Nach den Gewalttaten von Magdeburg und Aschaffenburg sieht Baden-Württembergs Justizministerin eine wichtige Lücke im Strafgesetz. Denn dort steht nichts von Messern oder Autos.
Ein Messer in Aschaffenburg, ein weiteres in Solingen und eines in Mannheim, ein Auto in Magdeburg und ein Lastwagen auf dem Berliner Weihnachtsmarkt: Weil zunehmend Alltagsgegenstände als Waffen bei schweren Anschlägen genutzt werden, muss das Strafrecht aus Sicht der baden-württembergischen Justizministerin Marion Gentges dringend angepasst werden.
Die Taten zeigten, dass etwa Messer oder Fahrzeuge gezielt missbraucht würden, um größtmöglichen Schaden anzurichten, sagte die CDU-Politikerin. Wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat macht sich laut Gesetz aber nur strafbar, wer Sprengstoff oder Schusswaffen nutzen will. "Wer einen Anschlag mit einem Molotow-Cocktail plant, macht sich strafbar. Aber wer dasselbe unter Einsatz eines Messers oder eines Pkw vorbereitet, bleibt straffrei. Das ergibt keinen Sinn", sagte Gentges. Das Strafrecht dürfe vor solchen Bedrohungen "nicht die Augen verschließen".
Gentges: Ermittlern fehlt entscheidendes Werkzeug
Durch diese Lücke im Gesetz fehle den Staatsanwaltschaften das entscheidende Werkzeug, um frühzeitig gegen Anschlagspläne vorzugehen. Überwachungen oder Durchsuchungen seien ohne Verdacht einer Straftat nicht erlaubt, sie seien aber "oft der Schlüssel zur Verhinderung solcher Anschläge", sagte Gentges.
Bereits im Oktober 2024 hatten Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein einen entsprechenden Antrag in den Bundesrat, die Länderkammer, eingebracht. Der Antrag wurde vom Rechts- und Innenausschuss befürwortet, er hängt jedoch seitdem im Wirtschaftsausschuss fest und droht der Neuwahl zum Opfer zu fallen.
Große Messer und auch Lkws so gefährlich wie Schusswaffen
"Es ist schlicht unverantwortlich, diese dringend notwendige Gesetzesänderung auf die lange Bank zu schieben, während unsere Ermittlungsbehörden auf eine klare Rechtsgrundlage angewiesen sind", drängte Gentges. Täter würden immer wieder versuchen, ganz alltägliche Gegenstände zu missbrauchen, wenn ihnen ein ähnliches Gefahrenpotenzial wie Schusswaffen oder Sprengstoffen zukomme. "Darauf müssen wir reagieren", forderte Gentges.
Der Leiter der Zentralstelle für Staatsschutz bei der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart, Jens Altemeier, sagte, es sei "unbefriedigend, Einzeltäter nur dann belangen zu können, wenn sie über Schusswaffen verfügen". Sie nutzen in ihre Planungen oft wenigstens genauso gefährliche Tatmittel wie etwa große Messer oder gar Lkws.
Polizei: Uns sind die Hände gebunden
Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sieht die Lücke und sorgt sich: "Die Polizei und alle anderen Ermittlungsbehörden brauchen verlässliche Rechtsgrundlagen", sagte ihr Landesvorsitzende Ralf Kusterer. Der Polizei seien aber immer wieder die Hände gebunden, weil notwendige Überwachungen, Durchsuchungen oder anderen Maßnahmen nicht umgesetzt werden könnten. (dpa/bearbeitet von ng)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.