiel vor dem Urlaub keine Ansteckung mehr riskieren wolle, solle sich etwa durch Maske, Abstand und Kontaktreduktion schützen, rät Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Auch Epidemiologe Hajo Zeeb geht von einem allenfalls geringen Vorteil der zweiten Booster-Impfung für unter 60-Jährige aus, insbesondere wenn Menschen auch noch zwischenzeitlich erkrankt waren.

Welche Rolle spielt der Impf-Zeitpunkt?

Der ist keineswegs nebensächlich. Schließlich wird für den Herbst nicht nur wieder eine Zunahme des Infektionsgeschehens erwartet – sondern auch Vakzine, die an Omikron angepasst sind. Es dürfte also noch mal eine größere Impfkampagne anstehen. Allerdings ist momentan ungewiss, mit welchen Mutationen das Virus bis dahin aufwartet und für wen dann erneute Impfempfehlungen ausgesprochen werden.

Was man aber schon sagen kann: Impfabstände von mehreren Monaten haben sich laut Stiko-Mitglied Christian Bogdan (Uniklinikum Erlangen) als vorteilhaft erwiesen für die Stärke der ausgelösten Immunantwort und für die daraus resultierende Schutzdauer. "Besonders wichtig ist, dass eine Booster-Impfung – also die dritte Impfung – in einem deutlichen Abstand zur zweiten Impfung stattfindet", im Idealfall nicht früher als sechs Monate danach. Dies gelte auch für einen möglichen zweiten Booster. Dieser Abstand gewährleiste eine Steigerung der Immunantwort. Impfe man jedoch in eine laufende Immunantwort hinein, sei der Effekt stark abgeschwächt.

Kann die vierte Dosis auch anderweitig kontraproduktiv sein?

Stiko-Mitglied Bogdan sagt, dass es zur Frage des möglichen Schadens von zusätzlichen, klinisch nicht angezeigten Impfungen bisher für die Covid-Impfstoffe keine umfassenden immunologischen Untersuchungen gebe. Manche Experten verweisen zwar darauf, dass etwa von wiederholten Impfungen etwa gegen Pocken oder Influenza keine negativen Effekte bekannt seien – ebenso wenig bei den Einzelfällen, in denen sich Menschen etliche Male gegen Covid-19 impfen ließen.

Jetzt bitte Klartext: Sollte ich mir den zweiten Booster holen?

Auch wenn es unbefriedigend ist: Zum jetzigen Zeitpunkt kann man diese Frage nicht pauschal beantworten. Es hängt auch davon ab, wie gut das Immunsystem des Einzelnen auf die ersten drei Impfungen reagiert hat. Der Immunologe Andreas Thiel von der Berliner Charité sagt, für "manche wenige" Menschen unter 60 könnte die vierte Impfung essenziell sein – allerdings könne man die nicht einfach erkennen. Für die meisten in dieser Altersgruppe sei eine vierte Dosis dagegen nicht wirklich essenziell. "Jeder muss diese Frage für sich selbst beantworten."

Allerdings kann der eigene Hausarzt bei der Entscheidung helfen. Gesetzlich zuständig für Impfempfehlungen ist die Stiko, auch viele Ärzte richten sich nach ihren Ratschlägen. Allerdings dürfen Mediziner auch ohne Stiko-Empfehlung einen zweiten Booster spritzen.

Kann ich herausfinden, wie gut mein Impfschutz derzeit ist, um daraus meine Entscheidung abzuleiten?

Nein. "Man kann nicht in der Breite die Antikörperspiegel messen, um daraus die Entscheidung für eine weitere Impfung zu ziehen", sagt Tobias Welte. Am Ende hängt die individuelle Entscheidung auch daran, welches Infektionsrisiko man durch seinen Lebensstil hat – und wie viel Kontakt man im Alltag mit vulnerablen Menschen hat.

"Wenn die letzte Impfung sechs Monate her ist und jemand nun im Sommer auf Festivals oder Großveranstaltungen gehen will, ist eine weitere Impfung wahrscheinlich ratsam", sagt Christoph Spinner. "Wer von zu Hause aus arbeitet und außerhalb von Familie und Freunde wenig Kontakte hat, kann sicher noch etwas warten."

