Kritik an Karl Lauterbach: Der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit hält Warnungen des SPD-Gesundheitsexperten vor einer Aufhebung der Maskenpflicht für überzogen und "hochgefährlich". Solche Äußerungen würden zu einer "Dauer-Aufgeregtheit" und damit zu einer "Corona-Müdigkeit" führen.

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Der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit hat die Warnung des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach vor einer Aufhebung der Maskenpflicht im Handel kritisiert. Masken hätten nur dort Sinn, wo Menschen auf engem Raum längere Zeit zusammen seien. "Wenn ich den Zugang so regele, dass entsprechend wenig Leute im Geschäft sind, die die Abstände dann einhalten, ist eine Maske auch nicht sinnvoll", sagte Schmidt-Chanasit dem "Hamburger Abendblatt". Schmidt-Chanasits Forschungsbereich sind neu auftretende Infektionskrankheiten.

Schmierinfektionen, vor denen Lauterbach warne, seien auch nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung keine große Gefahr. "Solche Äußerungen führen zu einer Dauer-Aufgeregtheit und können zu einer Corona-Müdigkeit führen. Und das ist hochgefährlich", meinte Schmidt-Chanasit.

Lauterbach hatte vor Aufhebung der Maskenpflicht gewarnt

Lauterbach hatte kürzlich vor einer Aufhebung der Regelung gewarnt. "Die Maskenpflicht im Handel ist eines der wichtigsten Instrumente im Kampf gegen das Coronavirus. Es wäre das völlig falsche Signal, diese Pflicht jetzt schon wieder aufzuheben", sagte der Bundestagsabgeordnete der "Rheinischen Post". "Schafft eine Landesregierung die Maskenpflicht ab, experimentiert sie mit der Gesundheit der Menschen und erhöht das Risiko für eine zweite Infektionswelle."

Anderer Meinung ist Schmidt-Chansanit auch bei Fußballspielen mit Fans in Stadien: Sie sind nach Ansicht des Virologen bei reduzierter Kapazität denkbar, sofern die Besucher Abstand halten und die Nachverfolgbarkeit gesichert ist. "Aber zugegeben, es fällt mir schwer zu glauben, das Fans auf lautstarkes Anfeuern und Gesänge verzichten können", fügte Schmidt-Chanasit hinzu.

Lauterbach hatte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch) gesagt: "Fußball-Bundesliga-Spiele mit Zuschauern halte ich für nicht verantwortbar." Es werde "einfach auf Risiko gespielt in der Hoffnung, es werde noch gut gehen", sagte der 57-Jährige. Er betonte zudem: "Auch andere Großveranstaltungen ohne Grenze nach oben sind durch Hygienekonzepte nicht wirklich sicher zu machen. Denn die Kontaktverfolgung wird bei diesen Menschenmengen natürlich nicht gelingen."

Schmidt-Chanasit hält Öffnung von Diskotheken unter Auflagen für möglich

Bei kleineren Veranstaltungen gäbe es laut Schmidt-Chanasit allerdings Hoffnung: Der Virologe hält es für möglich, dass unter neuen Hygiene-Standards auch Diskotheken wieder öffnen. "In Asien standen schon immer auf den Tanzflächen Tische, um die sich die Gäste dann bewegen. Wenn sich die Gäste daran halten, kann das auch hier ein Weg sein."

Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge 442 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages gemeldet. Damit waren seit Beginn der Corona-Krise mindestens 197.783 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert, wie das RKI am Donnerstagmorgen meldete (Datenstand 9.7., 0:00 Uhr). In Deutschland starben nach RKI-Angaben 9.048 mit dem Virus infizierte Menschen - das bedeutet ein Plus von 12 im Vergleich zum Vortag.

Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag nach RKI-Schätzungen mit Datenstand 8.7., 0:00 Uhr, bei 0,70 (Vortag: 0,81). Das bedeutet, dass ein Infizierter im Mittel etwas weniger als einen weiteren Menschen ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab. (mgb/dpa)

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