Die Wiener Gratiszeitung "Heute" veröffentlichte in ihrer Printausgabe vom Dienstag eine Meldung mit falschen Angaben. Auf Facebook wird der Zeitung Fremdenfeindlichkeit vorgeworfen. Zudem war der Artikel fehlerhaft bebildert.
"Club-Gast (18) bestiehlt Sängerin während Auftritt!", lautete die Schlagzeile eines "Heute"-Artikels vom Dienstag. Angeblich hätte ein Algerier vergangenen Samstag "die Gunst der Stunde genutzt" und eine australische Sängerin namens Alison Lewis während ihres Auftritts in Wien bestohlen.
Der Vorfall habe sich in der Künstler-Garderobe der "Grellen Forelle" an der Spittelauer Lände zugetragen. Aufgeflogen sei der 18-Jährige, als er versucht habe, an der Bar mit australischen Dollars zu bezahlen. Er sei verhaftet worden, nachdem bei ihm gestohlene Handys gefunden worden waren.
"Grelle Forelle" stellt "Heute" bloß
Aufgefallen ist die Falschmeldung ausgerechnet dem angeblichen Veranstalter: Die Betreiber des Elektro-Clubs posteten eine Richtigstellung auf Facebook.
"Liebe Tageszeitung Heute, hier ein kurzer Faktencheck", heißt es dort. Eine Alison Lewis kenne man nicht, außerdem sei der Einlass in dem Club erst ab 21 Jahren gestattet. Zudem hatte das Lokal zu dem Zeitpunkt seit zehn Wochen geschlossen - und öffnet erst nach der Sommerpause Anfang Oktober wieder.
Tatsächlich abgespielt hat sich der Vorfall im "Werk". "Heute" erklärte die Verwechslung damit, dass die Postadresse der beiden Clubs dieselbe sei und fügte der Online-Version des Artikels ein Erratum hinzu. Unter dem Posting von "Grelle Forelle" häufen sich indes schadenfrohe Kommentare.
Der Zeitung unterlief allerdings nicht nur dieser Fehler: Auch weitere Fakten und das Foto stimmten nicht. "Als 'Alison Lewis' um die es geht: Ich kann bestätigen, dass mir meine Sachen gestohlen wurden, aber ich hatte kein australisches Geld in der Tasche und weiß nichts von einer Festnahme (...) Außerdem ist das kein Foto von mir!", kommentierte die Künstlerin. Das mehrere Jahre alte Bild zeigt stattdessen die gleichnamige Sängerin der Band "String Of Ponies" aus Detroit.
Künstlerin kritisiert "Anti-Flüchtlings-Propaganda"
Die "richtige" Alison Lewis, die mit bürgerlichem Namen Zoè Zanias heißt, distanzierte sich zudem vehement von der Geschichte. Sie sei empört, dass ihr Name in einem Artikel gefallen sei, der "aussieht wie ein Stück Anti-Flüchtlings-Propaganda in einer rechtsstehenden österreichischen Zeitung". "Warum ist seine Nationalität überhaupt relevant für die Geschichte?", fragte Zanias.
Polizei bestätigt Festnahme, keine Spur von "Algerier"
Eine Festnahme eines 18-Jährigen dürfte es im "Werk" jedoch gegeben haben. Wie die Landespolizeidirektion Wien mitteilte, hatte der Besitzer des Lokals die Beamten verständigt. Er gab an, dass der australischen Sängerin ihre Wertsachen, ihre Geldbörse und ein Smartphone gestohlen worden seien.
Auch die Information über den Versuch, mit einem australischen Fünf-Dollar-Schein zu bezahlen, stammt offenbar von der Polizei. Die verständigten Beamten hätten den Verdächtigen zudem kontrolliert und zwei gestohlene Handys gefunden. Der Mann wurde demnach festgenommen.
Unklar ist, woher die Information kam, dass es sich bei dem 18-Jährigen um einen Algerier gehandelt haben soll. "Heute" nennt dazu keine Quelle, die Polizei gab die Nationalität des Verdächtigen nicht bekannt.
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