Die meisten politisch motivierten Straftaten sind in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr von Rechten begangen worden. Die Zahl stieg zudem leicht um 4,8 Prozent auf 699 Delikte an, wie aus dem am Mittwoch vorgestellten Landesverfassungsschutzbericht hervorgeht. "Dieser erneute Anstieg ist nicht gut", erklärte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) anlässlich der Vorstellung mit. "Aber es ist gut, dass die Aufklärungsquote in diesem Bereich sehr hoch ist."
Mehr als jede zweite von Rechten begangene Tat und mehr als neun von zehn Gewaltdelikten davon konnten laut Bericht aufgeklärt werden. Ein Schwerpunkt der Arbeit des Verfassungsschutzes sei im vergangenen Jahr die Aufklärung rechtsextremistischer Bestrebungen und Netzwerke gewesen, erklärte die Ministerin. Die weitgehend unstrukturierte Szene sei sehr gut über das Internet vernetzt und stelle weiterhin den größten Anteil in der Kategorie der gewaltorientierten Rechtsextremisten.
Das rechtsextremistische Personenpotenzial erhöhte sich 2022 um rund 1,7 Prozent, damit zählten 1220 Menschen zur dieser Szene in Schleswig-Holstein. Die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten blieb hingegen konstant bei 350.
Ebenfalls wuchs das Personenpotenzial in der Reichsbürgerszene - um rund ein Drittel auf 640 Menschen. "Der massive Zulauf in dieser Szene hing teilweise mit diffusen Zukunftsängsten zusammen", erklärte Sütterlin-Waack. Auslöser dieser Ängste seien Ereignisse wie der Klimawandel, die Pandemie oder der Krieg in Europa gewesen, die "als tiefgreifende existenzielle Krisen" wahrgenommen würden.
Ein Teil der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene sei nach wie vor bereit, zur Durchsetzung der eigenen Ziele Gewalt anzuwenden. Die erkennbare Radikalisierung dürfte sich fortsetzen. "Diese Entwicklung werden wir als Landesregierung sehr ernst nehmen, und wir werden weiter konsequent dagegen vorgehen", teilte die Innenministerin mit.
Die Gefahr durch islamistischen Terrorismus bleibt dem Bericht zufolge "nach wie vor konstant hoch". Die Verfassungsschützer gehen wie im Vorjahr von 868 Islamistinnen und Islamisten aus, von denen sich weiterhin 750 Menschen dem Salafismus zuordnen lassen.
Der linksextremistischen Szene in Schleswig-Holstein gehörten unverändert 725 Menschen an. Davon galten 340 weiterhin als gewaltorientiert. "Das Gesamtpersonenpotenzial hat sich damit erstmals seit dem Jahr 2019 nicht erhöht", hieß es im Bericht.
Insgesamt sank die Zahl der politisch motivierten Taten 2022 um rund sechseinhalb Prozent auf 1322. Die Aufklärungsquote lag bei mehr als 47 Prozent. Die Zahl der Gewaltdelikte stieg hingegen - um über 21 Prozent auf 102 Taten. Davon wurde mit über 81 Prozent allerdings auch ein Großteil aufgeklärt. © AFP
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