- Gutes Mineralwasser muss nicht teuer sein, sagt die Stiftung Warentest.
- Aber muss es überhaupt Mineralwasser sein? Oder reicht auch das Wasser aus dem Wasserhahn?
Warum heißt Mineralwasser überhaupt Mineralwasser?
Mineralwässer haben oft eine höhere Mineralisation als Wasser aus dem Wasserhahn. Das liegt daran, dass sie meist aus tieferen Gesteinsschichten geschöpft werden und daher mit Magnesium, Calcium und anderen Mineralien versetzt sind.
Dass dem so ist, wird auch geprüft. "Ein Mineralwasser muss amtlich anerkannt werden, wofür wissenschaftliche Gutachten zu erbringen sind", erklärt Martin Elsner. Er ist Professor am Lehrstuhl für Analytische Chemie und Wasserchemie der TU München.
Bei der Prüfung wird ganz genau hingeschaut: "Die mineralischen Inhaltsstoffe des Wassers müssen mit dem Gestein übereinstimmen, aus dem das Wasser entnommen wurde, und dürfen nicht künstlich hinzugefügt werden", sagt Elsner.
Wie gesund sind die Mineralien in Mineralwasser?
Hier stellen sich dem Verbraucher und der Verbraucherin möglicherweise zwei Fragen: Gibt es in Leitungswasser überhaupt keine Mineralien? Und bringt es wirklich so viel, Mineralien durch trinken aufzunehmen?
Zu Frage eins: Das Kompetenzzentrum Mineral- und Heilwasser (KMH) aus Hannover ist in einer Pilotstudie der Frage nachgegangen, ob Trinkwasser aus der Leitung aus ernährungsphysiologischer Sicht als gleichwertige Alternative zu Mineral- und Heilwasser angesehen werden kann. Dem ist offenbar nicht so: Leitungswasser liefert laut KMH keinen relevanten Beitrag zur Mineralstoffversorgung.
Selbst bei hohen Wasserhärtegraden sei vergleichsweise wenig Calcium und Magnesium im Trinkwasser, heißt es in der Studie. Allerdings wurden die Wasserproben für die KMH-Studie rings um Hannover genommen - also in einer Region, die nicht gerade für ihre bergige Landschaft bekannt ist. In felsigen Gebieten könnten die Messwerte schon ganz anders ausfallen.
"Wenn Trinkwasser aus dem gleichen Grundwasserleiter gewonnen ist, könnte es - je nach geologischer Formation - die gleiche Zusammensetzung an mineralischen Inhaltsstoffen haben wie ein Mineralwasser, nur dass es nicht das Prädikatssiegel trägt", sagt TU-Professor Elsner. Bewohnerinnen und Bewohnern solcher Regionen empfiehlt der Wissenschaftler, bei den jeweiligen Trinkwasserversorgern aus der Region die genaue Zusammensetzung des Wassers zu erfragen und mit typischen Mineralwässern zu vergleichen.
Hierzu passt auch eine Studie der Stiftung Warentest: Die Tester haben in 20 Städten in Deutschland das Leitungswasser untersucht. Das Ergebnis: In 5 von 20 Wässern waren mehr als 500 Milligramm Mineralien pro Liter enthalten. Das entspricht bei Mineralwässern einem mittleren Mineralstoffgehalt. Viele Mineralwässer haben bedeutend niedrigere Werte vorzuweisen - und werden dennoch als Mineralwasser verkauft.
Mineralien über Getränke aufnehmen - funktioniert das gut?
Nun zur zweiten Frage: Lohnt es sich überhaupt, Mineralien aus Wasser zu sich zu nehmen?
Das KMH aus Hannover kommt in einer Studie aus dem Jahr 2019 zum Ergebnis, dass Calcium und Magnesium aus Mineralwasser in gleichem Maße aufgenommen werden wie beispielsweise aus Milch oder Vollkornbrot. Unterschiedliche Gehalte anderer Mineralstoffe der Mineralwässer hätten dabei keinen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von Calcium und Magnesium.
"Mineralwasser stellt damit eine kalorienfreie Alternative für die Zufuhr von Calcium und Magnesium über die Ernährung dar", erklärt das Forschungsteam um Professor Andreas Hahn aus Hannover.
Woher kommen die Mineralien in der Ernährung, wenn nicht aus dem Wasser?
Grundsätzlich deckt der Mensch seinen Mineralstoffbedarf in der Hauptsache durch feste Lebensmittel. "Mineralwasser kann die Zufuhr ergänzen", sagt Birgit Brendel, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen.
Beispielsweise brauchen Erwachsene täglich 1.000 Milligramm (mg) Calcium. "Mineralwässer haben sehr unterschiedliche Calciumgehalte. Diese können in einigen Fällen durchaus über 600 mg Calcium pro Liter liegen", erläutert Brendel. "Allerdings ist die Frage, ob man solche Mineralwässer im örtlichen Supermarkt überhaupt kaufen kann."
