Im Fall des sexuellen Missbrauchs von mindestens 23 Kindern auf einem Campingplatz in Nordrhein-Westfalen ermittelt die Staatsanwaltschaft Detmold jetzt auch gegen die Polizei. Der Grund: Bereits 2016 erhielt die Polizei Hinweise auf sexuellen Missbrauch, die Beamten leiteten aber keine Ermittlungen dazu ein.

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Im Fall des massenhaften sexuellen Missbrauchs von mindestens 23 Kindern auf einem Campingplatz in Nordrhein-Westfalen ermittelt die Staatsanwaltschaft Detmold jetzt auch gegen die Polizei des Kreises Lippe. Der Grund: Nach Auskunft von Oberstaatsanwalt Ralf Vetter gab es bereits 2016 Hinweise von zwei Zeugen zum möglichen sexuellen Missbrauch eines Pflegekindes durch den Hauptbeschuldigten. Die Polizei habe den Hinweis an das Jugendamt Lippe weitergeleitet. Polizeiliche Ermittlungen habe es aber nicht gegeben.

Zwei Verdachts-Meldungen bereits 2016

"Wir prüfen jetzt, ob die Polizei nicht weitere Schritte hätte einleiten müssen", sagt Vetter. Mehrere Medien hatten zuvor über die Hinweise von 2016 berichtet. "Ein Zeuge hatte sich im August 2016 telefonisch an die Polizei, das Jugendamt und den Kinderschutzbund gewandt", sagte Vetter am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

Im November 2016 erfolgte eine weitere Meldung durch eine Mitarbeiterin des Jobcenters Blomberg an die Polizei und das Jugendamt Lippe. Dabei ging es laut Vetter um Äußerungen des Pflegevaters, die auf sexuellen Missbrauch des Kindes hindeuten konnten. Auch in diesem Fall reichte die Polizei den Hinweis an das Jugendamt weiter. Weitere Ermittlungen oder ein Hinweis an die Staatsanwaltschaft erfolgten nicht.

Tatverdächtige in Untersuchungshaft

Auf dem Campingplatz in Lügde im Kreis Lippe waren über mehr als zehn Jahre mindestens 23 Kinder für Pornodrehs missbraucht worden. Drei Tatverdächtige sitzen in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen schweren sexuellen Missbrauch von Kindern vor. Aufgeflogen war der Fall erst durch einen Hinweis im November 2018.

Zwei der Verdächtigen aus Nordrhein-Westfalen im Alter von 56 und 33 Jahren sollen auf dem Campingplatz nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen die Kinder im Wechsel gefilmt und missbraucht haben. Dabei wurde das ebenfalls missbrauchte Pflegekind des Hauptbeschuldigten als Lockvogel für andere Kinder eingesetzt. Ein dritter Mann aus Stade in Niedersachsen soll als Auftraggeber aufgetreten sein. Der 46-Jährige war nach dem bisherigen Ermittlungsstand wohl selbst nie vor Ort in Lügde.

Neue Hinweise aus Bevölkerung

Nach der Pressekonferenz zu dem Fall am Mittwoch haben die Ermittler neue Hinweise aus der Bevölkerung bekommen. Eine neue Opferzahl gebe es aber nicht, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, bekräftigte seine Forderung nach einer Meldepflicht für Internet-Anbieter. «Wenn sie auf kinderpornografisches Material stoßen, sollte das dem Bundeskriminalamt gemeldet werden», sagte er dem «Westfalen-Blatt».

(af/dpa)

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