• 2023 soll eine Gesetzesänderung bei der Erbschaftsteuer auf Immobilien kommen.
  • Für Erben könnte dies zu deutlich erhöhten Abgaben führen.
  • Was steckt hinter der Neuregelung und lohnt sich eine Schenkung noch im Jahr 2022?

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Die Bundesregierung plant eine Gesetzesänderung bei der Erbschaftsteuer auf Immobilien. Kommt das Gesetz, dürften Hauserben deutlich stärker belastet werden. Die wichtigsten Fragen im Überblick:

Was soll sich mit dem neuen Gesetz ändern?

Wenn Immobilien vererbt werden, fällt Erbschaftssteuer an. Diese ist abhängig vom Wert der Immobilie. Bei der Berechnung ergaben sich bisher oft Werte, die unter dem aktuellen Verkehrswert lagen.

Mit dem neuen Gesetz soll sich die Bewertung stärker am aktuellen Verkehrswert orientieren. Durch die starken Preissteigerungen der letzten Jahre ist damit eine deutlich höhere Steuersumme zu erwarten.

Zudem kann die Neubewertung einen höheren Steuersatz nach sich ziehen. Das Immobilienportal "immobilienscout24.de" macht dies an Beispielen deutlich:

  • Wert der Immobilie (2022): 600.000 EURO
  • Freibetrag für ein Kind: 400.000 EURO
  • Zu versteuernder Betrag: 200.000 EURO
  • Steuersatz: 11 % (bis 300.000 EURO)
  • Erbschaftssteuer: 22.000 EURO


  • Wert der Immobilie (2023): 800.000 EURO
  • Freibetrag für ein Kind: 400.000 EURO
  • Zu versteuernder Betrag: 400.000 EURO
  • Steuersatz: 15 % (bis 600.000 EURO)
  • Erbschaftssteuer: 60.000 EURO

Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht, sieht die Neuregelung kritisch, da die Immobilienwerte oft zu hoch angesetzt würden. "Die Änderung ist gnadenlos, weil der Spieß umgedreht wird", so Steiner. "Der Steuerzahler wird oft mit zu hohen Werten konfrontiert und muss diese mühselig mit Hilfe von Sachverständigen korrigieren. Dazu wird er mit den Kosten für die Sachverständigen belastet."

Neuberechnung der Erbschaftssteuer: Wird das Gesetz definitiv kommen?

Das Gesetz befindet sich in der Beratungs- und Anhörungsphase vor dem Finanzausschuss des Bundestages. Es soll zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Anton Steiner kritisiert die kurze Vorlaufzeit: "Der deutsche Gesetzgeber hat es sich zur schlechten Angewohnheit gemacht, am Jahresende ein neues Gesetz zu fabrizieren, das kurz vor Weihnachten durchkommt und dann Knall auf Fall in Kraft tritt. Diese ‘Heckenschützenmethode‘ stört uns sehr."

Was, wenn meine Immobilie zu hoch bewertet wird?

Durch die neuen Bewertungsvorschriften fallen höhere Steuern an. Anton Steiner befürchtet jedoch, dass durch die Neuregelung Immobilien zu hoch bewertet werden. Der Verkehrswert sei ein sehr schwammiger Wert, so Steiner. "Was eine Immobilie wirklich wert ist, weiß man erst wenn man sie verkauft. Im Finanzministerium sind sie allerdings anderer Meinung."

Wer den Verdacht hat, dass seine Immobilie zu hoch bewertet wird, kann einen eigenen Sachverständigen beauftragen. Die Kosten dafür müssen jedoch selbst getragen werden.

Ist es ratsam, noch 2022 Immobilien zu übertragen, um Steuern zu sparen?

Die deutlich höhere Belastung bringt viele Erben in Bedrängnis. Vielerorts ist bereits von Notverkäufen die Rede, wenn Erben die Steuer nicht mehr stemmen können. Um dem zu entgehen, können Immobilieneigentümer noch im Jahr 2022 ihren Besitz per Schenkung übertragen.

Experten warnen allerdings vor übereilten Schritten. Schließlich handelt es sich um eine weitreichende Entscheidung. Plant man jedoch sowieso eine Schenkung, rät Anton Steiner dazu, Immobilien noch in diesem Jahr zu übertragen. "Vorausgesetzt man bekommt noch einen Notartermin", ergänzt er.

Allerdings, sagt Steiner, sollte man auch die derzeitige Steuerlast nicht unterschätzen. "Der wahre Engpass ist bei den Steuerberatern, die es vielleicht nicht mehr schaffen, alles abzuarbeiten", sagt Steiner.

"Da man in der Regel nicht mehr alles genau kalkulieren kann, haben auch die derzeitigen Verfahren ihre Tücken", betont Steiner. Deshalb empfiehlt er die sogenannte "Steuerklausel" als Notbremse in den Vertrag mit aufzunehmen: "Sollte für die heutige Schenkung Steuer anfallen, behalte ich mir vor, die Schenkung teilweise rückgängig zu machen."

Wie hoch sind die Freibeträge?

Der Freibetrag reduziert den zu versteuernden Immobilienwert deutlich. Je nach Verwandtschaftsgrad gelten im Augenblick folgende Freibeträge:

  • Ehegatten/Lebenspartner: 500.000 Euro
  • Kinder/Stiefkinder: 400.000 Euro
  • Enkel: 200.000 Euro
  • Eltern und Großeltern: 100.000 Euro
  • Alle übrigen Erben: 20.000 Euro

Könnte eine Änderung der Freibeträge Abhilfe schaffen?

Diese Idee wird tatsächlich diskutiert. So forderte etwa der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz in einem Interview mit dem "Tagesspiegel": "Wenn die Bewertungskriterien für Immobilien angepasst werden – und das zu höheren Steuern führen kann – sollten auch die Freibeträge deutlich steigen."

Ähnliches ließ der Bund der Steuerzahler in einer Stellungnahme verlauten: "Wir sind der Auffassung, dass alle Pauschalen im Steuerrecht regelmäßig überprüft und an die Inflation und Wertentwicklung angepasst werden sollten. Dies bietet sich jährlich im Rahmen des Jahressteuergesetzes an. Insbesondere, wenn sich Änderungen an der Bemessungsgrundlage ergeben, müssen die dazugehörigen Freibeträge angepasst werden."

Dies beträfe aktuell auch das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz.

Kann man die Erbschaftssteuer auch umgehen?

Für verwitwete Ehe- oder Lebenspartner fällt keine Erbschaftssteuer an, wenn diese mindestens 10 Jahre in dem Haus wohnen bleiben. Ähnliches gilt für Kinder, allerdings nur bei einer Wohnfläche bis 200 Quadratmeter. Ist diese größer, muss Steuer bezahlt werden.

Über den Experten:
Dr. Anton Steiner ist Fachanwalt für Erbrecht in München und Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht e.V.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Anton Steiner
  • Bund der Steuerzahler: Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022)
  • immobilienscout24.de: Erbschaftssteuer: Immobilien erben wird 2023 teurer
  • tagesspiegel.de: CDU-Chef Merz für höhere Freibeträge: Erben sollen nicht stärker belastet werden
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