Nur noch vier Meter trennen die Rettungsteams in Spanien vermutlich vom kleinen Julen. Seit eineinhalb Wochen suchen Einsatzkräfte nach dem Jungen in einem tiefen Schacht. Lebt er überhaupt noch?
Kampf gegen Gestein, Kampf gegen die Uhr: Ungeachtet der schwindenden Überlebenschancen haben sich Einsatzkräfte in Spanien am Dienstag verzweifelt einen Weg in Richtung des eingeschlossenen Kleinkinds Julen gebahnt.
Nach der Fertigstellung eines Rettungsschachts, der parallel zum Brunnenloch verläuft, hofften die Männer, den Zweijährigen im Laufe des Mittwochs endlich zu erreichen. Es ist der zehnte Tag nach dem letzten Lebenszeichen.
Noch am Dienstag wollten Minenarbeiter im unteren Ende des Schachts mit dem Bau einer etwa vier Meter langen Verbindung zu jener Stelle beginnen, an der das Kind in 70 bis 80 Meter Tiefe vermutet wird. Das berichteten spanische Medien unter Berufung auf die Helfer an der schwer zugänglichen Unfallstelle in Totalán unweit des andalusischen Málaga.
"Letzter Kraftakt, um Julen da rauszuholen"
Viele Experten gaben auch am Dienstag die Hoffnung nicht auf, dass der Kleine lebend geborgen werden kann. Man komme "in Rekordtempo" voran und brauche nur noch einen "letzten Kraftakt, um Julen da rauszuholen", sagte Innenminister Fernando Grande-Marlaska vor Journalisten.
Die Minenarbeiter, die eigens aus der nördlichen Kohleregion Asturien entsandt wurden, mussten das letzte Stück, den waagerechten Tunnel, mit Muskelkraft graben.
Sie würden sich mit Spitzhacken und Schaufeln, gegebenenfalls auch mit kleineren Explosionen und Presslufthämmern durch den Felsen zu kämpfen versuchen, erklärte der Sprecher der Einsatzkräfte Ángel García Vidal. Der Wegebau-Ingenieur rechnet für diese Arbeit mit insgesamt 20 bis 24 Stunden.
Minenarbeiter können nur liegend oder kniend arbeiten
Wegen des begrenzten Platzes sollen den Behördenangaben zufolge jeweils nur zwei Arbeiter gleichzeitig mit einer speziellen, an einem Kran befestigten Kapsel in den insgesamt 80 Meter tiefen Parallelschacht herabgelassen werden. Die Verbindung wird nur einen Meter breit und 1,20 Meter hoch sein wird, so dass die Kumpel liegend oder bestenfalls kniend werden arbeiten müssen.
Zuvor mussten aber noch die Wände des vertikalen Rettungslochs mit Metallrohren befestigt und stabilisiert werden, um Erdrutschen vorzubeugen und die Sicherheit der Arbeiter zu gewährleisten.
Allerdings stießen die Retter dabei am Dienstag auf neue Probleme. Es sei nötig, den vertikalen Schacht in seinem unteren Teil zunächst breiter zu bohren, berichtete die Zeitung "El País" unter Berufung auf die Helfer vor Ort. Wie lange dies noch dauern könnte, war vorerst nicht abzusehen.
Ob Julen noch am Leben ist, ist unklar
Der Versuch, zu dem kleinen Kind vorzudringen, gestaltet sich nach wie vor extrem schwierig: Das Loch hat einen Durchmesser von nur 25 bis 30 Zentimetern und soll 107 Meter tief sein.
Bei Kameraaufnahmen war im Schacht in gut 70 Metern Tiefe eine Tüte mit Süßigkeiten entdeckt worden, die Julen bei seinem Sturz bei sich hatte. Lose Erde verhinderte aber ein tieferes Vordringen mit der Kamera. Lebenszeichen des Kindes gibt es bisher nicht.
Die Chancen auf einen glücklichen Ausgang des dramatischen Unglücks verringern sich mit jeder Stunde. Experten betonten aber, dass es nicht völlig ausgeschlossen sei, dass Julen noch lebe. (hub/dh/pak/dpa)
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