- Nachdem der erste bundesweite Warntag vor rund zwei Jahren fehlgeschlagen war, wagte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) nun einen neuen Anlauf.
- Am 8. Dezember um 11 Uhr erfolgte in ganz Deutschland auf unterschiedlichen Wegen ein Probealarm.
- Dabei kam auch das neue System Cell Broadcast zum Einsatz. Doch nicht überall schlugen die Mobilfunkgeräte Alarm. Welche Probleme es gab und was das bedeutet.
Es schrillte, es heulte, es jaulte: Am Donnerstag (8. Dezember) um 11:00 Uhr herrschte in Deutschland Alarm-Stimmung. Nur zur Probe allerdings.
Denn das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) wollte herausfinden, wie viele Menschen eine Warnung vor Gefahren im Ernstfall erreichen würde. Dafür ließ die Behörde alle Sirenen und Mobilfunkgeräte in Deutschland testweise Alarm schlagen. In der Theorie zumindest – viele Handys blieben nämlich stumm.
Mit dem Cell-Broadcast-System wurde dazu ein neues System genutzt. Im Idealfall erhält jeder mit eingeschaltetem Handy, das Empfang hat und mit einer aktuellen Software läuft, eine automatische Benachrichtigung.
Der erste bundesweite Warntag hatte vor rund zwei Jahren, am 10. September 2020 stattgefunden. Die Bilanz damals: Viele Probleme, ein Misserfolg. Bürgerinnen und Bürger erhielten damals Warnungen über die Apps "Nina" und "Katwarn" erst mit deutlicher Verzögerung.
BBK: Bilanz für den zweiten bundesweiten Warntag positiv
In einer tatsächlichen Gefahrenlage, etwa einer Gefahrstoffausbreitung oder bei einem Großbrand, wären große Teile der Gesellschaft uninformiert geblieben. Das Bundesinnenministerium hatte den Probealarm darum selbst als "fehlgeschlagen" bezeichnet.
Diesmal fiel die Bilanz besser aus. "Nach vorläufigen Erkenntnissen war der bundesweite Warntag 2022 ein Erfolg! Das Zusammenspiel der einzelnen Systeme hat funktioniert und die Menschen sind auf das wichtige Thema Warnung aufmerksam geworden", sagte BBK-Präsident Ralph Tiesler.
Hälfte der Handys erreicht
Nach Behördenschätzungen erreichte die Warnmeldung etwa die Hälfte der Handys in Deutschland. Mobilfunkbetreiber "Vodafone" bezeichnete den ersten Test des neuen Katastrophen-Warnsystems Cell Broadcast als "vollen Erfolg". Man werde nun alle Erkenntnisse aus dem Warntag auswerten und für die weitere Optimierung des neuen Warnsystems bis zum Start des Regelbetriebs 2023 nutzen, kündigte das Unternehmen an.
In Zukunft sollen auch mehr ältere Endgeräte in das Warnsystem einbezogen werden können. Handynutzer des IPhone 6 sowie mit Geräten mit Android 10 konnten über das Cell-Broadcast-System nicht erreicht werden. Ein möglicher Grund für den fehlenden Alarm können auch deaktivierte Testwarnungen in den Systemeinstellungen sein.
Außerdem sollen viele Telekom-Kunden zu denjenigen zählen, bei denen das Cell-Broadcast-System jetzt noch nicht funktionierte. In manchen Fällen erhielten Nutzer wohl die erste Warnung, nicht aber die Entwarnung um 11.45 Uhr. Für den kommenden September 2023 ist bereits ein nächster Probealarm-Tag geplant.
Verzögerungen von Warnmeldungen über 20 Minuten
Um in Gefahrenlagen möglichst viele Menschen zu erreichen, kamen am Donnerstag (8. Dezember) auch Warn-Apps wie "Nina" und "Katwarn" zum Einsatz, ebenso verbreiteten Radio- und Fernsehsender den Probealarm. Zu sehen waren Meldungen beispielsweise auch auf Anzeigentafeln der Deutschen Bahn.
Medienberichten zufolge funktionierte das nicht überall: Teilweise sollen die Warn-Apps keine Meldungen angezeigt haben oder erst mit deutlicher Verspätung, etwa 20 Minuten nach der Deadline. Berichte über größere Pannen bei den Alarmen über das Sirenensystem gab es bislang nicht.
"Nina" steht für "Notfall-Informations- und Nachrichten-App" des Bundes. Das BBK selbst empfiehlt die Nutzung offizieller Warn-Apps. Man kann darüber Gebiete und Orte auswählen, für die man gewarnt werden möchte – zum Beispiel bei Kampfmittelfunden. Wetterwarnungen und Hochwasserinformationen sind ebenfalls in die Warn-App integriert, auch Informationen zur Corona-Pandemie verbreitet "Nina". Die Nachrichten sind relativ kurz und können nur rudimentäre Informationen vermitteln.
Die Warn-App "Katwarn" wurde vom Fraunhofer-Institut im Auftrag der öffentlichen Versicherer entwickelt. Sie warnt ebenfalls bei Gefahren für den Zivil- und Katastrophenschutz. Während die "Nina"-App auf einfachen Geräten wie beispielsweise Senioren-Handys nicht nutzbar ist, kann man mit "Katwarn" Warnungen auch als SMS oder E-Mail empfangen.
Wie gut sind wir für den Notfall gerüstet?
Feststeht am Ende des Warntags zunächst: Es gibt Lücken, die geschlossen werden müssen. Genau das war aber auch Ziel des Tests, diese zu identifizieren. Im Anschluss an den bundesweiten Probealarm rief das BBK dazu auf, online einen Fragebogen auszufüllen. Fragen darin lauteten beispielsweise: "Wie gut fühlten Sie sich an diesem Tag alles in allem über den bundesweiten Warntag 2022 informiert?", "Über welche Warnmittel haben Sie eine Probewarnung erhalten bzw. wahrgenommen?" oder "Welches Mobiltelefon nutzen Sie hauptsächlich?".
Wie gut Deutschland im Katastrophenfall gerüstet ist, hängt letztlich nicht nur von den Warn-Systemen ab. Es ist davon auszugehen, dass viele Menschen zusätzlich über persönliche Kontakte erreicht würden. Ausschlaggebender dürften zudem andere Stellschrauben sein, zum Beispiel: Stünden in einem Ernstfall genug Intensivbetten zur Verfügung? Oder: Haben die Menschen ausreichend Vorräte bei einem Stromausfall zu Hause?
Verwendete Quellen:
- katwarn.de
- BBK: Was ist die Warn-App NINA?
- BBK: Warntag-Umfrage
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