Erstmals ist in den USA ein Elternteil für tödliche Schüsse eines Jugendlichen verurteilt worden. Jennifer C. drohen bis zu 15 Jahre Haft. Ihr Sohn - der Todesschütze - hatte sich bereits schuldig bekannt.
Die Mutter eines Teenagers, der 2021 vier Schüler an einer Schule im US-Bundesstaat Michigan erschoss, ist wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden. Ein Geschworenengericht in der Stadt Pontiac befand Jennifer C. in allen vier Anklagepunkten für schuldig.
Über das Strafmaß soll am 9. April entschieden werden, der 45-Jährigen drohen bis zu 15 Jahre Haft. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge ist es das erste Mal, dass in den USA ein Elternteil eines Todesschützen aufgrund persönlicher Verantwortung für solch ein Verbrechen verurteilt worden ist.
Tatwaffe war Geschenk für damals 15-jährigen Sohn
Die Frau wurde am Dienstag der fahrlässigen Tötung in vier Fällen für schuldig befunden, wie unter anderem der Sender CNN und die "New York Times" aus dem Gerichtssaal in Pontiac berichteten.
Auch C.s Mann James muss sich in dem Fall vor Gericht verantworten - sein Fall wird jedoch getrennt verhandelt. Er soll sich im März vor Gericht verantworten.
Gegen die Eltern des heute 17-Jährigen waren nach der Tat schwere Vorwürfe erhoben worden, weil sie die Tatwaffe gekauft und ihrem minderjährigen Sohn Zugang dazu gewährt hatten. Die Waffe war demnach ein Geschenk für den damals 15 Jahre alten Ethan C. Sie sollen außerdem Warnungen aus dem schulischen Umfeld des Jungen ignoriert haben, dass dieser gewalttätig werden könnte.
Die 45-jährige Mutter plädierte in dem Verfahren auf "nicht schuldig". Der Sohn hatte sich in allen 24 Anklagepunkten schuldig bekannt. Im vergangenen Jahr war er zu einer lebenslangen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Im Prozess gegen seine Mutter sagte er nicht aus.
In ihrem Schlussplädoyer sagte Staatsanwältin Karen McDonald, Ethans Mutter habe es versäumt, "die übliche Sorgfalt walten zu lassen". "Sie hätte die Munition wegschließen können. Sie hätte die Waffe wegschließen können", betonte McDonald. Verteidigerin Shannon Smith argumentierte dagegen, dass ihre Mandantin nicht für die Taten ihres Sohnes verantwortlich gemacht werden könne. Niemand habe diese vorhersehen können, sagte sie.
Ethan C. tötete im November 2021 vier Mitschüler
Der Teenager hatte im November 2021 an seiner Schule in der nördlich von Detroit gelegenen Kleinstadt Oxford mit einer Pistole der Marke Sig Sauer das Feuer eröffnet. Er tötete vier Mitschüler und verletzte sechs weitere Schüler sowie einen Lehrer. Die Todesopfer an der Oxford High School waren zwischen 14 und 17 Jahre alt. Im vergangenen Dezember war er dafür zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Die Eltern waren am Tag der Tat zu der Schule gerufen worden, weil Zeichnungen des damals 15-Jährigen mit Gewaltfantasien gefunden worden waren. Sie sollen abgelehnt haben, ihren Sohn mit nach Hause zu nehmen - und auch nicht überprüft haben, ob der Teenager die Waffe bei sich hatte. Kurze Zeit später hatte der Jugendliche das tödliche Feuer eröffnet.
Während des Prozesses erklärte Jennifer C., ihr Mann habe dem Sohn die Waffe gekauft. Sie habe nie Grund zu der Annahme gehabt, dass der Teenager zu einer derartigen Gewalttat fähig sei, betonte sie. "Ich wünschte, er hätte uns stattdessen getötet."
Fall Ethan C. rückt Frage nach der Verantwortung der Eltern in den Mittelpunkt
Der Fall hat die Frage nach der Verantwortung von Eltern für die Handlungen ihrer Kinder einmal mehr in den Fokus gerückt. Eine Anklage und Verurteilung der Eltern bei solchen Gewalttaten durch Minderjährige in Schulen ist eher selten.
Zwar wurden Elternteile in der Vergangenheit mitunter für fahrlässiges Verhalten zur Verantwortung gezogen, in diesem Fall aber wurde offenbar zum ersten Mal ein Elternteil eines minderjährigen Schützen der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen. Die zwölfköpfige Geschworenenjury hatte den Berichten zufolge mehr als zehn Stunden über ihr Urteil beraten.
In den Vereinigten Staaten kommt es immer wieder zu tödlichen Schüssen an Schulen und Universitäten. Das Waffenrecht in den USA ist je nach Bundesstaat unterschiedlich, aber Schusswaffen wie Pistolen und Sturmgewehre sind meist verhältnismäßig leicht zu bekommen.
Strengere Waffengesetze scheitern in der Regel an den Republikanern im Kongress und an der mächtigen Waffenlobby. US-Präsident Joe Biden hat Maßnahmen zur Eindämmung von Waffengewalt in Aussicht gestellt, bislang aber ohne konkrete Ergebnisse. (AFP/dpa/ank)
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