In diesen Wochen kommen die Briefe mit den neuen Stromtarifen ins Haus. Läuft die Preisgarantie aus, kann es teuer werden. Was Sie jetzt tun können – und was nicht.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Irgendwann in den nächsten Wochen werde ich eine Mail in meinem Posteingang finden. Betreff: Ihr neuer Stromtarif. Ich gebe zu, dass ich mich ein bisschen davor fürchte. Als ob die unkalkulierbaren Heizkosten nicht schon ausreichen würden, droht allen Kundinnen und Kunden, deren Preisgarantie zum Jahresende ausläuft, noch ein zweiter Kostenschock beim Strom.

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Aber bange machen gilt nicht: Es gibt immer etwas, was man tun kann, damit der Preisanstieg ein mittelgroßer Berg wird und nicht der Mount Everest, bildlich gesprochen.

Wenn mir jetzt also der neue, höhere Stromtarif ins Haus flattert, gibt es drei Dinge, die ich mir vorgenommen habe. Das erste – Nerven behalten – ist dabei mit Abstand der wichtigste Punkt.

  • 1. Nerven behalten und in Ruhe informieren
  • 2. Wechsel prüfen: Geht es günstiger?
  • 3. Strom sparen

1. Nerven behalten und Informationen sammeln

Der neue Abschlag ist doppelt oder sogar dreimal so hoch wie bisher? Jetzt heißt es: durchatmen und Informationen einsammeln. Die wichtigste Zahl der neuen Rechnung ist der Bruttopreis pro Kilowattstunde (kWh). Meist wird er in Cent angegeben, also beispielsweise 48,31 Cent pro Kilowattstunde (Ct/kWh). Das ist der Preis inklusive Steuern, Abgaben und Netzentgelten, den ich für jede verbrauchte Kilowattstunde Strom bezahle. Zweitwichtigste Zahl ist der Grundpreis, der meist zwischen 8 und 12 Euro pro Monat liegt.

Wichtig: Das Preisniveau ist 2022 generell stark gestiegen. Hat sich der Bruttopreis je Kilowattstunde beispielsweise von 16 auf 32 Cent verdoppelt, ist das zwar ein starker Anstieg – viel günstiger jedoch gibt es Strom derzeit kaum. Wie genau die Preise in Ihrer Region sind, können Sie auf Vergleichsportalen herausfinden.

Aber Achtung: Häufig sind nicht alle Tarife in der Ergebnisliste aufgeführt. Vor allem der örtliche Grundversorger steht meist nur in einer Spalte links oder rechts. Anders als noch vor einem Jahr sind die Grundversorger – meist die Stadtwerke – derzeit häufig die günstigsten Anbieter. Deshalb sollten Sie dort auf jeden Fall anrufen und den Preis für den Grundversorgungstarif erfragen.

Eine Freundin, deren Stromanbieter plötzlich 72 Cent pro Kilowattstunde von ihr wollte, ist jetzt im Grundversorgungstarif für 28,86 Cent. Einziger Nachteil: Eine Preisgarantie hat sie dort nicht.

Nerven behalten gilt auch, wenn der Stromversorger eine Kündigung schickt. Das passiert nicht nur Kunden kleiner Anbieter. Selbst der Konzern Eon hat einigen Kunden, die sehr günstige Tarife hatten, zum Ende der Vertragslaufzeit gekündigt und deutlich teurere Ersatz-Tarife angeboten. Auch hier gilt: In Ruhe die Alternativen prüfen. Auch hier lohnt sich ein Anruf beim Grundversorger.

2. Wechsel prüfen

Nun liegen alle Infos auf dem Tisch – es folgt die Entscheidung: Ist ein Wechsel sinnvoll? Hier lassen wir die Zahlen sprechen: Liegt Ihr Tarif preislich unter den anderen Angeboten, ist er eher günstig; liegt er deutlich darüber, ist es ein teures Angebot. In diesem Fall sollten Sie einen Wechsel erwägen. Hier steht, wie ein Tarifwechsel genau geht und was Sie beachten sollten.

Konkrete Aussagen, ab welchem Preis ein Wechsel sinnvoll ist, sind schwierig. Denn erstens ist der Markt stark in Bewegung, und zweitens unterscheiden sich die Tarife je nach Region. So zahlt eine dreiköpfige Modellfamilie mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden beispielsweise in Leipzig 963 Euro in der Grundversorgung, in Erding bei München sind es 1.250 Euro.

Finden Sie beim Wechseln einen vergleichsweise günstigen Tarif, können Sie eine Mindestvertragslaufzeit von sechs oder zwölf Monaten erwägen. In der aktuellen Situation empfiehlt die Stiftung Warentest Tarife mit Vertragslaufzeiten von höchstens einem Jahr sowie kurze Kündigungsfristen von höchstens sechs Wochen.

Eine Preisgarantie über die gesamte Dauer der Erstlaufzeit ist wünschenswert, aber nicht unbedingt nötig. Ein günstiger Tarif ohne Preisgarantie kann die richtige Wahl sein, um über den Winter zu kommen. Die Strompreise werden noch monatelang in Bewegung bleiben – ob nach unten oder nach oben, kann derzeit niemand seriös vorhersagen.

3. Strom sparen

Egal, ob alter oder neuer Anbieter – die Stromrechnung wird steigen. Daher ist es auf jeden Fall sinnvoll, Stromfresser im Haushalt zu suchen und grundlegende Stromspartipps zu beachten: Geräte nachts komplett ausschalten, Spar-LEDs verwenden …. Hier gibt es weitere Tipps und Kaufhilfen für Elektrogeräte.

Wer wenig Geld hat, kann einen kostenlosen Stromsparcheck bekommen. Jobcenter und Caritas können vor Ort Auskunft geben, an wen Sie sich wenden müssen. Einen Anspruch auf den Gratis-Stromsparcheck haben: Bezieher von Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe und Wohngeld, Kinderzuschlag, geringer Rente und Menschen mit Einkommen unterhalb der Pfändungsgrenze.

Zum Schluss die große Unbekannte: Was bringt die geplante Strompreisbremse?
Die gute Nachricht: Es gibt Hoffnung beim Strompreis! Denn die Bundesregierung plant in ihrem dritten Entlastungspaket eine Bremse. Unter dem sperrigen Namen "Erlösobergrenze" soll ein zweistelliger Milliardenbetrag umverteilt werden: von den Stromproduzenten (außer Gaskraftwerken) hin zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern.

Die schlechte Nachricht: Noch weiß niemand, wie genau das aussehen soll. Die beteiligten Ministerien ringen noch um ein Modell. Bekannt ist bisher nur, dass es für Stromkunden eine Grundmenge Strom zu einem günstigen Preis geben soll.

Für alles, was Haushalte darüber hinaus verbrauchen, zahlen sie ihren vertraglich vereinbarten Tarif. Unklar ist allerdings, wie hoch dieser Grundbedarf ausfallen wird und ob er einheitlich für alle Haushalte sein soll oder sich nach der Anzahl der Personen richtet. Was auch immer daraus wird – ich halte Sie auf dem Laufenden.

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Über die Expertin: Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und Finanztest sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
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