Etwa ein Fünftel der stationär behandelten COVID-19-Patienten in Deutschland ist einer Studie zufolge gestorben. Besonders hoch war der Anteil der Todesfälle bei Personen, die künstlich beatmet werden mussten. Von diesen Patienten überlebten weniger als die Hälfte.
Ein Fünftel der Corona-Patienten, die im Frühjahr in deutschen Kliniken aufgenommen wurden, hat nicht überlebt. Das geht aus einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (Wido), der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) und der Technischen Universität Berlin hervor.
Für die Studie nutzten die Forscher Daten von von rund 10.000 Patienten, von denen etwa 1.700 beatmet wurden. Unter letzteren war die Sterblichkeit mit 53 Prozent besonders hoch. Zum Vergleich: Von den Patienten, die nicht beatmet wurden, starben 16 Prozent.
Die Analyse, die im Fachblatt "The Lancet Respiratory Medicine" erschienen ist, liefert laut Mitteilung der Autoren vom Mittwoch erstmals bundesweite und bevölkerungsrepräsentative Ergebnisse zur Behandlung von COVID-19-Patienten in Deutschland.
Quelle waren Abrechnungsdaten der Krankenkasse AOK. Diese bildeten knapp ein Drittel der deutschen Bevölkerung ab, hieß es. Die untersuchten Daten betreffen Patienten, die zwischen 26. Februar und 19. April in 920 deutschen Krankenhäusern stationär aufgenommen wurden.
Corona: Zusammenhang zwischen dem Alter und der Sterblichkeit
Laut Analyse starben vor allem ältere künstlich beatmete Patienten an COVID-19. Bei den 70- bis 79-Jährigen waren es 63 Prozent, in der Altersgruppe ab 80 Jahren sogar 72 Prozent. Auch ohne künstliche Beatmung hing eine erhöhte Sterblichkeit mit dem Alter zusammen.
"Die hohen Sterblichkeitsraten machen deutlich, dass in den Kliniken relativ viele Patienten mit einem sehr schweren Krankheitsverlauf behandelt wurden. Diese schweren Verläufe betreffen eher ältere und gesundheitlich bereits beeinträchtigte Menschen, kommen aber auch bei jüngeren Patienten vor", so Wido-Geschäftsführer Jürgen Klauber.
Das Durchschnittsalter der stationär behandelten Patienten lag bei 68 Jahren. Männer wurden fast doppelt so oft künstlich beatmet wie Frauen, die Sterblichkeit lag jedoch auf einem ähnlichen Niveau. "Aus den Abrechnungsdaten heraus lässt sich dieser deutliche Unterschied nicht erklären, hier besteht weiterer Forschungsbedarf", erklärte Christian Karagiannidis von der Divi.
Patientenschützer sieht "dramatisches Bild"
Im Schnitt wurden COVID-19-Patienten 14 Tage lang im Krankenhaus behandelt. Beatmungspatienten blieben durchschnittlich 25 Tage in den Kliniken, während nicht beatmete Menschen 12 Tage lang behandelt wurden. 23 Prozent der betroffenen Patienten mussten sogar länger als 21 Tage beatmet werden.
Die Fakten zeigten ein "dramatisches Bild", erklärte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, zu den Zahlen. Nun sei klar, was in den Krankenhäusern passiert. "Jedoch ist immer noch nicht bekannt, wie sich die Krankheit in der Altenpflege auswirkt." Dort seien mehr als 4.500 Menschen gestorben. Dies müsse von der Bundesregierung schnell aufgearbeitet werden, "um auf die zweite Welle vorbereitet zu sein".
Derzeit sind laut dem Divi-Intensiv-Register noch 258 COVID-19-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung, davon wird knapp die Hälfte beatmet (Stand: 28. Juli). Insgesamt sind in dem Register mehr als 15.000 abgeschlossene COVID-19-Behandlungen erfasst, ein Viertel dieser Patienten starb. (dpa/afp/thp)
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