Die Coronafälle in Deutschland steigen, die Gefahr eines erneuten Lockdowns wächst. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Weltärztebundes nennt nun eine Zahl, ab der die kritische Schwelle seiner Meinung nach überschritten wird. Indes warnt die Politik eindringlich zur Einhaltung der Schutzmaßnahmen.
Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, erwartet für den Fall eines weiteren Anstiegs der Corona-Zahlen in Deutschland eine kritische Schwelle bei 20.000 Neuinfektionen pro Tag. "Bei 20.000 Neuinfektionen am Tag gerät die Lage außer Kontrolle", sagte Montgomery der "Rheinischen Post" (Freitag). "Dann wäre es für Gesundheitsämter nicht mehr möglich, die Infektionsketten nachzuverfolgen und zu unterbrechen. Dann droht uns ein zweiter Lockdown, weil sich das Virus anders nicht mehr bremsen lässt." Die Zahl der nachgewiesenen Corona-Neuinfektionen innerhalb eines Tages war zuletzt erneut stark gestiegen und überschritt erstmals den Wert von 10.000 Fällen.
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Montgomery begrüßte die verhängten Einschränkungen im besonders betroffenen Landkreis Berchtesgadener Land, wo seit Dienstag strikte Ausgangsbeschränkungen gelten. "Bei lokalen Ausbrüchen müssen wir konsequent reagieren", sagte der frühere Präsident der Bundesärztekammer. "Darum ist es genau richtig, dass der Landkreis Berchtesgaden einen lokalen Lockdown verhängt hat. So sollten bundesweit alle Orte mit solchen Inzidenzwerten reagieren."
Gesundheitsämter haben derzeit noch die Kontrolle in der Pandemie
Die Verbandschefin der Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst, Ute Teichert, sieht derzeit keinen Kontrollverlust der Gesundheitsämter in der Corona-Pandemie. "Ich glaube nicht, dass wir an dem Punkt sind, dass wir die Kontrolle verloren haben", sagte die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes am Donnerstagabend in den ARD-"Tagesthemen".
Aufgrund der steigenden Infektionszahlen gebe es sicherlich eine Problematik, "dass wir nicht mehr hinterherkommen mit der Personalsituation", sagte Teichert. "Aber es ist noch nicht so, dass wir die Situation nicht mehr unter Kontrolle haben."
Politik mahnt Bürger eindringlich zur Einhaltung der Schutzmaßnahmen
Nach dem jüngsten Anstieg der Corona-Neuinfektionen in Deutschland haben mehrere Landesregierungen die Bürger eindringlich aufgerufen, die Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) mahnte, alle müssten jetzt den Ernst der Lage verstehen. "Wir brauchen jetzt Disziplin, und dazu gehört allerdings auch Kontrolle und Sanktionen", sagte er am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner".
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller machte im ZDF-"Heute Journal" klar, es gebe "nicht mehr viele Entscheidungsmöglichkeiten". Zugleich warnte er vor den sozialen Folgen eines weiteren Lockdowns, also der weitreichenden Einschränkung des öffentlichen Lebens wie im Frühjahr. "Und insofern will ich einfach auch die Hoffnung nicht aufgeben, dass wir mit unseren Maßnahmen und eben auch der Disziplin und Eigenverantwortung diesen Lockdown verhindern können", sagte der SPD-Politiker. Er müsse aber zugeben: "Man kann es auch nicht mehr ausschließen."
Söder sieht Deutschland vor "wichtiger Weichenstellung"
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder sagte am Donnerstag in der Sendung "ZDF spezial": "Ich glaube, das wird jetzt eine spannende Zeit für uns alle werden. Es wird schon eine wichtige Weichenstellung sein." Und weiter: "Es muss uns gelingen, diese Welle zu brechen. (...) Und wenn wir jetzt ein bisschen mehr tun, dann werden wir hinterher weniger Folgen haben."
Es sei genau das eingetreten, was schon vor Wochen prognostiziert wurde, "dass mit Leichtsinn und mit mangelnder Vorsicht leider eine entsprechend höhere Zahl an Infektionen stehen kann." Darum müssten die jetzt eingeleiteten Maßnahmen überall konsequent umgesetzt werden. Der CSU-Chef forderte, es brauche jetzt auch Geduld - "die gleiche Mentalität, die wir im Frühjahr hatten: das Mitmachen, Vorsicht, Disziplin und Rücksichtnahme". Damals habe Deutschland der ersten Welle "sehr erfolgreich getrotzt".
Mit Geduld und Rücksichtnahme sei es durchaus machbar, die Situation zu meistern "und dass wir eben kein Schließen von Grenzen haben, kein Schließen von Schulen und Kitas haben", fuhr Söder fort. "Aber es hängt sehr viel von jedem Einzelnen ab." (mgb/dpa)
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