Eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung sieht einen drastischen Mangel an Grundschullehrern in Deutschland voraus. Mindestens 26.300 Lehrer würden demnach zusätzlich benötigt. Die Kultusminister der Länder betonen, dass man bereits gegen den Lehrermangel ankämpfe. Für die Gewerkschaft GEW reicht das nicht.
Bis zum Jahr 2025 werden Prognosen der Bertelsmann-Stiftung zufolge mindestens 26.300 Lehrer an Grundschulen fehlen. Damit sei die Lage noch dramatischer, als von der Kultusministerkonferenz (KMK) erwartet, heißt es in einer am Montag vorgelegten Studie der Stiftung.
Die KMK hatte im vergangenen Oktober einen Mangel von 15.300 Grundschullehrern im Jahr 2025 errechnet.
Studie ist ein "Weckruf"
Die Studie der Bertelsmann-Stiftung bezieht sich auf die Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamts aus dem vergangenen Juni. Sie geht für das Jahr 2025 von 3,254 Millionen bis 3,323 Millionen Kindern zwischen 6 und 10 Jahren aus.
Die Experten der Bertelsmann-Studie orientierten sich nach eigenen Angaben an der fast niedrigsten Variante - und kamen dabei bereits auf ein Plus von 168.000 Kindern zur Zahlenbasis der Kultusministerkonferenz.
Die Folge, so die Studien-Macher: Für 2025 müssten noch mal 11.000 Lehrer mehr eingestellt werden, als von der KMK ermittelt. So komme man auf die Zahl von 26.300 fehlenden Grundschullehrern.
Die Bertelsmann-Stiftung hatte im Januar 2018 bereits eine Studie mit ähnlichen Zahlen veröffentlicht, die allerdings auf einer älteren Bevölkerungsprognose aufbaute.
Auch wenn die Größenordnung von damals durch die neue Auswertung weitgehend bestätigt werde, sei man von der "Dynamik doch überrascht worden", sagte Mit-Autor Dirk Zorn.
Die neue Studie sei "ein Weckruf", denn die Kinder, die im Jahr 2025 in der Grundschule lernen werden, seien schon alle auf der Welt.
Lehrermangel ist "Herkules-Aufgabe"
Eine "Herkules-Aufgabe" nannte Stiftungsvorstand Jörg Dräger die Bewältigung des Lehrermangels. Bei steigenden Schülerzahlen dauere es gleichzeitig "noch etliche Jahre", bis die zusätzlich eingerichteten Studienplätze für das Lehramt an Grundschulen auch mehr Absolventen hervorbrächten.
Die Stiftung plädiere daher für schnelle Lösungen. So solle man zum Beispiel Quereinsteiger mit Fachstudium aber ohne Lehramtsabschluss einstellen oder angehende Ruheständler ermuntern, länger zu unterrichten.
Eben dies geschehe bereits in den Ländern, sagte der Präsident der Kultusministerkonferenz, Alexander Lorz, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Zudem liefen verschiedene Maßnahmen zur Steigerung der Zahl der Lehramtsstudierenden und der Attraktivität des Berufs, so Lorz, der Kultusminister in Hessen ist.
"Dass der Bedarf an Grundschullehrern größer ist als zunächst angenommen, zeigen auch unsere aktuellen Zahlen, dies ist also nichts Neues", betonte Lorz.
Mehr Studienplätze gefordert
Grund sei neben steigenden Geburtenzahlen vor allem die Zuwanderung nach Deutschland. "Es muss auch berücksichtigt werden, dass die Ausbildung zum Lehrer fünf bis sieben Jahre dauert.
Wenn es also heute einen Mangel an Mathematiklehrern gibt, dauert es bis zu sieben Jahren bis zusätzliche neue Lehrer nachkommen", erklärte der Minister. Die Lage in den einzelnen Ländern stelle sich aber sehr unterschiedlich dar: "Es ist nicht so, dass in ganz Deutschland voll ausgebildete Lehrkräfte flächendeckend zu tausenden fehlen."
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte mit Blick auf die Studie erneut, den Numerus clausus (NC) für das Lehramt an Grundschulen abzuschaffen sowie die Zahl der Studien- und Lehramtsanwärterplätze auszubauen.
"Es ist eine Schande, dass junge Menschen, die sich für den wichtigen Beruf der Grundschullehrerin oder des Grundschullehrers entschieden haben, keinen Studienplatz bekommen", sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. (dpa/thp)
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