Vor wenigen Tagen hat der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder von Walter Lübcke begonnen. In einem polizeilichen Vernehmungsvideo hat Stephan Ernst erklärt, warum er auf Lübcke aufmerksam geworden war.

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Seit Dienstag wird der Mord an Walter Lübcke vor Gericht aufgearbeitet. Der Fall sorgt für Aufsehen, da der Kasseler Regierungspräsident mutmaßlich aus einem rechtsextremistischen Motiv erschossen wurde.

In einem polizeilichen Vernehmungsvideo hat der mutmaßliche Mörder von Walter Lübcke geschildert, warum der nordhessische Regierungspräsident in seinen Fokus geraten war. In dem Video, das am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht Frankfurt als Beweismittel gezeigt wurde, ging es auch um eine Bürgerversammlung im Oktober 2015 im nordhessischen Lohfelden, bei der Lübcke die Aufnahme von Flüchtlingen verteidigte.

Als Reaktion auf Schmährufe aus dem Publikum sagte Lübcke damals: "Da muss man für Werte eintreten, und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist, das ist die Freiheit eines jeden Deutschen."

Ernst: "In diesem Moment war er bei mir auf dem Schirm"

Den Vernehmungsbeamten schilderte der Angeklagte Stephan Ernst diesen Moment, den der Mitangeklagte Markus H. per Handyvideo dokumentiert und ins Internet gestellt hatte. "Ich war so baff, ich war fassungslos... In diesem Moment war er bei mir auf dem Schirm", sagte Ernst über Lübcke. "Es stand im Raum, dass man etwas machen muss." Gespräche mit Kollegen hätten bei ihm den Eindruck verfestigt, Lübcke sei "ein übler Kerl". "Da hat sich was aufgebaut, das hat mich nicht mehr losgelassen."

Die Kölner Silvesternacht 2015/2016, in der es zu zahlreichen sexuellen Übergriffen auf Frauen kam, sowie der islamistisch motivierte Lastwagenanschlag von Nizza im Juni 2016 mit Dutzenden Toten bezeichnete Ernst in der Vernehmung als "Schlüsselerlebnisse". Immer wieder habe er sich Videos dazu angesehen. "Ich denke, spätestens da, spätestens seit dem Anschlag von Nizza, habe ich den Entschluss gefasst, dem Herrn Lübcke was anzutun."

Ernst fuhr mehrmals zu Lübckes Haus

Mehrfach vor der Tat sei er, teils mit Waffe, zu Lübckes Wohnhaus in dem kleinen nordhessischen Ort gefahren. Schon im Jahr 2017 habe er daran gedacht, Lübcke während der Kirmes zu töten. 2018 habe er im Dunkeln mit einer Waffe im Garten gesessen und Lübcke auf der Terrasse gesehen, aber nichts gemacht.

Ernst hat das Geständnis, das er am 25. Juni 2019 kurz nach seiner Festnahme abgelegt hatte und das per Video dokumentiert worden war, später widerrufen. Lübcke wurde Anfang Juni 2019 per Kopfschuss getötet. (dpa/lh)

Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen: Prozessauftakt im Mordfall Lübcke

Der Mord am nordhessischen Regierungspräsidenten Walter Lübcke hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Nun steht sein mutmaßlicher Mörder vor Gericht. Auch die Begleitumstände des Prozesses sind äußerst ungewöhnlich.
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