Angesichts der Vorwürfe über sexuelle Belästigung und Rassismus kommt Google nicht zur Ruhe. Am Donnerstag legten Mitarbeiter weltweit die Arbeit nieder. Die Rede ist von einer etablierten Macho-Kultur.
Tausende Google-Mitarbeiter haben aus Protest gegen Missstände wie Sexismus, Rassismus und Machtmissbrauch durch Führungskräfte am Donnerstag zeitweise die Arbeit niedergelegt. "Für einen echten Wandel" wolle man protestieren, verkündeten die Organisatoren der Aktion. Unter dem Hashtag #GoogleWalkout verabredeten sich die Beschäftigten, jeweils um 11.10 Uhr Ortszeit ihre Büros zu verlassen. Die Protestwelle schwappte rund um den Globus - von Asien über Europa bis nach Nordamerika. Die Teilnehmer forderten mehr Gleichberechtigung.
Bei vielen Angestellten hat sich Frust aufgestaut, nach den jüngsten Medienberichten über Vorwürfe sexueller Belästigung und den zweifelhaften Umgang ihres Unternehmens damit. "Es gibt Tausende von uns, auf jeder Ebene der Firma - und wir haben genug", hieß es in einem offenen Brief der Initiative. Auf Transparenten machten die Protestierenden ihrem Ärger Luft: "Ich arbeite jeden Tag hart, damit sich mein Unternehmen leisten kann, einem Manager 90 Millionen Dollar zu zahlen, der meine Kolleginnen sexuell belästigt."
Macho-Kultur im Silicon Valley
In der Tech-Community rumort es schon lange - Diskriminierung und Sexismus sind im von weißen Männern dominierten Silicon Valley mit seiner Macho-Kultur nichts Neues. Doch speziell Google ist nach einem Bericht der "New York Times" erschüttert.
Die Zeitung hatte in der vergangenen Woche geschrieben, der Konzern habe Andy Rubin - den Kopf hinter dem Android-Betriebssystem - bei seinem Abgang 2014 trotz schwerwiegender Vorwürfe sexueller Nötigung mit lobenden Worten und einer rund 90 Millionen Dollar schweren Abfindung verabschiedet. Rubin bestritt die Vorwürfe und führte ihr Auftauchen auf eine angebliche Hetzkampagne seiner Ex-Frau zurück. Der Zeitung zufolge soll Google auch noch über zwei weitere Führungskräfte schützend die Hand gehalten haben.
Solche Berichte sind es, die die Belegschaft auf die Straße treiben - da bringen auch Beschwichtigungen von Google-Chef Sundar Pichai wenig. In einem Statement sicherte der Top-Manager allen Mitarbeitern, die sich an den Aktionen beteiligen, Unterstützung zu. Bei den Einwänden der Angestellten handele es sich um "konstruktive Ideen", wie die Richtlinien und Prozesse im Konzern verbessert werden könnten. Man werde sich mit diesem Feedback auseinandersetzen.
Googles Firmenkultur in der Kritik
Pichai hatte nach dem Bericht der "New York Times" rasch Stellung bezogen und versichert, das Unternehmen fahre einen harten Kurs bei Fehlverhalten und habe allein in den vergangenen zwei Jahren 48 Mitarbeiter wegen Anschuldigungen sexueller Belästigung gefeuert.
Dennoch bleibt der Ärger groß: Bei der Kundgebung vor der New Yorker Google-Zentrale hielten Mitarbeiter Schilder mit Slogans wie "Arbeiterrechte sind auch Frauenrechte" hoch. Immer wieder tauchte das alte Firmenmotto auf: "Don't be evil" - tu nichts Böses.
Dieses Credo wirkt mittlerweile wie ein Relikt aus alten Zeiten - wobei es angesichts von Insider-Einblicken in die Firmenkultur während Googles Start-up-Phase möglicherweise ohnehin nie mehr als ein Lippenbekenntnis war. In jedem Fall machen die weltweiten Proteste und Kundgebungen der Google-Mitarbeiter eines sehr deutlich: Beim Thema Gleichberechtigung haben auch die US-Tech-Konzerne, die sich gern als innovative und integrative Weltverbesserer darstellen, noch großen Nachholbedarf. (mc/dpa)
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