Während der Coronakrise arbeiten weit mehr Menschen im Homeoffice, als zuvor. Experten der Analyse- und Forschungsabteilung der Deutschen Bank machen nun den Vorschlag, eine Homeoffice-Steuer einzuführen. Das stößt auf Kritik.
Die Politik streitet gerade über Wege zur Förderung von Arbeit aus dem Homeoffice - ein Experte der Analyse- und Forschungsabteilung der Deutschen Bank, DB Research, stellt nun aber eine ganz andere Forderung auf: Eine Steuer auf Heimarbeit, um mit dem Geld Schwächere zu unterstützen. Mit seinem Vorschlag hat der Analyst Kritik und Empörung in sozialen Netzwerken ausgelöst. Auch mancher Ökonom hält wenig von der Idee einer Homeoffice-Steuer.
"Das geht aus meiner Sicht dem intuitiven Gerechtigkeitsempfinden von vielen gegen den Strich, weil viele Arbeitnehmer im Homeoffice eher das Gefühl haben, finanziell bestraft zu werden", sagt Jan Schnellenbach, Wirtschaftsprofessor an der Brandenburgischen Technischen Universität in Cottbus.
Sebastian Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung, nannte die Vorschläge auf Twitter "schräg".
Manche Arbeitsplätze hängen von Präsenz-Arbeit ab
Der Analyst hatte in einem kurzen Aufsatz für DB Research Steuern für Arbeitnehmer im Homeoffice ins Spiel gebracht. Der Autor geht davon aus, dass auch nach der Coronakrise viele Menschen weiter von zu Hause aus arbeiten wollen.
"Die Arbeit von zu Hause ermöglicht direkte Einsparungen etwa bei der Anreise, dem Mittagessen, Kleidung und Reinigung", schreibt er. Kosten entstünden den Beschäftigten vor allem indirekt in Form von "zusätzlichem mentalen Stress" etwa durch die Kinderbetreuung während der Arbeit oder der schlechteren Ausstattung am Heimarbeitsplatz. "Diese Kosten dürfen nicht unterschätzt werden, sie verblassen aber für gewöhnlich im Vergleich mit den Vorteilen", heißt es weiter.
Für die Wirtschaft hingegen sei die Arbeit Tausender Menschen im Homeoffice ein schwerer Verlust. Über lange Zeit hätten sich Wirtschaftszweige wie der Einzelhandel sowie Infrastrukturen rund um die Arbeit im Büro entwickelt. Falle diese weg, verschärften sich die ökonomischen Probleme weiter. Vom Mittagessen oder dem Pausenkaffee hingen eben auch Arbeitsplätze und Unternehmen ab, lautet das Argument.
Umverteilungsvorschlag ist nicht neu
Der Autor schlägt deshalb eine Steuer in Höhe von fünf Prozent auf das Bruttoeinkommen vor. Sie soll nur an den Tagen erhoben werden, an denen auch zu Hause gearbeitet wird. Bei einem Bruttoverdienst von rund 40.000 Euro im Jahr seien dies rund 7,50 Euro pro Homeoffice-Tag.
Der Staat könnte auf diese Weise rund 15,9 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen, rechnet der Analyst vor. Mit dem Geld könnten dann diejenigen unterstützt werden, die ein geringes Einkommen haben oder ihre Arbeit in der Coronakrise verloren haben.
Schließlich hätten hauptsächlich besser Verdienende die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. In vielen systemrelevanten Berufen mit niedrigeren Einkommen gebe es diese Wahl hingegen häufig nicht.
Dieser Umverteilungsvorschlag ist nicht neu und wird grundsätzlich von vielen Ökonomen geteilt. Dennoch stößt die Art und Weise auf Kritik. "Ich finde das unter Gerechtigkeitspunkten nicht wirklich nachvollziehbar", sagt BTU-Wirtschaftsprofessor Schnellenbach. "Wenn man umverteilen will, dann kann man das am Einkommen festmachen. Ob jemand im Homeoffice arbeitet, ist kein Indikator für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit."
So sieht es auch Stefan Bach, Steuerexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): "Das Argument der gerechten Verteilung der Krisenkosten ist gut, aber das soll man am Einkommen messen und nicht daran, ob Menschen im Homeoffice sitzen." Zudem gehe die politische Diskussion derzeit in die entgegengesetzte Richtung.
Im Homeoffice entstehen andere Kosten für den Arbeitnehmer
In der großen Koalition wird derzeit darüber debattiert, die Arbeit zu Hause auf eine neue rechtliche Grundlage zu stellen. Neue Steuern sind da nicht vorgesehen, dafür aber Steuererleichterungen. Mobiles Arbeiten spare einerseits Zeit, Verkehr und CO2, heißt es etwa in einem Papier der Unionsfraktion.
Andererseits entstünden Kosten etwa für Breitbandzugänge oder Materialien. Hinzu kommen höhere Kosten für Wasser und Energieversorgung. Diese Kosten werden im Aufsatz nicht genannt.
Dafür gebe es schon heute die Regelungen zur Anerkennung eines Arbeitszimmers bis zur Höchstsumme von 1.250 Euro, schreibt die CDU/CSU-Fraktion. Künftig solle der Arbeitgeber mobil Arbeitenden Kosten steuerfrei ersetzen dürfen, selbst wenn einzelne Elemente wie ein Breitbandanschluss auch privat mitgenutzt werden. (awa/dpa) © dpa
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