In vielen Lebensmitteln, aber auch anderen Produkten wie Kosmetik steckt Schellack. Der Zusatzstoff wird aus Ausscheidungen von Lack-Schildläusen gewonnen. Kann das der Gesundheit schaden und worauf sollten Vegetarier und Veganer beim Einkauf achten?
Ein glänzender Apfel, eine schimmernde Schokopraline, leuchtender Nagellack. An sich haben diese Produkte nichts gemeinsam – doch häufig vereint sie eine bestimmte Zutat. In einigen Lebensmitteln und anderen Produkten stecken nämlich Läuseerzeugnisse, genannt Schellack. Gekennzeichnet wird die geruchs- und geschmacklose Zutat als E904.
Die Vorstellung, Ausscheidungen von Läusen zu verspeisen, schreckt manche Verbraucherinnen und Verbraucher ab. Einige Produzenten verzichten daher mittlerweile auf Schellack - besonders, nachdem der Zusatzstoff immer wieder in Verruf geraten ist. Unter anderem teilte Ferrero mit, "Kinder"-Schoko-Bons mittlerweile ohne besagte Zutat zu produzieren.
Andere Lebensmittelproduzenten setzen allerdings weiterhin auf Schellack. Und auch in anderen Branchen ist die Zutat nicht wegzudenken. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist Schellack und wie wird er gewonnen?
Schellack wird vor allem in Südamerika und Asien über weibliche Lack-Schildläuse gewonnen. Sie saugen sich mit dem Pflanzensaft von Bäumen voll. Dieser Saft verändert sich im Inneren der Läuse chemisch so, dass diese danach ein natürliches Harz ausscheiden. Das soll eigentlich ihre Brut schützen: Die Schicht dient dem Schutz der Eier und dem jungen Nachwuchs.
Um Schellack zu gewinnen, werden diese Ausscheidungen von Bäumen geerntet. Im Anschluss werden sie erhitzt, gereinigt und gebleicht. Das Harz lässt sich im Anschluss formen, es eignet sich als Überzugs-, Klebe- und Bindemittel.
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Wofür wird Schellack verwendet?
In der Lebensmittelindustrie soll Schellack die Produkte schmackhafter erscheinen lassen. Ausgehärtet bildet er feste, glatte Überzüge. "Das lässt zum Beispiel Kaugummi- oder Schokoladendragees appetitlich glänzen und verhindert, dass sie verkleben", sagt Andrea Danitschek von der Verbraucherzentrale Bayern. Bei Schokolade verhindert der Lackbezug, dass sie in der Hand schnell schmilzt. Dasselbe gilt bei Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln: Durch die Schellackschicht lösen sie sich nicht gleich im Mund auf, sondern erst etwas später.
Auch Äpfel, Birnen, Nüsse oder Kaffeebohnen werden häufig mit einer Schellackschicht überzogen. Bei Obst, dessen Schale man nicht mitessen sollte, kommt das sogenannte Coating zum Einsatz. In Kombination mit Bienenwachs (E901) werden unter anderem Mandarinen, Orangen oder Avocados umhüllt. Coating hat neben dem schimmernden Effekt einen weiteren Nutzen: Obst und Gemüse ist geschützt, ganz ohne Kunststoffverpackung, und es bleibt länger frisch.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gibt allerdings zu bedenken, dass manche Obst- und Gemüsesorten wegen ihrer Schale gar keine Hülle oder Verpackung benötigten. Zudem könnten die Lebensmittel Verbraucherinnen und Verbraucher täuschen, da sie durch die Lackschicht "frischer erscheinen, als sie eigentlich sind".
Schellack findet sich nicht nur in und auf Lebensmitteln. Manchen dürften Schellackschallplatten etwa noch ein Begriff sein, die danach von Vinylplatten abgelöst wurden. Häufig kommt E904 unter anderem auch in Möbelpolitur, Haarsprays, Farben und Lacken vor. Seit einigen Jahren ist "Shellac" sehr beliebt, ein Nagellack, der unter einer UV-Lampe gehärtet wird. Er hält im Gegensatz zu herkömmlichem Lack bis zu vier Wochen.
Ist Schellack schädlich für die Gesundheit?
Schellack kommt schon seit Jahrzehnten in der Lebensmittelindustrie zum Einsatz. Er gilt als gesundheitlich unbedenklich. Deshalb dürfe er auch ohne Einschränkungen in Lebensmitteln verwendet werden, sagt Ernährungsberaterin Sabine Schütze-Kurth vom SWR. Das Rohschellack werde in verschiedenen Schritten gereinigt, bis es Lebensmittelqualität habe.
Wie erkennen Vegetarier und Veganer, ob Schellack in Lebensmitteln steckt?
Schellack muss als Zusatzstoff im Zutatenverzeichnis stehen, etwa bei Schokolade oder Kaffeebohnen. Das kann folgendermaßen aussehen:
- Trennmittel/Überzugsmittel: Schellack
- Trennmittel/Überzugsmittel: E904
Obst und Gemüse, das mit einer Schellackschicht überzogen ist, muss ebenfalls gekennzeichnet werden. Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen die Hülle an der Angabe "gewachst". Das gilt auch für andere Zusatzstoffe (E445, 471, 473, 474, 901-905 und 914), mit denen Oberflächen behandelt werden. "Eine weitere Möglichkeit der Kennzeichnung für Händler ist, die Bezeichnung der Klasse des Lebensmittelzusatzstoffes inklusive mit dem Namen des Zusatzstoffes oder der E-Nummer anzugeben", berichtet die Verbraucherzentrale.
Daniela Krehl, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Bayern, betont gegenüber dem BR: "Schellack ist eindeutig vegetarisch, aber nicht vegan - denn das würde bedeuten, dass keine Tiere bei der Produktion 'im Einsatz' sind." Es handle sich bei Schellack um die Ausscheidungen der Lack-Schildläuse. "So wie beim Honig."
Anders sehen das die Tierschützer von Peta. Es lande nicht nur das Harz in der Produktion, "sondern mit ihm auch jede Menge lebender Läuse". Das Harz werde zusammen mit Rindenstücken und übrig gebliebenen Läusen vom Baum entfernt und verarbeitet. Demnach sei die Zutat nicht nur für Veganer, sondern auch für Vegetarier ungeeignet.
Verwendete Quellen
- Verbraucherzentrale Bayern: "Was ist Schellack?"
- Verbraucherzentrale NRW: "Coating als Schutzschicht für Obst und Gemüse"
- verbraucherzentrale.de: "So erkennen Sie vegetarische und vegane Lebensmittel"
- lebensmittelklarheit.de: "Müssen auch geringe Mengen von Insekten in Lebensmitteln gekennzeichnet werden?"
- peta.de: "Was das Überzugsmittel Schellack mit gekochten Läusen zu tun hat"
- br.de: "Was ist Schellack im Essen?"
- swr.de: "Schellack auf Lebensmitteln - eine Gefahr?"
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