Fahrradfahrende in Deutschland sind mit dem Winterdienst für Radwege unzufrieden. Eine Recherche deckt die Gründe auf: Viele Städte unterscheiden beim Schneeräumen stark zwischen Radwegen und Autostraßen. Auch im Herbst kommt es schon zu Ärgernissen.

Mehr Ratgeber-Themen finden Sie hier

Die Fahrbahn ist frei, der Radweg aber mit Schnee und Eis bedeckt: Viele Radfahrer:innen kennen dieses Ärgernis im Winter nur zu gut – und steigen deshalb auf andere Verkehrsmittel um. Doch wie verbreitet ist das Problem? Eine Recherche des Spiegels zeigt, dass viele Städte Radwege und Fahrbahnen für Autos unterschiedlich räumen – in Hamburg belegen Zahlen die Benachteiligung.

"Schneehaufen von der Fahrbahn auf Rad- und Fußwege gekippt"

Schnee- und eisbedeckte Radwege sind keine Seltenheit. Das bestätigt eine Sprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) gegenüber Spiegel.

"Oft werden Radwege gar nicht oder nur sehr spät geräumt. Nicht selten werden Schneehaufen von der Fahrbahn auf Rad- und Fußwege gekippt und machen das winterliche Radfahren damit gefährlich bis unmöglich", klagt sie. Der ADFC führt regelmäßig eine Umfrage durch, um die Zufriedenheit der Radfahrenden in Deutschland zu messen. Der Winterdienst erhielt dabei zuletzt die Note 4.

Radweg vs. Fahrbahn: Wie Behörden den Unterschied erklären

Der Spiegel hat bei verschiedenen Städten nachgefragt, wieso Radwege offenbar unzureichend geräumt werden – und erhielt unterschiedliche Antworten.

Das Münchner Baureferat erklärte, dass Radwege nur mit Splitt und nicht mit Salz bestreut würden. "Da Splitt abstumpfend und nicht wie Salz auftauend wirkt, ist eine restlose Beseitigung des Schnees […] mit mechanischen Mitteln nicht möglich. Eine Restschneedecke verbleibt", so die Behörde.

Eine Berliner Senatssprecherin betonte ebenfalls, dass auf Radwegen keine Auftaumittel zum Einsatz kämen, auf Stadtautobahnen oder Hauptverkehrsstraßen seien sie aber erlaubt. Das Verbot auf Radwegen solle "eine Salzüberfrachtung im Boden" vermeiden – an einem neuen Winterdienstkonzept für Radwege werde bereits gearbeitet.

Ein Sprecher der Behörde für Verkehrs- und Mobilitätswende in Hamburg erklärte, dass bestimmte Radwege in der Hansestadt Priorität gestreut beziehungsweise geräumt würden. Dieses Netz sei insgesamt 315 Kilometer lang und würde mit bis zu 36 Fahrzeugen zweimal behandelt. Allerdings macht dies laut Spiegel nur circa ein Viertel der Radwege in Hamburg aus. Dagegen würden vergleichbare Einsätze auf Hauptverkehrsstraßen, Buslinien und Verbindungsstraßen immerhin 80 Prozent des Netzes räumen, also um die 3200 Kilometer.

Das Magazin inspizierte auch die Hamburger Radwege stichprobenartig und fand einige Passagen, nach offiziellen Angaben geräumt seien – in der Realität aber immer noch von Schneematsch oder Eis überzogen waren.

Laut Spiegel kommt es nicht nur im Winter, sondern auch im Herbst, zu Problemen auf Hamburgs Radwegen. Denn auch Blätter und kleinere Äste würden nicht weggeräumt oder beim Räumen von Auto-Fahrbahnen auf die Spuren für Fahrradfahrer:innen geschoben. Die Hamburger Stadtreinigung gibt gegenüber Spiegel an, 230 Kilometer Radwege von Laub zu befreien, also weniger als ein Fünftel.

Radfahren im Winter: Nordeuropa macht es vor

Nicht überall gibt es im Winter Probleme mit dem Radverkehr. Im Norden Europas haben einige Städte das Räumen von Fahrradwegen perfektioniert.

Der Spiegel verweist beispielsweise auf Kopenhagen, wo bei Schnee die wichtigsten Radwege teils noch vor den Vorrangstraßen geräumt werden, um Staus zu verhindern. Offenbar mit Erfolg: Schätzungsweise 80 Prozent der Radfahrer:innen sitzen auch im Winter auf ihren Drahteseln, so der Spiegel.

Mehr Inhalte von Utopia.de
News, Tipps, Rezepte und Kaufberatung für eine nachhaltigere Welt.

Auch in Deutschland wollen viele Menschen im Winter weiter ihr Fahrrad nutzen. Der ADFC fordert deshalb zuverlässiges Räumen von Radwegen und eine sichere Radinfrastruktur in ganz Deutschland.

Verwendete Quellen: Spiegel  © UTOPIA

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.