Bildungsforscher wollen die Demokratiebildung an Schulen durch eine Stärkung des Geschichts- und Politikunterrichts verbessern.
Die Ständige Wissenschaftliche Kommission, ein Beratergremium der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK), hat dazu in Berlin eine Stellungnahme mit Empfehlungen vorgelegt. Zu den Vorschlägen der Experten gehören außerdem mehr Planspiele und Möglichkeiten zur Mitbestimmung.
Demokratiebildung und die Förderung gesellschaftlicher Integration seien zentrale Funktionen der Schule, heißt es in dem Schreiben. "In Zeiten globaler Krisen und innergesellschaftlicher Konflikte, in denen sich häufig Gesinnungsgemeinschaften in sozialen Netzwerken gegeneinander abschotten, ist Schule in besonderer Weise (heraus-)gefordert."
Geschichte und Politik durchgängig nach der Grundschule
In dem 76-seitigen Papier schlagen die Bildungswissenschaftler Maßnahmen vor, wie Kindern und Jugendlichen demokratische Spielregeln und das Verständnis für demokratische Prozesse besser vermittelt werden könnten. Sie sprechen sich dafür aus, dass die Fächer Politik und Geschichte nach der Grundschule durchgängig angeboten werden. Dabei soll der Blick besonders auf der Geschichte und Entstehung des Grundgesetzes sowie der Rolle der europäischen Aufklärung liegen.
Politische Bildung sei häufig nicht in der fünften und sechsten Klasse vorgesehen und habe oft mit ein bis zwei Stunden wöchentlich nur eine Randstellung in der Stundentafel, heißt es. "Dies steht in deutlichem Widerspruch zur Bedeutung von Politikunterricht gerade für diese Altersgruppe, die für eine Radikalisierung etwa durch Gaming und die unkritische Rezeption von Fake News anfällig ist."
Planspiele und Besuche in Parlamenten
Der Geschichts- und Politikunterricht sollte demnach auch weiterentwickelt werden. So sprechen sich die Fachleute dafür aus, verstärkt Planspiele zu nutzen. Diese "geben Einblicke in das Erfordernis und die Schwierigkeiten politischer Kompromissfindung in einer pluralistischen Demokratie", hieß es. Empfohlen werden daneben Besuche in Parlamenten und Gespräche mit unterschiedlichen Akteuren.
Demokratiebildung sollte nach Ansicht der Experten auch als fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip in allen Schulfächern verankert werden. Sie plädieren etwa für Gruppen- und Projektarbeit in allen Fächern und dafür, kontroverse und sensible Themen im jeweiligen Fachgebiet offen zu diskutieren. Ein demokratisches Unterrichtsklima bedeute, dass Schülerinnen und Schüler in allen Fächern die Erfahrung machen sollten, dass ihre eigene Meinung gefragt sei und sie ihren Lehrkräften gegebenenfalls auch offen widersprechen könnten.
Die Kommission spricht sich zudem für Mitbestimmungsmöglichkeiten von Eltern und Schülern an der Schule aus. Weitere Vorschläge sind Fach- und Projekttage zur Demokratie auf verschiedenen Ebenen von der Kommune bis zum Land, ein Ausbau des internationalen Schul- und Schüleraustausches und sogenanntes Service Learning - also ehrenamtliche Hausaufgabenhilfe, Seniorenbesuche oder die Organisation von Nachbarschaftsinitiativen. Die Kultusministerkonferenz werde die Empfehlungen prüfen und in ihre weitere Arbeit einfließen lassen, sagte die KMK-Präsidentin und saarländische Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD). © dpa
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