- Bonusprogramme wie Payback und Deutschlandcard locken mit Rabatten und Prämien.
- Doch der Preis, den Kunden dafür zahlen, ist höher, als die meisten annehmen.
- Was mit den gesammelten Daten der Nutzer geschieht und warum Sie teilweise mehr Geld ausgeben als ohne Bonuskarte.
"Sammeln Sie Bonuspunkte?" Diesen Satz hören Konsumenten oft beim Einkaufen. Anbieter wie Payback oder Deutschlandcard locken mit Prämien und Rabatten. Doch diese Vergünstigungen haben ihren Preis. Wie viel erfahren die Unternehmen über die Nutzer der Bonusprogramme - und was passiert mit den Daten?
Anonyme Kundenbindungsprogramme sind selten geworden, obwohl sie nachweislich die Treue der Verbraucher zu bestimmten Anbietern stärken. Manche Bäckereien und Cafés bieten noch die Heftchen an, in die bei jedem Kauf eines Produkts ein Stempel oder Bonussticker gesetzt wird. Nach einer bestimmten Anzahl gibt es ein Brot oder einen Kaffee gratis.
Einen ganz anderen Ansatz verfolgen dagegen Bonusprogramme wie Payback und Deutschlandcard. Hier geht es weniger um die Bindung zu einem einzelnen Händler, sondern vielmehr darum, möglichst detaillierte Informationen über die Kunden zu sammeln und diese dazu zu nutzen, sie zu mehr Käufen anzuregen.
Payback und Co.: Kunden geben sensiblere Daten preis als sie denken
Die Nutzer schließen bei der Anmeldung einen Vertrag mit dem Anbieter des Bonusprogramms. Um Punkte zu sammeln, legen sie bei den Partnerunternehmen ihre Karte an der Kasse vor oder geben bei Onlinekäufen ihre Kundennummer an. Weil die Anbieter mit vielen Partnern kooperieren, können sie umfangreiche Daten über die Nutzer sammeln.
"Man gibt Informationen über alle Lebensbereiche hinweg preis", sagt die Landesdatenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Marit Hansen. Die Algorithmen der Anbieter sind so gründlich, dass sie durch das Einkaufsverhalten beispielsweise Rückschlüsse über die Größe und Zusammensetzung des Haushalts, die Kaufkraft, den Beruf oder auch den Gesundheitszustand der Nutzer ziehen können.
"Ich kenne Leute, die ihre Bonuskarte nicht vorlegen, wenn sie ungesunde Sachen wie Zigaretten kaufen, weil sie befürchten, dass dann Informationen in ihr Profil kommen, die ihnen möglicherweise auch schlechtere Konditionen beispielsweise für eine Versicherung einbringen können", so Hansen.
Discounter verrät Schwangerschaft von minderjährigem Mädchen
Vor einigen Jahren machte ein Fall in Großbritannien Schlagzeilen, bei dem der Discounter "Target" berechnete, dass ein 16-jähriges Mädchen schwanger war, lange bevor sie anfing, offensichtliche Einkäufe wie die von Windeln und Lätzchen zu tätigen.
Das Unternehmen schickte ihr daraufhin Rabattcoupons für Baby-Produkte. Ihr Vater, der bis zu dem Zeitpunkt nichts von der Schwangerschaft seiner Tochter wusste, beschwerte sich bei dem Händler darüber, dass er einem Teenager, der noch nicht einmal die Schule beendet hat, derlei Werbung zukommen lässt. Nach einem Gespräch mit seiner Tochter erfuhr er schließlich, dass Target richtig lag.
Durch seine immense Datensammlung hatte der Händler Verhaltensmuster erkannt, denen zufolge Frauen beispielsweise ab einer bestimmten Schwangerschaftswoche vermehrt parfümfreie Lotionen und in einem anderen Stadium der Schwangerschaft bestimmte Nahrungsergänzungsmittel kaufen. Durch das Zusammenführen mehrerer solcher Indizien können die Target-Analysten relativ treffsicher eben beispielsweise die Schwangerschaft einer Kundin feststellen.
