Eine Serie von Anschlägen auf türkische Läden in Waldkraiburg soll auf das Konto eines IS-Kämpfers gehen. Nun schalten sich Deutschlands oberste Ermittler ein.
Nach Anschlägen auf Geschäfte türkischstämmiger Inhaber im oberbayerischen Waldkraiburg hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen übernommen. Grund sei die besondere Bedeutung des Falls, sagte der Sprecher der Bundesanwaltschaft am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Karlsruhe. Außerdem bestehe der Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Laut einem "Spiegel"-Bericht plante der 25-Jährige auch Attentate auf Moscheen und Imame.
Seit April waren in Waldkraiburg (Landkreis Mühldorf am Inn) die Scheiben dreier türkischer Läden eingeschlagen und ein Feuer in einem Gemüseladen gelegt worden. Sechs Menschen wurden verletzt.
Polizei findet Rohrbomben, Chemikalien und eine Pistole
Vor anderthalb Wochen hatte die Polizei einen Tatverdächtigen am Bahnhof in Mühldorf am Inn festgenommen. Fast zwei Dutzend funktionsfähige Rohrbomben wurden bei ihm gefunden, kiloweise Chemikalien und eine Pistole.
Der in Deutschland geborene Mann muslimischen Glaubens hat die Anschläge gestanden. Der 25-Jährige hatte sich selbst als IS-Kämpfer bezeichnet und Hass auf Türken als Motiv angegeben. Der mutmaßliche Täter sitzt seither in Untersuchungshaft. Wegen des Brandanschlags mit sechs Verletzten wird ihm auch versuchter Mord vorgeworfen.
Vor allem auch wegen dieser Tat misst die Bundesanwaltschaft dem Fall besondere Bedeutung bei. Weitere Einzelheiten zur Übernahme der Ermittlungen wurden zunächst nicht mitgeteilt. In Bayern hatte die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München den Fall betreut.
Verdächtiger plante Anschläge auf Moscheen und Imame
Wie "Der Spiegel" (Online) am Dienstag berichtete, soll der Mann Sprengstoff- und Bombenanschläge unter anderem auf Gotteshäuser des türkischen Moschee-Verbandes Ditib in der Umgebung von Waldkraiburg sowie auf die Ditib-Zentral-Moschee in Köln geplant haben. Die Imame habe er erschießen wollen, schreibt das Magazin weiter. Zudem soll er einen Bombenanschlag auf das türkische Generalkonsulat in München vorbereitet haben. Die Behörden machten dazu zunächst keine Angaben. Sprecher der Extremismus-Zentralstelle und des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd verwiesen auf laufende Absprachen mit der Bundesanwaltschaft.
In Waldkraiburg hatten die Menschen auch nach der Festnahme spekuliert, ob der Mann ein Einzeltäter ist. Der Londoner Extremismusforscher Peter Neumann hatte die Waldkraiburger Anschläge als etwas Neues eingestuft. Es sei das erste Mal, dass ein mutmaßlicher Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat türkische Ziele in Europa ins Visier genommen habe. "Anschläge auf türkischstämmige Menschen ohne kurdischen Hintergrund sind in Europa eine wirkliches Novum", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Es sehe so aus, als ob es sich um einen Einzeltäter handele, der sich als "einsamer Wolf" über das Internet radikalisierte. (ash/dpa)
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