Das Coronavirus beherrscht weltweit die Nachrichten, es gibt kaum einen Lebensbereich, den die Krankheit nicht berührt. Viele Menschen haben angesichts der Pandemie Angst. Doch dagegen kann man etwas tun.

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Für manche ist es nur ein mulmiges Gefühl, für manche mehr. Die dramatische Lage rund um das Coronavirus macht vielen Menschen Angst - gerade deshalb, weil vieles noch unklar und alles in Bewegung ist, wie Sabine Köhler im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erklärt.

"Wir Menschen sind es aber gewohnt, mit einer gewissen Sicherheit zu agieren", sagt die Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Nervenärzte (BVDN). "Und über Versicherungen sind sogar Eventualitäten abgesichert."

Doch in der aktuellen Lage verschwinden viele dieser Sicherheiten plötzlich - Reisen finden nicht statt, Schulen schließen, Veranstaltungen werden abgesagt. Wie umgehen mit dieser Unsicherheit?

Corona-Horrornachrichten nicht ignorieren

Die Horrornachrichten einfach ignorieren? Davon rät Köhler ab - auch, weil es schlicht nicht geht. "Es ist aktuell kaum möglich, sich der Flut an Katastrophenmeldungen zu entziehen", sagt sie. "Das ist natürlich sinnvoll, man muss sich ja auch informieren."

Gleichzeitig kann die Flut der Bilder - abgeriegelte Innenstädte in Italien, leere Supermarktregale auch in Deutschland - erst recht Angst verursachen. "Manche sind dafür anfällig, andere nicht", sagt Köhler.

"Ja, man sollte sich informieren", sagt auch der Psychologe Michael Thiel unserer Redaktion. "Aber nur aus seriösen Quellen, wie dem Robert-Koch-Institut, und nur ein, zweimal am Tag", empfiehlt er. Dort finde man gesicherte Erkenntnisse und klare Empfehlungen, auf die man sich verlassen könne - und das gebe dann auch wieder Sicherheit

Ebenso rät Thiel zu einem Realitäts- und Faktencheck: "Gehöre ich zu einer besonders gefährdeten Risikogruppe? Hatte ich Kontakt zu Menschen, die aus einem Risikogebiet gekommen sind? Wenn man sich unsicher ist, notfalls telefonisch beim Hausarzt nachfragen." Oft helfe es schon, sich einen besseren Überblick über die Lage zu verschaffen und die Bilderflut nicht nur passiv zu konsumieren.

Kein Horrorszenario in Deutschland

Zudem würden sich viele Menschen auch vor dem Falschen fürchten, meint Professor Gerd Gigerenzer, Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz. "Wir haben im Moment Angst, durch das neue Virus zu sterben. Aber: Wir haben zugleich kaum Angst, durch die Dinge zu sterben, die - im Moment - wahrscheinlicher sind, dass sie uns umbringen. Zum Beispiel die normale Grippe", sagte der Psychologe dem ZDF. Ebenso seien Autofahren, Motorradfahren oder Zigarettenrauchen deutlich gefährlicher für den einzelnen als das Coronavirus.

Der Virologe Alexander Kekulé vom Universitätsklinikum Halle sieht das ähnlich. Zwar werden derzeit auch von seriösen Medien extreme Zahlen über mögliche künftige Corona-Toten verbreitet, die ein "absolutes Horrorszenario" und "Armageddon" seien, wie Kekulé am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin" bemerkte. "Aber es ist extrem unwahrscheinlich, dass dieses theoretische Szenario eintritt", betonte der Fachmann. Denn es werde "früher oder später" einen Impfstoff geben und bereits jetzt wurden zahlreiche Gegenmaßnahmen beschlossen.

Was tun bei Existenzängsten?

Doch was, wenn es mehr als die vage Angst um die eigene Gesundheit oder die der Angehörigen ist? Hinzu kommen ja je nach Job und Lebenslage noch andere, gut begründete Ängste: Selbstständige oder Angestellte zum Beispiel, die ihr Geld mit Veranstaltungen verdienen. Oder berufstätige Eltern, die ohne Kita oder Schule keine Betreuung für ihre Kinder mehr haben. "Das ist dann keine Hysterie mehr", sagt die BVDN-Vorsitzende Köhler, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. "Das sind echte, existenzielle Sorgen."

Ganz ausräumen lassen die sich natürlich nicht - aber vielleicht besser bewältigen. "Angst darf nicht lähmen, gerade in diesem Fall", sagt Köhler.

Sie rät zur Eigeninitiative. "Eltern können sich vielleicht vernetzen, um Kinder abwechselnd zu betreuen, Berufstätige können sich mit anderen Betroffenen zusammenschließen und sich informieren." Wichtig sei, auch in der Krise handlungsfähig zu bleiben. "Wir dürfen bei aller Vorsicht das soziale Zusammenleben nicht komplett aufgeben - das fördert dann Ängste nur."

Es gibt mehr im Leben als das Coronavirus

Nicht zuletzt erinnert Psychologe Thiel daran: "Trotz aller Gefahr gibt es mehr im Leben als das Coronavirus."

Forschungen hätten ihm zufolge deutlich gezeigt, "je gestresster, je belasteter ich bin, umso weniger ist mein Immunsystem abwehrbereit".

Trotz der realistischen Sorgen sollte man also für Erholung sorgen. Laut Thiel helfe schon mit anderen Menschen zu lachen, ausreichend zu schlafen, sich zu bewegen und sich einfach mal wohlzufühlen. Er sagt: "Verbannen Sie die Grübelei über das Virus auf die Zeitpunkte am Tag, in denen Sie sich sowieso informieren." (dpa/mf)

Tipp: Am Sonntag, 15. März, ab 9:00 Uhr sprechen die beiden Psychologen Michael Thiel und Annika Lohstroh in ihrem Podcast „Psychologen beim Frühstück“ ausführlich über das Thema "Angst in Zeiten von Corona".

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