Was macht die Daten für die Anbieter so wertvoll?
Das Ziel bei den Bonusprogrammen ist es für die Anbieter, die Kunden dazu zu bringen, mehr zu konsumieren, also mehr Geld auszugeben, als sie es ohne das Programm getan hätten. Untersuchungen zeigen, dass individualisierte Werbung auf Basis von detaillierten Nutzerprofilen genau das sehr effektiv tut. Die Anbieter kennen die Verhaltensmuster der gläsern gewordenen Kunden teilweise besser, als diese in einer Selbsteinschätzung angeben.
Und so können sie einem Nutzer zielsicher Produkte anbieten, von denen er selbst noch gar nicht wusste, dass er es haben möchte. Weil Beispiele wie der Target-Fall den Konsumenten unheimlich sind, versuchen Anbieter inzwischen den sogenannten "Creep-Faktor" zu verringern.
Dabei platziert ein Werbeunternehmen das passgenaue Angebot unter weniger passender Werbung. "Die Person hat dann nicht das Gefühl, als würde die Firma sie genau kennen, und wird nicht dadurch abgeschreckt."
Der Werbeefekt werde trotzdem erreicht, erklärt Hansen, "denn die Person sucht sich die passenden Angebote heraus, setzt dabei wiederum die Bonusprogrammkarte ein und bestätigt die Analyseergebnisse des Bonusprogramms."
Lohnt sich das Punktesammeln?
Typischerweise kann man bei vielen Bonusprogrammen die gesammelten Punkte entweder in einen Einkaufsrabatt umwandeln oder Waren als Prämie erwerben. Wenn man genau nachrechnet, fällt der Bonus bei der ersten Option recht mager aus.
Bei der Drogeriekette dm oder dem Supermarkt REWE beispielsweise erhalten Kunden einen Payback-Punkt für 2 Euro, die Sie dort ausgeben. Erst wenn sie 200 Punkte zusammen haben, können Sie diese an der Kasse einlösen. Das heißt, dass sie 400 Euro ausgeben müssen, um am Ende einen Rabatt von 2 Euro zu erhalten. Das entspricht einer Reduktion um 0,5 Prozent.
Zuzahlung teilweise höher als Kaufpreis bei der Konkurrenz
Verbraucherschützer weisen darauf hin, dass selbst diese Rechnung für viele Kunden nicht aufgeht und sie am Ende mehr bezahlen als ohne Bonuskarte. Bei den meisten Bonusprogrammen verfallen die Punkte nach einiger Zeit. Um vorher genug Punkte zu sammeln, kaufen viele Kunden gezielt bei den Partnerunternehmen ein, die an dem Bonusprogramm teilnehmen.
Wenn sie unabhängig vom Bonusprogramm die Preise verschiedener Händler vergleichen würden, könnten sie mehr Geld sparen, als die Rabatte der Programme wert sind. Der genaue Blick auf die angebotenen Prämien führt ebenfalls zu einem ernüchternden Ergebnis: Die gesammelten Punkte werden im Prämienshop häufig nur dafür eingesetzt, um den Preis eines dort angebotenen Produkts zu reduzieren.
Beispielsweise können Kunden einen Laubbläser für 200 Punkte plus 97,99 Euro Zuzahlung erwerben. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat festgestellt, dass viele Produkte im Prämienshop teurer sind als im Handel. Würde man über eine Preissuchmaschine das günstigste Onlineangebot finden und kaufen, würde man teilweise weniger bezahlen als die Zuzahlung im Prämienshop beträgt.
Verwendete Quellen:
- Verbraucherzentrale Bundesverband: Kundenkarten: Wenig Rabatt für viel Information
- Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Stichprobe bei Payback und Deutschlandcard: Punkteverpuffung im Prämienshop
- Forbes: How Target Figured Out A Teen Girl Was Pregnant Before Her Father Did
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