Als erste deutsche Stadt will Jena seine Bürger ab kommender Woche zum Tragen eines Mundschutzes verpflichten. Warum geht die Thüringer Universitätsstadt voran? Und hilft eine Schutzmaske gegen das Coronavirus?

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Schon bei den Ausgangsbeschränkungen war Jena vorgeprescht. Im Kampf gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus beschloss die Thüringer Universitätsstadt bereits am 20. März ein umfassendes Betretungsverbot für öffentliche Orte. Bund und Länder folgten erst Tage später.

Nun geht Jena ein weiteres Mal voran: Die Großstadt plant eine Maskenpflicht. "In einer Woche soll das Tragen eines Mund-und-Nasen-Schutzes in Jenaer Verkaufsstellen, dem öffentlichen Nahverkehr und Gebäuden mit Publikumsverkehr verpflichtend werden", heißt es in einer am Montag veröffentlichten Mitteilung. Die Maßnahme wurde demnach vom örtlichen Fachdienst Gesundheit angemahnt. Ziel sei es, die Sicherheit des Personals im öffentlichen Leben zu erhöhen.

Jena folgt damit dem Beispiel Österreichs. Die Regierung von Sebastian Kurz hatte ebenfalls am Montag unter anderem eine Mundschutz-Pflicht für Einkäufe in Supermärkten angekündigt. Warum hat sich Jena zu dem Schritt entschlossen? Und was sagen Gesundheitsexperten zu dem Vorgehen – hilft eine Schutzmaske tatsächlich?

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Coronakrise: "Wir sind nun die, die Prügel abbekommen"

Jena hat die Methoden anderer Länder, die zur Eindämmung des Coronavirus beigetragen haben, genau analysiert, sagt Kristian Philler, Pressesprecher der Stadt im Gespräch mit unserer Redaktion. Insbesondere habe man sich Hongkong und Südkorea angeschaut, neben Quarantäne- eben auch die dortigen Mundschutzmaßnahmen.

"Die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes wird nur innen nicht außen bestehen", erklärt Philler. In 14 Tagen soll ihm zufolge die Pflicht von öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln auf generell alle Arbeitsplätze ausgeweitet werden.

"Wir gehen davon aus, dass sich viele Städte unserem Weg anschließen werden", glaubt Philler. "Wir als erste sind aber die, die dafür Prügel abbekommen." Zumindest einen Nachahmer gibt es schon: Seit Dienstag müssen Besucher für Termine im Landratsamt im gut 15 Kilometer entfernten Apolda ebenfalls Mundschutz tragen, auch das hessische Hanau beobachte laut Philler die Entwicklung.

Akt der Solidarität: Masken für andere nähen

Ein Problem bleibt aber die Beschaffung von genügend Schutzmasken. Die Stadt habe eine Grundausstattung, mit der Pflegekräfte, Ärzte oder Bus- und Tramfahrer versorgt werden können. Aber angesichts der weltweit starken Nachfrage ist es fraglich, ob kurzfristig ein Mundschutz für alle Bürger beschafft werden kann.

"Wir rufen deshalb offensiv zum Selbstnähen auf", erklärt Philler. Vielfach hätten sich schon Menschen bereit erklärt, für andere mitzunähen. "Das ist ein Akt der Solidarität – wir sind das im Osten gewöhnt."

Der Stadtsprecher betont zudem, dass nicht zwangsläufig eine Schutzmaske getragen werden muss, "auch ein Schal oder Tuch über Mund und Nase reicht". Es gehe vor allem darum, so gut es geht die Infektion durch Tröpfchen zu verhindern.

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Coronakrise: "Niemand sollte mehr ohne Mund- und Nasenschutz unterwegs sein"

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus keinen Nutzen im allgemeinen Mundschutztragen. Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass damit etwas gewonnen wäre, sagte der WHO-Nothilfedirektor Michael Ryan am Montag in Genf. Vielmehr gebe es zusätzliche Risiken, wenn Menschen die Masken falsch abnehmen und sich dabei womöglich infizieren.

Der Infektiologe Johannes Bogner sieht das anders. "Es sollte eigentlich niemand mehr ohne Mund- und Nasenschutz unterwegs sein", betonte der Leiter der Sektion Klinische Infektiologie des Klinikums der Universität München im Interview mit unserer Redaktion.

Mehr noch: Bogner bezeichnete es als "gefährliche Fake News", dass ein Mund-Nasen-Schutz nichts nütze. "Es ist doch logisch, dass ein Schutz vor Mund und Nase dagegen hilft, dass man das Virus einatmet. Selbst ein einfacher Papier- oder Textilschutz ist besser als nichts", sagte der Mediziner.

Mit Blick auf die Maßnahmen in Jena erklärte der Präsident des Robert-Koch-Insituts, Lothar H. Wieler, am Dienstag auf einer Pressekonferenz, dass ein Mund-Nasen-Schutz insbesondere dem Schutz anderer vor einer Infektion dient, wenn man selbst erkrankt ist. "Das ist sinnvoll, das empfehlen wir weiter."

Mit Material der dpa
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