• Während in Europa die Impfquoten um die 50 Prozent liegen, sind in vielen Ländern auf dem afrikanischen Kontinent weniger als 10 Prozent der Menschen gegen Corona geimpft.
  • Die Skepsis ist immens, zahlreiche Gerüchte und Fehlinformationen kursieren.
  • Das könnte Folgen für die ganze Welt haben.

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Die 40-jährige Cherry Muhima Noira ist sich sicher: Gegen das Coronavirus wird sie sich nicht impfen lassen. "Die Pharmakonzerne sind für ihre leeren Versprechen bekannt. Selbst Geimpfte können Corona bekommen. Was nützt das also?", fragt die Künstlerin, die in der östlichen Stadt Goma der Demokratischen Republik Kongo lebt.

So wie Noira denken viele der knapp 90 Millionen Kongolesen. "Die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, ist gering", sagt Dr. Jean-Jacques Muyembe-Tamfum, der Generaldirektor des Nationalen Instituts für Biomedizinische Forschung (INRB).

Es kursierten zahlreiche Gerüchte über die Impfstoffe, sagt er. Die Menschen glauben, die Impfung führe zum Tod, sie verursachte genetische Veränderungen, die Risiken seien größer als der Gesundheitsnutzen.

In vielen afrikanischen Ländern ist die Skepsis groß

Auch hierzulande hat der Andrang bei Impfstationen nachgelassen, doch insgesamt ist die Impfbereitschaft groß und es gibt Initiativen, um Impfmuffel zum Umdenken zu bewegen. Doch der Erfolg eines einzelnen Landes zählt in einer Pandemie nur teilweise. Man müsse weltweit eine ausreichende Durchimpfung erreichen, um den Ausbruch zu beenden, sagen Gesundheitsexperten.

In Afrika, einem Kontinent mit rund 1,3 Milliarden Menschen und rasantem Bevölkerungswachstum, sind dagegen viele strikt gegen das Impfen und die Impfquote bleibt niedrig.

Bei einer Umfrage der Gesundheitsorganisation der Afrikanischen Union (Africa CDC) in 15 afrikanischen Ländern im Februar sagten durchschnittlich 20 Prozent der Befragten, sie werden die Spritze verweigern. Das könnte weltweit schwerwiegende Folgen haben, warnt der Mediziner Gilson Paluku, der auch Beauftragter für Routineimpfungen und Einführung neuer Impfstoffe der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Afrika ist.

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Impfen oder nicht impfen: Eine individuelle Entscheidung mit globalen Konsequenzen

Solange die Nachfrage nach Impfungen nicht steige, werde sich das Virus weiter ausbreiten und zu vielen neuen Varianten mutieren, sagt Paluku.

"Das Risiko besteht, dass die auf dem Markt befindlichen Impfstoffe nicht gegen die neuen Varianten wirken. Das könnte alle Fortschritte beeinträchtigen, die wir bereits weltweit erzielt haben", fügt er hinzu.

Je häufiger sich Menschen anstecken, je häufiger das Virus übertragen wird, desto häufiger ist auch das Risiko einer Mutation. Sich impfen zu lassen sei eine individuelle Entscheidung mit globalen Konsequenzen, so Paluku.

In Deutschland und Österreich sind inzwischen mehr als 54 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, in der Schweiz sind es mehr als 49 Prozent. Im Kongo, wo laut der Africa CDC Studie satte 38 Prozent der Bevölkerung die Impfung verweigern, sind es weniger als 0,1 Prozent. In den meisten afrikanischen Ländern ist der Anteil der vollständig Geimpften ebenfalls im einstelligen Bereich.

Fehlinformationen lösen Ängste aus

Im westafrikanischen Nigeria, dem bevölkerungsreichsten Land des Kontinents mit mehr als 200 Millionen Einwohnern, bezeugen 23 Prozent der Menschen Impfskepsis.

In der Wirtschaftsmetropole Lagos erzählt die 26-jährige Maureen Nneke von ihrer Angst, der Impfstoff könne unfruchtbar machen. Sie habe außerdem gehört, die Impfung wirke wie ein Peilsender, mit dem man Menschen verfolgen könne. "Ich will kein Versuchskaninchen sein", sagt Nneke entschieden.

"Es zirkulieren so viel Fehlinformationen, die Panik auslösen. Wir wissen gar nicht, wie wir dagegen ankämpfen sollen", erklärt Dr. Reuben Ndiaya, der Vorsitzende eines Ärzteverbandes in der Hauptstadt Abuja.

Gefahr von SARS-CoV-2 wird unterschätzt - gleichzeitig müssen Tausende Impfdosen vernichtet werden

Im benachbarten Niger und in Senegal glaubt nach Angaben der Africa CDC Studie mindestens die Hälfte der Bevölkerung, dass die Gesundheitsgefährdung durch SARS-CoV-2 als übertrieben dargestellt wird. Auch in Nigeria, Sudan, Burkina Faso und der Demokratischen Republik Kongo glaubt dies rund ein Drittel der Menschen. In acht der 15 befragten Länder weigert sich die Mehrheit der Bevölkerung, eine Maske zum Schutz gegen das Virus zu tragen.

Viele afrikanische Länder mussten lange auf die Lieferung der Vakzine warten - und dann wertvolle Dosen vernichten, weil nur wenige zur Impfung kamen. Der Kongo vernichte mehr als 300.000 Impfdosen, nachdem das Haltbarkeitsdatum überschritten war.

Auch Malawi musste 20.000 Dosen zerstören, während der Südsudan 59.000 abgelaufene Impfstoffe entsorgen und 72.000 weitere an die internationale Hilfsinitiative Covax zurückgeben musste. Anderen Ländern - einschließlich Liberia, Mauretanien, Nigeria und Sierra Leone - geht es ähnlich.

Todesrate auf dem Kontinent ist hoch

Dabei wäre eine hohe Durchimpfung besonders in Afrika wichtig, wo die Todesrate nach Angaben der Afrika CDC bei 2,6 Prozent liegt - verglichen mit 2,2 Prozent weltweit - und wo vielerorts Betten auf Intensivstationen und Sauerstoffgeräte fehlen.

Insgesamt wurden in Afrika mehr als 6,8 Millionen Infektionen dokumentiert, von denen mehr als 174 000 tödlich waren. Das Wettrennen, eine Durchimpfung von mindestens 60 Prozent bis Anfang 2022 zu erzielen, müsse gewonnen werden, sagt Africa CDC Direktor John Nkengasong. "Schnelles Impfen ist der einzige Weg, die Pandemie zu stoppen - für alle." (Kristin Palitza und Dido Kayembe, dpa/ank)

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