Die Ernährungsexpertin empfiehlt Mineralwasser für Menschen, die keine Milchprodukte essen können. Der Calciumgehalt sollte dann aber über 150 mg pro Liter liegen. Sonst könne der Calcium-Bedarf problemlos über Milchprodukte, Brot und Gemüse gedeckt werden, sagt Birgit Brendel. Sie rechnet vor:
- 1 Portion Schnittkäse (30 g) = 240 mg Calcium
- 1 Becher Joghurt (150 g) = 180 mg Calcium
- 1 Portion Brokkoli (200 g) = 170 mg Calcium
- 4 Scheiben Vollkornbrot (gesamt 200 g) = 330 mg Calcium
- Macht in Summe: 920 mg Calcium
"Natriumarm" und "für Säuglinge geeignet": Worauf ist bei Mineralwasser sonst zu achten?
Gesetzlich vorgegeben ist nicht nur, dass die Mineralienzusammensetzung eines Wassers mit jener der Quelle übereinstimmen muss. Eine weitere Vorgabe ist, dass der Gehalt an Salzen einer gesunden Ernährung zuträglich sein muss.
Die Werte der enthaltenen Salze - also Natrium - müssen genau ausgewiesen werden. Damit könnten Menschen, die natriumarm essen sollen, gezielt "natriumarme" Mineralwässer wählen, sagt Birgit Brendel und nennt einen Wert von unter 20 Mikrogramm (µg) Natrium pro Liter.
Und was ist mit Babys? Leitungswasser ist hierzulande in der Regel zur Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet. Ausnahmen stellt Trinkwasser aus Bleileitungen, aus Neuinstallationen von ungeschützten Kupferrohren oder Trinkwasser mit Uranwerten von über 10 μg pro Liter dar.
In diesen Fällen seien Mineralwässer mit dem Hinweis "Für die Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet" sinnvoll, sagt Birgit Brendel: "Diese Wässer müssen bestimmte Qualitätsanforderungen, konkret niedrigere Grenzwerte, entsprechend der Mineral- und Tafelwasser-Verordnung einhalten."
Die Stiftung Warentest hat in diesem Jahr 32 Mineralwässer in Deutschland auf ihre Qualität getestet. Bei der mikrobiologischen Untersuchung waren alle Mineralwässer einwandfrei. Vorn lagen vor allem günstige Marken. Knapp die Hälfte der empfehlenswerten Wässer sind Eigenmarken der Handelsketten. Schlechter schlossen vergleichsweise teure Edelmarken und Wässer mit Bio-Siegel ab.
Wie gut ist Leitungswasser denn nun?
Auch die Qualität von Leitungswasser wird ständig überwacht. Es kann fast immer und überall in Deutschland getrunken werden. Zu diesem Schluss kommt auch eine Untersuchung des Umweltbundesamtes: Leitungswasser erfüllt demnach fast durchgehend die Anforderungen der Trinkwasserverordnung, sodass ein lebenslanger Konsum unbedenklich ist.
In sehr seltenen Fällen können in der Trinkwasserversorgung Störfälle auftreten, beispielsweise durch Bakterien, die sich theoretisch innerhalb des Leitungssystems vermehren könnten, sagt Aki Sebastian Ruhl, Fachgebietsleiter im Umweltbundesamt. "Wenn es zu einem Störfall kommt, werden die Verbraucher unverzüglich informiert und es wird beispielsweise ein Abkochgebot ausgesprochen."
Was in jedem Fall stimmt: Leitungswasser ist ökologischer. Laut Stiftung Warentest erzeugt es weniger als ein Prozent der Umweltbelastungen von Flaschenwasser. Es fließt direkt aus dem Wasserhahn, braucht keine Verpackung und muss auch nicht von weit her angeliefert werden. Wer dennoch auf Mineralwasser schwört, für den hat die Stiftung Warentest eine Datenbank zusammengestellt, bei der man seinen Wohnort eingeben kann, um Mineralwasser-Produzenten aus der näheren Umgebung angezeigt zu bekommen.
Über die Experten:
Prof. Dr. Martin Elsner vom Lehrstuhl für Analytische Chemie und Wasserchemie an der TU München entwickelt analytische Methoden, um (bio-)chemische Prozesse in komplexen Systemen zu erforschen.
Dr. Birgit Brendel ist Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Sachsen.
Verwendete Quellen:
- Studie des Kompetenzzentrums Mineral- und Heilwasser Hannover (KMH): Trinkwasser liefert kaum Mineralstoffe
- Studie des KMH: Bioverfügbarkeit von Calcium und Magnesium aus Mineralwasser
- Stiftung Warentest: Trinkwasser aus 20 Orten: Die Qualität stimmt
- Stiftung Warentest: Einige Biowässer und Edelmarken enttäuschen
- Stiftung Warentest: Quellenfinder: Wo kommt das Wasser her?
- Stiftung Warentest: Die letzten Meter zählen
- YouTube.com: FormelFroböse - Trinken | Leitungswasser vs. Mineralwasser
- Quellenfinder mit Mineralwässer aus der Region der Stiftung Warentest
- Der Spiegel: Der Professor und das "gute" Wasser
- Umweltbundesamt: Bericht des Bundesministeriums für Gesundheit und des Umweltbundesamtes an die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasser) in Deutschland (2017-2019) (PDF)
- Laborleiter Robert Zehrtner vom Trinkwasserversorger Südsachsen-Wasser
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