- Ins Kino gehen, draußen vorm Café einen Latte Macchiato schlürfen, bis zu neun Freunde treffen: Das soll im Saarland nach Ostern wieder möglich sein, so der Plan für einen Modellversuch.
- Der stößt jedoch auf immer mehr Kritik. Nicht nur Mediziner, auch Oppositionspolitiker laufen Sturm. Denn die Infektionszahlen steigen.
Angesichts weiter steigender Infektionszahlen wird die Kritik an den Modellversuchen zur Lockerung der Corona-Auflagen lauter. Die deutschen Intensivmediziner forderten am Wochenende die Rücknahme aller geplanten Lockerungen. Saarlands Ministerpräsident
"Die Beschlüsse für Modellprojekte nach Ostern sind völlig unpassend und müssen von Bund und Ländern sofort zurückgenommen werden", sagte der wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregisters, Christian Karagiannidis, der Düsseldorfer "Rheinischen Post" vom Samstag. "Es braucht eine Mischung aus hartem Lockdown, vielen Impfungen und Tests." Nur so lasse sich ein Überlaufen der Intensivstationen noch verhindern.
Mediziner befürchtet "historische Spitzenbelastung der Intensivstationen"
Karagiannidis, der auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) ist, sieht Deutschland "erst am Anfang eines massiven Anstiegs von Intensivpatienten". Er forderte "Maßnahmen für einen bundesweiten harten Lockdown von zwei Wochen". Ansonsten drohe bald wieder eine "historische Spitzenbelastung der Intensivstationen mit Covid-19".
Die saarländische Regierung will ab dem 6. April per Rechtsverordnung landesweit die Corona-Restriktionen für Gastronomie, Sport und Kultur sowie private Treffen lockern. Mit einem negativen Corona-Test soll auch der Besuch von Theatern, Kinos, Konzerthäusern und Fitnessstudios wieder möglich sein. Wenn sich das Vorgehen als erfolgreich erweist, sollen ab dem 18. April weitere Öffnungsschritte folgen.
Saarland will Alternative aufzeigen
In von anderen Bundesländern geplanten Modellkommunen sollen vergleichbare regionale Testläufe für eine sichere Öffnung von Einzelhandel, Gastronomie und Veranstaltungsstätten stattfinden.
Saarlands Ministerpräsident Hans verteidigte sein Vorhaben, ein Öffnungsmodell zu erproben, das beim letzten Corona-Gipfel von Bund und Ländern "alle gemeinsam beschlossen" hätten. "Wir sind ein kleines Land, unsere Testinfrastruktur ist gut aufgestellt, und aktuell das Infektionsgeschehen moderat – also gute Voraussetzungen um dies saarlandweit zu tun", sagte Hans der "Bild"-Zeitung (Samstagsausgabe). Nach einem Jahr Corona-Pandemie "muss uns jetzt mehr einfallen als nur zu schließen und zu beschränken".
Landesminister geht Landeschef hart an
Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) kritisierte die geplanten Lockerungen im Saarland in der "Bild" als "sehr irritierend und nicht glaubwürdig". "Es gibt eine große Diskrepanz zwischen dem, was er beim Corona-Gipfel gesagt hat und was er nun tut", sagte der FDP-Politiker über den saarländischen Regierungschef.
Grünen-Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte den RND-Zeitungen: "Modellprojekte müssen dazu dienen, eng abgesteckt Erfahrungen zu sammeln, nicht um in riskanten Situationen Lockerungen schönzureden." Sie fügte hinzu: "Immer dann, wenn zuerst Öffnen und erst danach Schutzkonzept gesagt werde, laufe etwas falsch."
In Deutschland wurden binnen eines Tages mehr als 20.400 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Samstagmorgen unter Berufung auf Angaben der Gesundheitsämter mitteilte, wurden 20.472 neue Ansteckungen nachgewiesen. Das sind 1101 weniger als am Vortag, aber mehr als 4000 mehr als vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg weiter auf 124,9. (afp/mcf)
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