• Damit eingelagerter Impfstoff von Moderna nicht verfällt, sollen Praxen, Impfteams und Impfzentren zunächst nur noch begrenzt Biontech bestellen können und mehr Moderna impfen.
  • Ärztevertreter wehren sich heftig gegen die Vorgabe und befürchten den nächsten Impf-Knick.

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Das Bundesgesundheitsministerium hat mit der Ankündigung, beim Biontech-Impfstoff "Höchstbestellmengen" einzuführen, damit eingelagerte Moderna-Dosen vor dem Verfall verimpft werden, viel Kritik auf sich gezogen. Die Arztpraxen befürchten das nächste Durcheinander und Verzögerungen bei den Booster-Impfungen, die gerade Fahrt aufgenommen haben. Für Menschen, die ihre Auffrischungsimpfung schon gebucht haben, stellen sich ebenfalls Fragen. Ein Überblick:

Wie kommt es überhaupt zu dem Streit?

Deutschland hat dem Bundesgesundheitsministerium zufolge 16 Millionen Dosen Moderna auf Lager. Von den Ländern wird demnach momentan aber zu 90 Prozent Biontech bestellt. Die Lager leerten sich. Ab Mitte des ersten Quartals drohen dagegen eingelagerte Moderna-Dosen zu verfallen.

"Es muss unser gemeinsames Anliegen sein, dies mit allen Mitteln zu verhindern", heißt es in einem Schreiben des Ministeriums an die Länder. Praxen und Impfzentren sollen nun zunächst nur noch bestimmte Mengen Biontech bestellen dürfen, damit Moderna "vermehrt zum Einsatz" kommt. Insgesamt, so betont das Ministerium, sei "genug Impfstoff für alle da."

Was heißt das genau? Wieviel Impfstoff ist denn da?

Bis zum Jahresende stehen laut Ministerium noch rund 50 Millionen Dosen für Erst-, Zweit- oder Booster-Impfungen zur Verfügung, etwa die Hälfte davon kommt von Biontech, die andere Hälfte von Moderna. Angestrebt werden bis Jahresende 20 bis 25 Millionen Auffrischungsimpfungen - zwischen 5,5 und 6 Millionen sind es bisher. Maximal 25 Millionen Menschen der Gesamtbevölkerung (ca. 30 Prozent) haben, wenn man die Daten des Impfdashboards des Gesundheitsministeriums zugrunde legt, noch keine Impfung erhalten.

Warum ist die Kritik so scharf?

Ärzte- und Ländervertreter halten es für ein falsches Signal, die Bereitstellung des in Deutschland besonders gut angenommenen Impfstoffs von Biontech zu drosseln, sie befürchten Verunsicherung. Es drohe eine Verlangsamung des Impftempos, heißt es bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Befürchtet wird, dass Menschen, die schon Booster-Termine mit Biontech vereinbart haben, zögern könnten, wenn ihnen Moderna angeboten wird, und dass in den Praxen durch viele Nachfragen und Umplanung deutliche Mehrarbeit entsteht. Moderna wird zudem nur für Menschen ab 30 empfohlen und nicht für Schwangere.

Wie gut schützt Moderna denn grundsätzlich vor der Delta-Variante?

Sehr gut - darauf weisen Untersuchungen hin. Eine US-Studie etwa verglich die Effektivität der Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer. Ihr Ergebnis: Herrscht die Delta-Variante des Virus vor, schützt Modernas Spikevax zu rund 76 Prozent vor einer Infektion. Comirnaty von Biontech kam auf 42 Prozent. Die Studien-Autoren weisen allerdings darauf hin, dass die Unterschiede noch bestätigt werden müssten.

Eine jüngst veröffentlichte Studie aus Katar tut dies: Der Schutz vor Infektion wie Hospitalisierung ist bei der Delta-Variante bei Spikevax höher als bei Comirnaty, so ihr Ergebnis. Betrachtet man die Dauer des Schutzes, deuten erste Daten darauf hin, dass Moderna auch hier die Nase vorn haben könnte.

Und Moderna als Booster?

Dazu gibt es bislang nur erste Hinweise. Es deutet sich an, dass Moderna hier mindestens genauso effektiv ist wie Biontech. So hat das Gesundheitsministerium Singapurs vor einigen Tagen die Ergebnisse eines Vergleichs veröffentlicht, bei dem alle Personen die Grundimmunisierung mit Biontech hatten. Wurden diese auch beim dritten Mal damit geimpft, ergab sich eine Reduzierung des Infektionsrisikos von 62 Prozent. Bekamen sie Moderna, lag sie bei 72 Prozent.

Was sagen Wissenschaftler zur Kombination von Impfstoffen?

Für die Auffrischungsimpfung empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) generell einen mRNA-Impfstoff, auch wenn man vorher einen anderen bekommen hat. Wenn möglich, soll es beim Boostern derselbe mRNA-Wirkstoff sein wie bei der Grundimmunisierung, schreibt das Robert Koch-Institut. Wenn dieser nicht verfügbar sei, könne auch der jeweils andere eingesetzt werden.

Lediglich für Personen unter 30 Jahren empfiehlt die Stiko ausschließlich den Biontech-Impfstoff, weil in dieser Altersgruppe beim Moderna-Impfstoff das Risiko für bestimmte Herzentzündungen leicht erhöht ist. Die Experten haben also grundsätzlich keine Bedenken hinsichtlich eines möglichen Wechsels.

"Ich halte das für völlig unproblematisch", sagt auch der Infektiologe Leif Erik Sander von der Berliner Charité. Es gebe sogar Studien, die zum Ergebnis kämen, dass die Kombination verschiedener Impfstoffe immunologisch günstig sei. "Man sollte einfach das nehmen, was da ist."

Beide mRNA-Impfstoffe haben bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA eine Zulassung für den Einsatz als Booster-Impfstoff. Bei Moderna wird die halbe Dosis der Grundimmunisierung gespritzt, bei Biontech eine ganze Dosis. Die möglichen Nebenwirkungen einer Auffrischungsimpfung gleichen den Studien zufolge denen, die auch nach den ersten beiden Spritzen auftreten können.

Warum entscheiden sich so viele in Deutschland für Biontech?

Das dürfte auch daran liegen, dass der Impfstoff hier entwickelt wurde und durch die vielen Berichte über die Erfolgsstory der Biontech-Gründer Özlem Türeci und Ugur Sahin ein besonders gutes Image hat. Das Mainzer Ehepaar wurde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für die Entwicklung ihres Impfstoffs mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.

Außerdem setzt auch die deutsche Corona-Impfkampagne vor allem auf Biontech. Der Impfstoff liegt bei den vereinbarten Liefermengen mit Abstand vorne: In diesem Jahr sind es laut einer Übersicht des Gesundheitsministeriums weit über 100 Millionen Dosen. Von Moderna wurde etwa halb so viel geordert.

Was ist eigentlich mit nachlassendem Impfschutz gemeint?

Das hat Sahin noch einmal genauer in der "Bild am Sonntag" erklärt: Ab dem vierten Monat beginne der Schutz "gegen eine Covid-19-Erkrankung jeglichen Grades" abzunehmen. Ab dem sechsten Monat sinke er deutlich. Vor schwerer Erkrankung schützt die Impfung seinen Angaben zufolge aber weiterhin: "Kürzlich veröffentlichte Daten aus unserer Studie zeigen, dass der Impfschutz noch bis zum neunten Monat sehr hoch ist, sodass es bei Geimpften nur selten zu schweren Erkrankungen und einer Krankenhausbehandlung kommt."

(dpa/ari)

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