In nahezu jeder vierten Grundschule steht Schwimmunterricht nicht mehr auf dem Stundenplan. Und mehr als jedes zweite Kind kann mit zehn Jahren noch nicht richtig schwimmen. Die Zahl der Badeunfälle steigt jährlich. Eine DLRG-Petition kämpft nun für den Erhalt der öffentlichen Bäder - unter dem Motto: "Schwimmen lernen kostet Geld. Ertrinken das Leben".

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Immer mehr Schwimmbäder schließen, immer weniger Kinder lernen schwimmen - diesen Zusammenhang stellt die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) her und schlägt Alarm. Deutschland drohe, zu einem Land der Nichtschwimmer zu werden, weil zunehmend Bäder für den Schwimmunterricht fehlten, sagte DLRG-Präsident Achim Haag am Donnerstag in Bad Nenndorf.

20 bis 25 Prozent aller Grundschulen könnten inzwischen keinen Schwimmunterricht mehr anbieten, weil ihnen kein Bad mehr zur Verfügung stehe. Rund 60 Prozent der Zehnjährigen sind nach einer von der DLRG 2017 in Auftrag gegebenen Umfrage keine sicheren Schwimmer.

"Wir müssen Bäder erhalten, Bäder bauen"

Die Zahl der Schwimmbäder in Deutschland sei von 7800 im Jahr 2000 auf 6500 im Jahr 2017 und 6400 im vergangenen Jahr gesunken. 2019 schließen den Angaben zufolge voraussichtlich 70 weitere Bäder. "Wir müssen Bäder erhalten, Bäder bauen und nicht wegrationalisieren. Schließungen gehen zu Lasten der Wassersicherheit der Bevölkerung und bezahlbarer sozialer Angebote", sagte Haag bei der Vorlage des DLRG-Jahresberichts 2018.

Eine DLRG-Petition, die ein Ende der Schließungen von Schwimmbädern zum Ziel hat, hatten am Donnerstag bereits mehr als 100 000 Menschen unterschrieben. Die Rettungsgesellschaft fordert einen bundesweiten Masterplan zum flächendeckenden Erhalt und der Sanierung von Schwimmbädern. Der Finanzbedarf betrage etwa 14 Milliarden Euro, den je zu Hälfte der Bund und die Länder sowie Kommunen übernehmen sollen. "Schwimmen lernen kostet Geld. Ertrinken das Leben", heißt es in der Kampagne.

Schwimmunterricht für Geflüchtete

Mindestens 504 Menschen kamen 2018 in Deutschland bei Badeunfällen ums Leben, wie die DLRG bereits vermeldet hat. Das waren 100 mehr als im Vorjahr. Die Zahl der ertrunkenen Kinder und Jugendlichen unter 20 Jahren stieg 2018 um 38 Prozent. Unter den 71 Todesopfern dieser Altersgruppe waren 26 Kinder im Vor- und Grundschulalter. Besonders oft verunglückten beim Baden auch Asylbewerber. Im vergangenen Jahr starben 33 Flüchtlinge, nach 23 im Vorjahr. Fast alle waren Nichtschwimmer. Um Flüchtlingen die Gefahren des Wassers näher zu bringen, hat die DLRG die Baderegeln inzwischen in 30 Sprachen übersetzt.

Im vergangenen Jahr haben DLRG-Helfer 974 Menschen vor dem Ertrinken bewahrt. Das waren erheblich mehr als 2017, als 756 Menschen gerettet wurden. Bei 64 Einsätzen mussten sie sogar ihr eigenes Leben riskieren, um die Opfer lebend an Land zu bringen. Die Zahl der Menschen, denen die Rettungsschwimmer zur Hilfe kommen, schwankt stark. Zu der hohen Zahl von über 92 000 Einsätzen im vergangenen Jahr trug auch der Hitzesommer bei. "In den Monaten Juli und August sind die Rettungseinsätze besonders in die Höhe geschnellt. Leichtsinn, Selbstüberschätzung oder Unkenntnis über die Gewässer waren die häufigsten Ursachen", sagte Haag.

Über 45 000 Retter sind für die DLRG in den Sommermonaten ehrenamtlich im Einsatz, 6500 davon sind jugendliche Helfer. 35 000 der Rettungsschwimmer sind an Binnengewässern wie etwa Badeseen im Einsatz, 4500 an den Küsten von Nord- und Ostsee. Insgesamt 2500 Wachgebiete einschließlich von Schwimmbädern behält die DLRG im Blick. (dpa/best)

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