Bei der Deutschen Bahn herrscht Chaos. Mehrstündige Verspätungen und kurzfristige Zugausfälle sind an den Bahnhöfen der Republik nicht mehr Einzelfall, sondern die Regel.

Ein Interview

Das zeigen auch die von der Bahn veröffentlichten Statistiken: Im Juli 2024 lag die Reisepünktlichkeit bei 62 Prozent. Im Juni, als es vor allem im Süden Deutschlands starke Überschwemmungen gab, kam rund die Hälfte der Züge (52 Prozent) pünktlich an.

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Neben Verspätungen hat die Bahn laut Andreas Schröder auch mit einigen weiteren Problemen zu kämpfen, etwa veralteten Schienennetzen oder Personalmangel. Im Gespräch mit unserer Redaktion spricht der Stellvertretende Bundesvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn darüber, wo genau es hakt, was sich ändern müsste und worauf sich Reisende einstellen sollten.

Herr Schröder, was läuft gerade schief bei der Deutschen Bahn?

Andreas Schröder: Fahrgäste spüren an allen Ecken und Kanten, wie problematisch die Situation bei der Deutschen Bahn ist. Verspätungen, Ausfälle und Angebotseinschränkungen sind an der Tagesordnung. Im Juni 2024, dem Monat der Fußball-Europameisterschaft, kam nur jeder zweite Fernzug pünktlich. Eine verlässliche Planung ist so kaum möglich. Fahrgäste müssen viel Pufferzeit und immer einen Plan B mitbringen. Die Geduld vieler frustrierter Pendler ist am Ende.

Andreas Schröder © Pro Bahn

Wo sehen Sie konkreten Handlungsbedarf?

Viele der Probleme sind durch das marode Schienennetz bedingt und dort ist eine Trendwende in Sicht. Mittlerweile werden durch den Staat die Finanzmittel bereitgestellt, um die Infrastruktur zu ertüchtigen und den Sanierungsfall zu beheben. Allerdings müssen Fahrgäste sich auf ein Jahrzehnt mit vielen Baustellen, Umleitungen und Einschränkungen einstellen. Die Früchte der Investitionen in das Bahnnetz werden wir erst in vielen Jahren ernten können.

Aber es muss sich auch jenseits vom maroden Netz etwas verbessern. Personalmangel, schmutzige Züge, Sicherheitsmängel, Service-Ausfälle und schmuddelige Bahnhöfe sind nicht nur durch mehr staatliche Gelder zu beheben. Es braucht gut geführte Betreiber, die Leistungen erbringen wollen und den Druck des Wettbewerbs spüren, um sich zu verbessern.

Was sollten Reisende in der aktuellen Situation wissen?

Fahrgäste müssen sich auf Überraschungen gefasst machen und Pufferzeit für Verspätungen und verpasste Anschlüsse mitbringen.

Welche Rechte haben sie bei Zugausfall?

Deutschlandticket-Inhaber haben nicht besonders großzügige Erstattungsregeln. Im Fernverkehr sind die Regeln besser. Bei kurzfristigen Zugausfällen und Verspätungen über mehr als 20 Minuten entfällt die Zugbindung, sodass Fahrgäste alternative Routen wählen können. Wenn dadurch eine Verspätung von über einer Stunde entsteht, dann gibt es Anspruch auf 25 Prozent Entschädigung. Ab zwei Stunden Verspätung sind es 50 Prozent. Zum Glück kann man die Entschädigung für digitale Fahrscheine mittlerweile einfach über die App mit wenigen Klicks beantragen.

Zur Person

  • Dr. Andreas Schröder ist stellvertretender Bundesvorsitzender beim Fahrgastverband Pro Bahn.

Verwendete Quelle

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