Bei einem nächtlichen Brand in einem Hostel in Neuseeland verlieren mehrere Menschen ihr Leben. Für jene, die unter dramatischen Umständen überlebt haben, ist nichts mehr, wie es vorher war. Bei der Suche nach der Ursache für das Feuer fällt ein Sicherheitsmangel ins Auge. Von möglicher Brandstiftung ist die Rede.

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Bei einem verheerenden Brand in einem Hostel in Neuseelands Hauptstadt Wellington sind mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen. 21 weitere Bewohner wurden nach Angaben der Feuerwehr verletzt. Das Feuer in dem dreistöckigen Gebäude war um kurz nach Mitternacht aus noch ungeklärter Ursache ausgebrochen. Mehrere Menschen wurden ins Krankenhaus gebracht, zwei seien in kritischem Zustand, hieß es.

Hohe Flammen und dicker Rauch waren über dem Dach der Loafers Lodge im Zentrum der Stadt zu sehen, als 80 Feuerwehrleute mit 20 Löschzügen in den frühen Morgenstunden gegen das Feuer ankämpften. Auf im Internet verbreiteten Videos war zu sehen, wie gewaltige Flammen vor allem in den oberen Stockwerken wüteten. Mit Hilfe einer Leiter rettete die Feuerwehr Menschen vom Dach, wie der Sprecher von Feuerwehr und Rettungskräften, Brendan Nally, mitteilte.

Verdacht auf Brandstiftung

Die Ursache für das Feuer war zunächst unklar. Es werde als "verdächtig" eingestuft, sagte der regionale Manager der Notdienste, Bruce Stubbs, mit Blick auf eine mögliche Brandstiftung. Die Polizei wies jedoch darauf hin, dass ihre Ermittler das Hotel noch nicht betreten konnten, um die Brandursachen zu untersuchen.

"Sie haben ziemlich viele Leute ganz oben vom Dach geholt, von einem Bereich direkt über dem Feuer", sagte Nally dem Sender Radio New Zealand. "Es gab keinen anderen Weg. Diese Leute wären gestorben, wenn unser Team nicht eingegriffen hätte." In dem Hostel gebe es keine Sprinkleranlage, und der Feueralarm sei nicht automatisch angegangen, fügte er hinzu. Einige Bewohner berichteten allerdings, dass der Rauchalarm ausgelöst worden sei. Doch sei dies in der Vergangenheit schon so oft geschehen, dass sie ihn ignoriert hätten. Andere Bewohner sagten, sie hätten keinen Alarm gehört.

Hemi Lewis: "Ich habe alles verloren"

Der Langzeitbewohner des Hostels, Hemi Lewis, berichtete Reportern, wie er auf allen Vieren aus seinem Zimmer und die drei Stockwerke bis zum Erdgeschossen herunter gekrochen war. "Überall war Rauch, ich konnte kaum atmen", sagte der 56-Jährige, der seit vier Monaten in der Loafers Lodge lebte. "Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll". sagte er weiter. "Ich habe alles verloren".

Da es aus Sicherheitsgründen zunächst unmöglich war, das Hostel zu betreten, sei die genaue Zahl der Opfer unklar, fügte Polizeisprecher Dion Bennett vor Journalisten hinzu. Die sechs Opfer seien lokalisiert, aber noch nicht geborgen worden. Erst wenn das Gebäude gesichert sei, werde dort in bisher nicht zugänglichen Teilen nach weiteren Toten gesucht. Im obersten Stock sei das Dach eingestürzt, dort liege alles in Trümmern, fügte er hinzu.

Die Feuerwehr spricht von einem "Flammeninferno"

Mehr als 50 Menschen seien aus dem brennenden Gebäude gerettet worden, berichtete der Sender Radio New Zealand unter Berufung auf die Behörden. Medien zitierten den örtlichen Leiter der Feuerwehr mit den Worten, das Flammeninferno sei "der schlimmste Alptraum" gewesen. "Viel schlimmer geht es nicht." Die Einsatzkräfte hätten unter dem Einsatz ihres Lebens versucht, möglichst viele Eingekesselte zu retten.

Die Loafers Lodge mit 92 Zimmern liegt in Newtown, einem Vorort von Wellington. Sie beherbergte viele Langzeit-Bewohner, darunter auch ältere Menschen, wie Überlebende erzählten. Ein Mann berichtete, er sei in Panik aus dem Fenster auf ein Dach gesprungen. "Es war furchteinflößend, aber ich wusste, dass ich springen musste, sonst wäre ich in dem Gebäude verbrannt."

Regierungschef Chris Hipkins ist schnell vor Ort

Ministerpräsident Chris Hipkins sagte: "Es ist eine absolute Tragödie und eine schreckliche Situation." Die Ursache für das Feuer sei derweil noch unklar. "Natürlich wird es im Laufe der Zeit eine Reihe von Untersuchungen darüber geben, was passiert ist und warum es passiert ist, aber im Moment muss der Fokus auf der Bewältigung der Situation liegen", betonte der Regierungschef. Ersten Angaben zufolge gab es in dem Hostel keine Sprinkleranlagen.

Wie viele Menschen sich zum Zeitpunkt des Brandes genau in dem Hostel aufhielten, ist unklar. Schätzungen gingen zunächst von 90 aus. "Wir müssen noch eine Liste aller Personen erstellen, die letzte Nacht hier waren, deshalb werden wir nicht darüber spekulieren, wie viele es waren", sagte Polizeisprecher Bennett.

Die Bürgermeisterin von Wellington, Tory Whanau, sagte, sie befürchte "viel mehr" als sechs Todesopfer. Es sei "absolut erschütternd". In dem Hostel hätten sowohl Langzeit- als auch Kurzzeitgäste gewohnt, darunter Menschen mit geringem Einkommen und solche, die sich nur "vorübergehend" in Neuseeland aufhielten. "Für uns in Wellington ist es ein dunkler Tag", sagte sie in einem Fernsehinterview. Die Identifizierung der Opfer sei schwierig und könne längere Zeit dauern, erklärte eine Gerichtsmedizinerin.

Ein Verletzter schwebt in Lebensgefahr

Sechs Menschen wurden nach Angaben des Gesundheitsnotdienstes mit Verletzungen in Krankenhäuser eingeliefert, einer von ihnen schwebte in Lebensgefahr. Weitere 15 Menschen wurden vor Ort medizinisch behandelt.

Ein Lokalpolitiker aus Wellington berichtete, dass einige "extrem traumatisierte Menschen", die das Feuer überlebt hätten, in Evakuierungszentren betreut würden. "Viele Leute haben dort alles verloren, was sie besaßen." (dpa/afp/hau)

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