Die Zahlen sind für Mieterinnen und Mieter unerfreulich: Die Mieten steigen derzeit fast im ganzen Land. Wer eine neue Wohnung sucht, muss deutlich mehr hinblättern als noch vor wenigen Jahren. Aber auch alle, die schon eine Wohnung haben, müssen mit Mieterhöhungen rechnen. Fünf Tipps, wie Sie am besten auf ein Erhöhungsschreiben reagieren.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Jetzt im Sommer fühle ich mich beim Gang zum Briefkasten manchmal an früher erinnert, als zwischen den Rechnungen und Behördenschreiben erfreulich viel private Post lag. Selbst im Jahr 2023 verirrt sich noch die eine oder andere Urlaubspostkarte in meinen Briefkasten.

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Den Rest des Jahres ist der Inhalt des Briefkastens weniger erfreulich. Per Post kommen meist nur Werbung, Rechnungen und wichtige Schreiben, oft solche, die ich lieber nicht bekommen hätte. Für diesen Herbst ganz oben auf meiner Liste der Briefe, auf die ich verzichten kann: ein Schreiben des Vermieters mit der Forderung auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung.

Solche Briefe sind für mich wie ein wütender Hund, der unversehens um die Ecke geschossen kommt, wenn ich am wenigsten damit rechne – und im ersten Moment jagen sie mir mindestens genau so viel Schrecken ein. Doch zum Glück gibt es Methoden, um dem knurrenden Tier seinen Schrecken zu nehmen und eine Mieterhöhung vielleicht sogar zu begrenzen oder abzuwenden.

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Was also tun? Erst einmal das Gleiche wie bei einem echten Hund: keine Panik und tief durchatmen. Die gute Nachricht: Bei Weitem nicht jede Mieterhöhung ist im vollen Umfang gerechtfertigt. Mit diesen fünf Tipps stellen Sie fest, ob es eine Chance gibt, den wütenden Kläffer wieder an die Leine zu nehmen:

1. Blick in den Mietvertrag

Ob und in welcher Höhe eine Mieterhöhung erlaubt ist, hängt vom Mietvertrag ab. "Finanztest" hat die Regeln in einer Tabelle zusammengefasst. Die meisten Mietverträge in Deutschland sind vom Typ Standard: keine festgelegten Mieterhöhungen im Vertrag, keine Sozialbindung. Für sie gelten feste Regeln, was Erhöhungen angeht, siehe Tipps 2 und 3.

Bei Verträgen mit Staffelmiete steigt die Miete automatisch wie im Vertrag vereinbart. Mieterhöhungen sind sonst nicht mehr zulässig. Ist eine Indexmiete vereinbart, dürfen Vermieter frühestens nach einem Jahr wieder die Miete entsprechend der Inflationsrate anpassen. Welche Erhöhung zulässig ist, können Sie mit dem Indexmieten-Rechner von "Finanztest" nachvollziehen.

Und noch eine wichtige Formalie: Die Mieterhöhungsforderung muss sich an alle Mieterinnen und Mieter richten, die im Mietvertrag stehen. Sind bei einer WG beispielsweise vier Personen aufgeführt, müssen diese alle Adressaten des Schreibens sein – sonst kann die Mieterhöhung eventuell unwirksam sein. Hier kann es sinnvoll sein, rechtlichen Rat einzuholen, siehe Tipp 5.

2. Blick in den Mietspiegel

Bei Mietverträgen, in denen weder Staffel- noch Indexmietklauseln erhalten sind, ist eine Mieterhöhung prinzipiell einmal jährlich erlaubt, genauer gesagt: frühestens ein Jahr nach der letzten Erhöhung. Die neue Miete greift dann drei Monate später, sodass sich die Miete maximal alle 15 Monate erhöhen kann.

Für jede Erhöhung gibt es jedoch Grenzen. Eine davon ist die "ortsübliche Vergleichsmiete" – also das, was für ähnliche Wohnungen in ähnlicher Lage fällig wird. Am einfachsten lässt sich die Vergleichsmiete ermitteln, wenn ein aktueller Mietspiegel vorliegt. Schwieriger wird es, wenn der Vermieter sich auf Vergleichsmieten oder ein Sachverständigengutachten stützt. Das ist im Grunde zulässig, aber oft nicht richtig. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, Rechtsrat einzuholen (siehe Tipp 5).

3. Blick auf die Prozentzahlen

Es gibt neben der ortsüblichen Vergleichsmiete (was für ein umständliches Wortgebilde – typisch Juristen) eine weitere wichtige Zahl, eine Prozentzahl: Innerhalb von drei Jahren darf die Miete – sofern die Wohnung nicht modernisiert wird – höchstens um 20 Prozent steigen. Liegt die Wohnung in einem Ballungsgebiet, für das eine Kappungsgrenze gilt - und das trifft für die meisten Städte in Deutschland zu -, darf der Anstieg innerhalb von drei Jahren höchstens 15 Prozent betragen.

Jetzt heißt es nachsehen und rechnen: Falls ich im August 2020 eine Kaltmiete von 500 Euro bezahlt habe, die im Januar 2022 auf 550 Euro erhöht wurde, darf die Miete nun nur noch um den Betrag steigen, der zu 15 Prozent - oder außerhalb von Ballungsgebieten mit Kappungsgrenze: zu 20 Prozent - fehlt. Für Berlin beispielsweise gilt: 15 Prozent von 500 Euro sind 75 Euro. Das heißt: Eine zweite Erhöhung um 50 Euro wäre unzulässig.

4. Blick auf die Regeln zur Modernisierung

Anders ist die Lage, wenn eine Wohnung modernisiert werden soll. Falls sich durch die Umbauten der Wohnwert oder die Energieeffizienz verbessern, dürfen Vermieter die Kosten auf die Mieter umlegen – allerdings auch nur innerhalb bestimmter Grenzen.

5. Rat von Mieterverein oder Anwalt

Ob eine Mieterhöhung rechtens ist oder nicht, ist für Laien oft schwer zu beurteilen. Die ersten vier Tipps eignen sich als erste Anhaltspunkte. Sie glauben, dass Ihr Vermieter zu viel fordert oder dass die Mieterhöhung formale Fehler hat? Holen Sie sich besser professionellen Rat beim Mieterverein oder bei einem Anwalt.

Zur Person: Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
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