Erstmals ist im "Coronavirus-Update"-Podcast des NDR neben Professor Christian Drosten ein weiterer Gast zugeschaltet. Der Physiker Dirk Brockmann erklärt die Funktion und den Nutzen der am Dienstag vorgestellten "Corona-Datenspende-App" des Robert-Koch-Instituts. Diese soll wie ein Fieberthermometer für das ganze Land funktionieren.
Die 30. Ausgabe des "Coronavirus-Update"-Podcast des NDR sorgte am Mittwoch für eine Premiere. Denn erstmals war neben dem Virologen Professor
Aus einem Büro in der Berliner Charité beantworteten die beiden Wissenschaftler Fragen, das große Thema war diesmal die "Corona-Datenspende-App" des Robert-Koch-Instituts, die am Mittwoch vorgestellt worden war.
Die App hatte in den sozialen Netzwerken teilweise für kritische Stimmen gesorgt. Zum einen wegen genereller Datenschutzbedenken, die manche Menschen haben. Zum anderen hatten manche die Datenspende-App mit der geplanten Contact-Tracing-App verwechselt, die Menschen warnen soll, wenn sie Kontakt mit Infizierten hatten. Diese ist aber noch nicht verfügbar.
Coronavirus-App: 160.000 Teilnehmer am ersten Tag
Andere reagierten positiv auf die App, bereits am ersten Tag gab es Brockmann zufolge 160.000 Downloads, etwa zwei Prozent der geschätzt zehn Millionen Fitnessuhren-Besitzer spenden somit bereits ihre Daten.
Interessierte finden die App hier:
"Das ist eine sehr positive Überraschung, mit so vielen Menschen hatten wir nicht gerechnet", sagte er. Der Umgang der Wissenschaftler und des Instituts mit den erhobenen Daten sei "sehr, sehr verantwortungsvoll", niemand verdiene etwas mit der App, versicherte Brockmann und erläuterte die Idee der Datenspende.
"Generell ist das ganze Prinzip der Datenspende, dass Bürger und Wissenschaftler gemeinschaftlich zusammenarbeiten, um eine Situation zu verbessern", erklärte der Physiker. "Das ist ein Schritt, der erste dieser Größenordnung weltweit, der Hoffnung macht, dass man auch andere Projekte dieser Art durchführen kann, wie zum Beispiel das Contact Tracing."
Im Gegensatz zum Contact Tracing bekommen die Datenspender bei der RKI-App keine Rückmeldung von der App. Aber der gemessene Ruhepuls und der Schlafstatus können den Forschern Rückschlüsse darüber geben, ob es den Besitzern der Uhren in einem Postleitzahlengebiet gut geht, oder ob es eine Häufung von leichten Symptomen gibt.
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Ein Fieberthermometer für das ganze Land
"Die App kann nicht feststellen, ob man COVID-19 hat oder infiziert ist, sondern sie misst einfach Symptomatiken. Quasi ein Fieberthermometer für das ganze Land", erklärte Brockmann.
Wenn viele Menschen mitmachen würde, könnte eine Art Farbkarte für die einzelnen Postleitzahlenbereiche entstehen, an der man erkennen könnte, wo gerade Menschen Fieber bekommen und eventuell Infektions-Hotspots liegen könnten.
"Es ist nur eine ergänzende Technologie zu den gängigen Surveillance-Methoden. Ein Werkzeug im Werkzeugkasten. Aber ein sehr wertvolles Werkzeug", sagte Brockmann.
In der Vergangenheit hatte sich bereits gezeigt, dass mit den Daten von Fitnesstrackern der Ausbruch von Grippewellen sehr gut nachverfolgt werden konnte. "Es geht bei dieser Methode um das Ansteigen des normal gemessenen Ruhepuls", erklärte Drosten: "Wenn Fieber im Hintergrund ist, steigt der Ruhepuls an. Dann ist die Frage, ist es in diesem Postleitzahlenbereich mehr als eine Person?"
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RKI-App könnte Vorreiterrolle einnehmen
Da in der aktuellen Jahreszeit Fieber bei Erwachsenen normalerweise nicht vorkommt, könnten die gespendeten Daten wertvolle Hinweise zur Ausbreitung von SARS-CoV-2 und der Krankheit COVID-19 geben.
Anders wäre dies zum Beispiel an Weihnachten. Wenn Menschen viel herumliegen und sehr viel essen, steige der Ruhepuls auch ohne Fieber an, ergänzte Brockmann. Eine parallel verlaufende Grippewelle könnte die Ergebnisse ebenfalls beeinflussen. Dies ist im Moment aber nicht der Fall, weshalb mit guten Ergebnissen zu rechnen ist.
Mit den erhobenen Daten könnte die RKI-App beispielsweise auch die kommende Contact-Tracing-App und deren Feinjustierung unterstützen. "Ich hoffe, dass diese Datenspende und das Nutzen von Fitnesstrackern vielleicht auch eine Gruppe von Vorreitern generiert, die schon ein bisschen weiter eingedacht sind in die Thematik und in ihrem Bekannten- und Verwandtenkreis Multiplikatoreffekte haben werden, wenn dann die Contact-Tracing-App verfügbar ist", erläuterte Christian Drosten: "Und die dann sagen: Mach doch auch mit!"
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