Stichwort Timing: Auch das kann bei der individuellen Entscheidungsfindung eine Rolle spielen. "Wenn wir die wirklich starke Fallzahlen-Steigerung erst im Herbst bekommen, haben die jetzt Geimpften nicht mehr den besten Schutz", sagt Welte.

Kann es von Nachteil sein, wenn ich mich noch einmal boostern lasse?

"Eine zweite Booster-Impfung ist auf keinen Fall ein Fehler, wenn die erste mindestens drei Monate zurückliegt", sagt Christoph Spinner. Allerdings: Wie groß der Nutzen ist, hängt vor allem davon ab, ob man einer Risikogruppe angehört und wie lange die letzte Impfung her ist.

Folgen die dritte und vierte Impfung zu schnell aufeinander, bringt das allerdings wenig Nutzen. "Darauf kann das Immunsystem aufgrund seiner begrenzten Kapazitäten gar nicht reagieren. Stimulieren Sie es weiter, kommt es zu keiner Reaktion mehr", erklärt Tobias Welte. Auch er rät dazu, einen Abstand von sechs Monaten zwischen dritter und vierter Impfung einzuhalten.

Und wenn ich mich nach der dritten Impfung bereits mit Omikron infiziert habe?

"Dann ist die Erkrankung quasi auch eine Art Booster", sagt Welte. Wie lange die dadurch gebildeten Antikörper jedoch schützen, ist unklar. Aus seiner Sicht kann man in diesem Fall mit der vierten Impfung möglicherweise auch länger als sechs Monate warten. Doch auch hier gilt: Es fehlen Daten, um handfeste Empfehlungen zu geben.

Wann wird es neue Omikron-Impfstoffe von Biontech geben?

Karl Lauterbach rechnet (Stand 17. Juni 2022) mit einer Lieferung im September. Man habe verschiedene Impfstoffe bestellt und rechne damit, jedem und jeder ein Impfangebot machen zu können, der oder die das wolle. Ende Juni gab Biontech bekannt, der neue Impfstoff wirke gegen Omikron – und auch gegen die Subtypen BA.4 und BA.5, wenn auch in niedrigerem Maße als gegen BA.1.

Lauterbach: Corona-Tests sollen nicht mehr für alle kostenlos sein

Gesundheitsminister Karl Lauterbach plant, den Zugang zu kostenlosen Corona-Tests deutlich einzuschränken. Dies sei Teil der "Corona-Herbststrategie" des Ministeriums.

Sind geboosterte Infizierte genauso ansteckend wie Ungeimpfte?

Nein. Das ergab zumindest eine Studie rund um die Schweizer Forschenden Isabella Eckerle und Benjamin Meyer von der Universität Genf. Im Rahmen der Studie, die sich auf den Omikron-Subtyp BA.1 bezieht, wurden 565 Corona-infizierten Menschen innerhalb der ersten fünf Tage nach Symptombeginn Abstriche von der Nasenschleimhaut genommen.

Die Untersuchung deckte also quasi den gesamten bisherigen Pandemie-Verlauf ab: Es wurden Infektionen mit der ursprünglich zirkulierenden Variante sowie mit der Delta- und der Omikron-Variante erfasst. Ein Teil der Teilnehmenden war ungeimpft, ein anderer Teil war zweifach geimpft oder geboostert. Fast alle Geimpften hatten einen RNA-Impfstoff bekommen.

Die Forschenden ermittelten dann den sogenannte Ct-Wert, der angibt, wie viel Erbgut des Virus in einer Probe vorhanden ist. Zudem bestimmten sie über Zellkultur-Versuche die Menge infektiöser Viruspartikel in einer Probe. Dies ist ein besserer Indikator für die Ansteckungsfähigkeit eines Erkrankten, wie die Untersuchungen der Forschenden bestätigten.

Wem empfiehlt die Stiko eine Auffrischimpfung (dritte Impfung)?

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt Menschen ab 18 Jahren eine Auffrischimpfung. Zum Einsatz kommen die mRNA-Vakzine Spikevax des Herstellers Moderna und Comirnaty von Biontech/Pfizer.

