Die Koalition treibt ihre Pläne zur begrenzten Legalisierung von Cannabis voran: Am Mittwoch soll nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) das Kabinett über eine Freigabe beraten. Ein Überblick über gesundheitliche Aspekte des Cannabis-Konsums:
Welche Wirkstoffe enthält Cannabis?
Eine Hanfpflanze enthält mehrere hundert chemische Verbindungen, darunter neben den so genannten Cannabinoiden auch Substanzen anderer Stoffgruppen wie Aminosäuren, Proteine, Zucker, Alkohole oder Fettsäuren. Die beiden wichtigsten Inhaltsstoffe von Cannabis sind Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Ihnen wird unter anderem eine schmerzlindernde, entzündungshemmende, appetitanregende, entspannende bis euphorisierende und krampflösende - dem THC vor allem die berauschende - Wirkung zugeschrieben.
Welche Gesundheitsrisiken birgt Cannabis?
Kritiker einer Legalisierung verweisen auf die Gefahr von Psychosen und anderen Schäden an Gesundheit und Psyche gerade für jüngere Menschen. Die Reifung des zentralen Nervensystems und des Gehirns sei mit 20 Jahren noch nicht abgeschlossen. Je früher, häufiger und intensiver Cannabis konsumiert werde, desto größer sei beispielsweise das Risiko gerade für vorbelastete Menschen, an einer Psychose und Schizophrenie zu erkranken. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) entwickeln rund zehn Prozent der regelmäßigen Cannabiskonsumenten eine psychische Störung.
Welche Folgen drohen noch?
Neben dem kurzfristig berauschenden Gefühl verringert Cannabis die Aufmerksamkeit und schränkt die Psychomotorik ein, also die durch psychische Vorgänge beeinflussten Bewegungen wie Gehen und Sprechen. Jugendliche, die Cannabis nehmen, haben Untersuchungen zufolge häufiger Schulprobleme und brechen ihre Ausbildung öfter ab. Daneben wird chronischer Cannabiskonsum mit einem erhöhten Risiko für körperliche Leiden wie Atemwegserkrankungen und Hodenkrebs in Verbindung gebracht.
Was sagen die internationalen Erfahrungen?
Das Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD), das in einer aktuellen Studie für das Bundesgesundheitsministerium Erfahrungen in anderen Ländern mit der Cannabis-Freigabe ausgewertet hat, sieht keine Hinweise auf einen kurzfristigen Anstieg psychotischer Diagnosen infolge der Legalisierung. Gleichwohl sei "eine geringe Zunahme an Notaufnahmen für akute und chronische, cannabisbezogene Probleme bei Erwachsenen" zu beobachten. Auch habe sich in vielen Regionen die Zahl der Verkehrsunfälle nach der Legalisierung leicht erhöht.
Was bedeutet das für den Schutz von Kindern und Jugendlichen?
Eine Legalisierung kann der ISD-Studie zufolge "zu einem unmittelbaren und deutlichen Anstieg von (unbeabsichtigten) Vergiftungs- und Rauschzuständen bei Kindern führen". Langfristig könnte die Normalisierung des Cannabiskonsums bei Erwachsenen auch bei Jugendlichen zu einem steigenden Konsum führen, weshalb die Experten eine restriktive Regulierung fordern. Es müsse gewährleistet werde, dass das Mindestalter von 18 Jahren eingehalten werde – anders als dies häufig bei Tabak und Alkohol der Fall sei.
Was hat es mit dem THC-Wert auf sich?
Der psychoaktiven Substanz Tetrahydrocannabinol wird der Hauptanteil der berauschenden Wirkung zugesprochen. Untersuchungen zufolge ist der THC-Wert in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Bei Cannabisharz, auch Haschisch genannt, verdreifachte sich der mittlere THC-Gehalt in etwa und bei Cannabisblüten verdoppelte er sich nahezu. Experten zufolge könnte damit auch eine Zunahme der Gesundheitsgefahren verbunden sein - was für Legalisierungsgegner ein weiteres Argument ist.
Im Gegenzug ist laut Medizinern der Universität Ulm in vielen hochgezüchteten Cannabissorten der Gehalt an Cannabidiol, dem eine entspannende bis angstlösende Wirkung nachgesagt wird, gesunken. Dieses Missverhältnis zwischen viel THC und wenig CBD sehen Experten als erhöhtes Risiko für Cannabis-Psychosen.
Was ist dran an verunreinigtem Cannbis auf dem Schwarzmarkt?
Das ist tatsächlich ein Problem. Der Deutsche Hanfverband, aber auch BKA und Zollkriminalamt warnen vor Cannabisprodukten mit synthetischen Cannabinoiden. Diese werden auf CBD-Hanf oder minderwertigen Cannabisblüten aufgetragen und sind laut Hanfverband bis zu hundertmal stärker als das in Cannabis enthaltene psychoaktive THC. Dadurch steige das Abhängigkeitspotenzial und die Gefahr einer Überdosierung. Zudem wird Gras mitunter mit allem Möglichen wie Sand, Haarspray, Talkum, Gewürzen, Glas oder Blei gestreckt. Eine Legalisierung und ein kontrollierter Markt könnte laut der ISD-Studie die Zahl der Vergiftungsfälle durch synthetische Cannabinoide verringern. © AFP
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