Vor einer ernsthaften Bedrohung der Demokratie durch nachlassendes Engagement der Politik für die Pressefreiheit hat der Nordwestdeutsche Zeitungsverlegerverband gewarnt.
Die Demokratie werde von vielen verschiedenen Seiten angegriffen, sagte der Vorsitzende des Verbandes Nordwestdeutscher Zeitungsverlage und Digitalpublisher (VNZV), Jochen Anderweit, am Donnerstag bei der Jahreshauptversammlung des Verbandes in Celle. "Uns allen bekannt sind die unzähligen Fake News, die sich vor allem in den sogenannten sozialen Medien rasend verbreiten", sagte Anderweit.
Gefährlich seien vor allem die nicht so leicht zu enttarnenden Fake News, so der VNZV-Vorsitzende. "Sie stammen häufig von mächtigen Einrichtungen oder Staaten, die gezielt die Meinung der Bevölkerung manipulieren wollen. Es ist bekannt, dass Russland erheblichen Aufwand betreibt, um zum Beispiel die Europawahl zu seinen Gunsten zu beeinflussen."
Um solchen demokratiefeindlichen Bestrebungen entgegenzuwirken, hätten die Gründungsväter der Bundesrepublik die Freiheit für den Journalismus als vierte Gewalt in Artikel 5 des Grundgesetzes festgeschrieben, sagte Anderweit.
Basis für einen guten Journalismus bleibe aber wirtschaftlicher Erfolg. "Ohne diesen wirtschaftlichen Erfolg können wir nicht als unabhängige privatwirtschaftliche Medienhäuser, die durch guten Journalismus unsere Demokratie beschützen, bestehen", sagte Anderweit. Bei Treffen mit Politikern versuche er immer darzulegen, wie wichtig die vielfältige Presselandschaft für die Demokratie sei.
Die Politiker gäben zwar alle zu, dass eine freie Presse wichtig für die Demokratie sei und die Bedingungen für den Erhalt der Presselandschaft immer schlechter würden. Wenn er aber nachfrage, was die Politiker zu tun gedenken, damit die freie Presse erhalten bleibe, damit auch die kleinen Verleger überleben könnten und es nicht zu einer weiteren Konzentration am Markt komme, dann komme nichts, stellte Anderweit fest. "Man könnte die Politik der unterlassenen Hilfeleistung bezichtigen. Ich sag mal: Das ist aktive Sterbehilfe!"
Anderweit kritisierte gleichzeitig die Presseähnlichkeit der öffentlich-rechtlichen Internetangebote und die Förderung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie gemeinnützigen Journalismus durch die Politik. "Wenn sich die Einstellung vieler Politikerinnen und Politiker zu unserer Branche nicht grundlegend verbessert, werden wir es tatsächlich mit aktiver Sterbehilfe zu tun bekommen."
Der Verband Nordwestdeutscher Zeitungsverlage und Digitalpublisher (VNZV) vertritt aktuell 42 Zeitungstitel und 3 Digitalpublisher in Niedersachsen. Die Tageszeitungen hatten im IV. Quartal 2023 nach Verbandsangaben zusammen eine verkaufte Auflage von 626 381 Exemplaren. Die verkaufte Auflage aller in Niedersachsen erscheinenden Tageszeitungen umfasste im gleichen Zeitraum 1 002 686 Exemplare. © dpa
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