Beim Boostern sollte laut Stiko außerdem Folgendes berücksichtigt werden:

  • Der Booster erfolgt ausschließlich mit mRNA-Impfstoffen.
  • Menschen unter 30 empfiehlt die Stiko ausschließlich den Impfstoff von Biontech/Pfizer, älteren auch den Impfstoff von Moderna.
  • Wer den Impfstoff "Janssen" von Johnson & Johnson erhalten hat, sollte den Impfschutz mit einem mRNA-Impfstoff erhöhen.
  • Zur Reihenfolge der Impfung: Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen sollten bevorzugt geboostert werden.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Booster (dritte Impfung)?

Unabhängig des zuerst verwendeten Impfstoffes gilt: Die Grundimmunisierung sollte laut Stiko mindestens drei Monate zurückliegen. Bei Menschen ab fünf Jahren mit stark geschwächtem Immunsystem und bei denen eine deutlich verminderte Immunantwort zu erwarten ist, ist eine dritte Impfung als "Optimierung der primären Impfserie" bereits vier Wochen nach der zweiten Spritze möglich. Über eine weitere Booster-Impfung soll laut Stiko individuell entschieden werden.

Mit welchem Impfstoff sollte man sich boostern lassen?

Wer bei der Grundimmunisierung einen mRNA-Impfstoff erhalten hat, sollte diesen nach Möglichkeit auch bei der Auffrischimpfung verabreicht bekommen, heißt es seitens der Stiko. Wenn dieser nicht verfügbar ist, könne auch das andere Vakzin verimpft werden.

Am 7. Dezember teilte die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) mit, dass sogenannte Kreuzimpfungen sowohl für die Grundimmunisierung als auch für das Boostern zu empfehlen seien, da sie einen besonders guten Impfschutz bieten können. Bei diesem sogenannten heterologen Impfschema kommen etwa ein vektorbasierter und ein mRNA-Impfstoff für die Grundimmunisierung zum Einsatz.

Was ist in der dritten Corona-Impfung?

Generell handelt es sich bei der Booster-Impfung um eine weitere Impfung eines zugelassenen mRNA-Vakzins. In Deutschland sind aktuell die Impfstoffe Comirnaty von Biontech/Pfizer und Spikevax von Moderna zugelassen. Während Comirnaty in der gleichen Dosis wie bei der Grundimmunisierung verabreicht wird, kommt bei Spikevax für den Booster nur die halbe Menge zum Einsatz.

Warum heißt es überhaupt Booster-Impfung?

Das englische Wort "booster" heißt auf Deutsch übersetzt "Verstärkung". Auch in der Medizin und speziell in der Immunologie spricht man von einem Booster oder dem Booster-Effekt. Eine Auffrischimpfung verstärkt und beschleunigt die Immunantwort des Körpers, die er bereits durch eine Grundimmunisierung erlangt hat.

Generell dienen Booster-Impfungen dazu, einen bereits bestehenden Impfschutz aufzufrischen. So soll auch die dritte Corona-Impfung den Schutz vor dem Virus (nochmal) erhöhen. Studien zeigen inzwischen, dass sich bei vollständig Geimpften, aber auch Genesenen die Anzahl der Antikörper gegen das Virus nach einigen Monaten reduziert – und besonders der Schutz vor asymptomatischen Verläufen und leichten Krankheitsverläufen abnimmt. Durch die dritte Injektion erhöht sich die Anzahl der Antikörper gegen das Virus wieder.

Verwendete Quellen:

  • Material der dpa
  • Bundespressekonferenz am 17. Juni 2022
  • Robert-Koch-Institut: Aktuelle Daten und Informationen zu Infektionskrankheiten und Public Health
    Epidemiologisches Bulletin (4. April)
  • European Medicine Agency: EMA and ECDC recommendations on heterologous vaccination courses against COVID-19
  • Zoe Covid Study: Protection provided by COVID vaccines fades over time
  • Ema.europa.eu: Comirnaty and Spikevax: EMA recommendations on extra doses and boosters
  • Medrxiv.org: Protection Across Age Groups of BNT162b2 Vaccine Booster against Covid-19
  • Who.int: Interim statement on booster doses for COVID-19 vaccination
  • Ndr.Info: Coronavirus-Update
  • eigene Recherchen

Corona-Update: Experten gehen von hoher Dunkelziffer bei Inzidenzen aus

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz am Freitagmorgen mit 427,8 angegeben. Am Vortag hatte der Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche bei 480,0 gelegen. Experten glauben an eine höhere Dunkelziffer.


Dieser Artikel wurde am 27.07.22 aktualisiert.

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