Lesen Sie hier, wie sich der deutsche Strompreis im internationalen Vergleich schlägt, was ihn so teuer macht und welche Faktoren die Preise beeinflussen.
Der Strompreis in Deutschland wird stark durch gesetzliche Regelungen beeinflusst. Im internationalen Vergleich der Industrieländer zählt er weltweit zu den höchsten. Ein großer Teil der Stromkosten ist fix, er setzt sich nämlich aus Steuern und Abgaben zusammen. Die Mehrwertsteuer, die Stromsteuer, das Netzentgelt und die Konzessionsabgabe machen bereits 50 Prozent des Strompreises aus. Bei dieser Betrachtung darf man jedoch eines nicht vergessen: Deutschland vollzieht einen Technologiewechsel – weg von fossilen Brennstoffen und Atomstrom, hin zu grüner Energie aus erneuerbaren Quellen.
Insbesondere das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und die daraus resultierende EEG-Umlage sorgen schon seit Jahren für steigende Strompreise. Zwar hat das EEG wie geplant zu einem großen Angebot an grünem Strom geführt – und als direkte Folge davon zu einem niedrigen Börsenpreis für Strom – doch die Verbraucher spüren dies aufgrund der steigenden EEG-Umlage paradoxerweise nicht im Portemonnaie.
Zahlen taugen nur bedingt für den Strompreis-Vergleich
Es mag naheliegen, einfach die Strompreise mehrerer Länder aufzulisten und die Zahlen zu vergleichen – doch wird das der Realität nur teilweise gerecht. Eine realistische und vor allem faire Beurteilung der Strompreise lässt sich nur vornehmen, wenn auch die Hintergründe und insbesondere die Art und Weise der Stromerzeugung in die Kalkulation mit einbezogen werden. Ebenso sind mögliche Folgekosten zu berücksichtigen, die sich aus der Art der Stromerzeugung ergeben, aber in den aktuellen Stromkosten noch nicht enthalten sind.
Technologiewechsel, wie beispielsweise der Atomausstieg in Deutschland, sind meist mit erheblichen Kosten für Infrastruktur und Forschung verbunden, die für ein bereits abgeschriebenes Kohle- oder Kernkraftwerk im laufenden Betrieb natürlich nicht mehr zu Buche schlagen. Vor allem in Anbetracht des begrenzten Vorrats an fossilen Brennstoffen, der schwer kalkulierbaren Risiken der Kernenergie und ebenso unter dem Eindruck des Klimawandels sollten die Strompreise differenziert betrachtet werden. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass Länder, die derzeit noch auf Atomkraft und fossile Brennstoffe setzen, früher oder später ebenfalls vor einem teuren Technologiewechsel stehen werden, um ihren Energiebedarf nachhaltig und klimafreundlich zu decken.
Wie günstig ist Atomstrom wirklich?
Betrachten wir den Strompreis im internationalen Vergleich, fällt auf, dass viele Länder, zum Beispiel Frankreich und andere europäische Staaten, ihren Energiebedarf zu einem großen Teil durch Atomstrom decken. Bei der Kernspaltung von Uran oder Plutonium wird Energie freigesetzt. Die entstehende Hitze erzeugt Wasserdampf, der Turbinen antreibt, die wiederum Strom erzeugen.
Atomenergie bedeutet scheinbar viel Strom zu einem günstigen Preis. Ganz anders sieht die Bilanz hingegen aus, wenn die aufwendige Sicherheitstechnik und vor allem die Gefahren für Mensch und Umwelt in die Kostenberechnung einfließen. Zu den Risiken gehören das ungelöste Entsorgungsproblem des radioaktiven Abfalls und schlimmstenfalls die Unbewohnbarkeit ganzer Landstriche nach einem Reaktorunfall (wie beispielsweise im ukrainischen Tschernobyl oder im japanischen Fukushima).
Zudem sind viele Atommeiler alt. Der Neubau von Atomkraftwerken würde mehrere Milliarden Euro kosten. Ein Beispiel dafür ist das französische Kernkraftwerk Flamanville am Ärmelkanal. Der Verbraucher bezahlt also vielleicht eine geringere Stromrechnung, doch dafür wird sein Steuergeld in eine wenig nachhaltige Energiewirtschaft investiert.
Atomstrom gilt im Vergleich zu Kohle- und Gaskraftwerken als verhältnismäßig klimafreundlich, da bei der Stromerzeugung kaum CO2 entsteht. Allerdings entsteht beim Abbau des in Atomkraftwerken verwendeten Urans Kohlendioxid. Aus diesem Grund wird in Deutschland seit einigen Jahren ein schrittweiser Ausstieg aus der Atomenergie angestrebt. Als Alternative fördert die Politik hierzulande die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonnenlicht, Wind, Wasser, Erdwärme und Biomasse.
Fossile Brennstoffe: Folgekosten für die Umwelt
Auch die fossilen Brennstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle werden zur Stromgewinnung verbrannt. Sie entstanden im Laufe von Millionen Jahren durch die Ablagerung organischer Stoffe im Erdinneren. Diese Brennstoffe sind nur begrenzt vorhanden, Abbau und Verbrauch schreiten jedoch beständig voran. Ihre Erschließung und Förderung wird zunehmend schwieriger und teurer, was sich ebenfalls weltweit auf die Strompreise auswirkt. Außerdem sind sowohl Abbau als auch Förderung oft mit erheblichen Umweltrisiken verbunden. Bei der Verbrennung fossiler Energieträger entstehen zudem klimaschädliche Gase und große Mengen Kohlendioxid. Auch das verursacht Folgekosten.
Fazit zum Strompreis im internationalen Vergleich
Viele Verbraucher in Deutschland haben den Eindruck, dass der aktuelle Strompreis zu hoch ist. Doch ein einfacher Vergleich der Strompreise weltweit reicht nicht aus, um dies zu untermauern, denn dabei bleiben viele wichtige Faktoren unberücksichtigt. So können Länder, die auf günstigen Atomstrom setzen, mitunter deutlich niedrigere Strompreise haben; die Kosten für die Atommüll-Zwischenlagerung werden allerdings nicht auf den Strompreis aufgeschlagen, sondern von Steuergeldern bezahlt.
In Deutschland gibt es allein durch eine Umgestaltung der EEG-Umlage, den Abbau von Subventionen und eine Senkung der Abgabenlast, die auf den Strompreis drückt, reichlich Einsparpotenzial.
Zudem könnten die großen Energieversorger Preisvorteile durch den billigen Börsenstrom an ihre Kunden weitergeben. Hier muss die Politik aktiv werden und im Sinne der Bürger handeln.
Angesichts der beträchtlichen Risiken und möglichen Folgekosten für die Umwelt beabsichtigt die Politik den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie sowie eine Reduzierung der Verbrennung fossiler Energieträger. Doch auch die Verbraucher können tätig werden. Sie haben die Möglichkeit, den Wettbewerb aktiv zu beeinflussen und Geld zu sparen, indem sie Preise, Tarife und Stromanbieter vergleichen und aus der teuren Grundversorgung in einen günstigeren Tarif wechseln. © 1&1 Mail & Media
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