• An vielen deutschen und europäischen Flughäfen herrscht zu Beginn der Urlaubszeit Chaos.
  • Personalmangel, krankheitsbedingte Ausfälle und Streiks treffen auf einen großen Nachholbedarf in Sachen Flugreisen.
  • Wenn die Fluggesellschaft den Flug streicht, muss sie für Ersatz sorgen oder den Passagieren die Kosten erstatten.

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Die letzten Stunden im Urlaub könnten so schön sein: noch einmal auf den Wellen im Mittelmeer treiben, ein letzter Drink bei Sonnenuntergang auf einer Piazza. Derzeit trübt oftmals die Fluggesellschaft, die einen nach Hause bringen soll, die Abschiedsstimmung.

Per E-Mail, SMS oder Anruf lässt sie ihre Passagiere wissen: Der Flug wurde gestrichen. Die Gründe sind vielfältig: Weil die Crew erkrankt ist, am Flughafen Streik droht oder das Flugaufkommen vom Bodenpersonal nicht zu bewältigen ist. Auch wenn die Nachricht einen zunächst erschüttert – in so einem Fall heißt es Ruhe bewahren.

Wann gilt die Fluggastrechteverordnung?

Das Gesetz bewahrt Reisende bei Flugausfällen vor finanziellem Schaden. "Die Fluggastrechteverordnung gilt für alle europäischen Fluggesellschaften oder wenn der Flug innerhalb der EU startet", erklärt Julia Zeller von der Verbraucherzentrale Bayern im Interview mit unserer Redaktion.

Wenn Lufthansa etwa von München nach New York fliegt oder zurück, gilt die Fluggastrechteverordnung. Ebenso, wenn British Airlines einen Flug von Deutschland in die USA durchführt. Der Rückflug von den USA nach Deutschland unterliegt hingegen nicht ihren Regeln.

Flugausfälle: Passagiere haben ein Recht auf Erstattung

Mit diesem Wissen im Hinterkopf sollten sich Passagiere zunächst mit der Airline in Verbindung setzen. Oft beinhaltet die Nachricht der Fluggesellschaft eine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse für die Kontaktaufnahme. "Nicht empfehlenswert ist es, sofort einen neuen Flug zu buchen", warnt Zeller.

Denn oftmals schlägt die Fluggesellschaft einen Ersatzflug vor oder kümmert sich um die Umbuchung. Geschieht das nicht, setzt man als Reisender eine Frist. Tut sich innerhalb dieser Stunden oder Tage nichts, darf man selbst umbuchen und die Kosten – auch höhere Kosten – bei der Fluggesellschaft einfordern.

Bei Flügen, die weniger als sieben Tage vor Abflug annulliert werden, ist zudem eine Ausgleichszahlung in Form einer Pauschale vorgesehen.

Pauschalreise bereitet am wenigsten Probleme

Am unproblematischsten ist die Pauschalreise: Wenn der Hinflug ausfällt, muss sich der Reiseveranstalter um alles kümmern oder die Reise wird komplett abgesagt. Kunden bekommen dann ihr Geld zurück. Muss man hingegen wegen eines stornierten Rückflugs länger am Urlaubsort bleiben, muss der Veranstalter bis zu drei Tage für eine Unterkunft sorgen und diese bezahlen. Eine kürzere Reise gilt als Mangel und erlaubt es dem Kunden, den Reisepreis zu kürzen.

Anders, wenn Passagiere die Reise individuell zusammengestellt haben: "Die Fluggesellschaft weiß dann nichts von den weiteren Buchungen. Hier sollte man Mehrkosten aus nicht genutzten oder zusätzlichen Übernachtungen dokumentieren und bei der Airline einfordern", sagt die Expertin von der Verbraucherzentrale. Auch hier gilt: Vor jeder Buchung sollten Passagiere Kontakt zur Airline suchen. Manchmal gibt es Kontingente an Hotelzimmern, die für genau diese Fälle vorgesehen sind. Kosten für eigene Buchungen müssen zudem verhältnismäßig sein.

Wann wird eine Ausgleichszahlung fällig?

"Für die Erstattung oder Umbuchung macht es keinen Unterschied, aus welchen Gründen eine Flugreise abgesagt wurde", erklärt Julia Zeller. Wohl aber für die Ausgleichszahlung. "Wenn die Fluggesellschaft den Ausfall nicht zu verantworten hat, bekomme ich auch keine Ausgleichszahlung." Das trifft zum Beispiel bei schlechten Wetterbedingungen, Sicherheitsbedenken infolge einer Terrorwarnung oder Engpässen bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen zu.

Technische Probleme oder die Personalplanung liegen hingegen im Machtbereich der Airline. Fällt ein Flug aus diesen Gründen aus, wird eine Ausgleichszahlung fällig.

Uneinheitlich ist die Rechtsprechung bei Streiks: "Hier gilt es abzuwägen, ob die Airline einen Streik vielleicht provoziert hat. Entscheidungen sind stark vom Einzelfall abhängig", sagt Zeller.

Wie wappne ich mich für den Notfall?

Um vorbereitet zu sein, empfiehlt Juristin Julia Zeller, die Kontaktdaten der Fluggesellschaft in den Urlaub mitzunehmen und gut aufzubewahren. Wichtig sei, einige Tage vor Ab- und Rückflug auf der Webseite der Airline zu überprüfen, ob die Verbindung noch im Flugplan steht. Auch ein Blick in dem Spam-Ordner im E-Mail-Postfach lohnt sich.

Versuche, die Airline bei einem Flugausfall zu erreichen, sollten Reisende dokumentieren. Sie sollten zudem alle Rechnungen über Zusatzkosten für umgebuchte Flüge, Übernachtungen, Verpflegung, Zugverbindungen oder Mietwagen aufbewahren. Zumindest die Erstattung sollte spätestens sieben Tage nach Annullierung des Flugs beim Kunden eintreffen.

Wer hilft bei Ärger?

Ansprüche aus Flugausfällen unterliegen der Verjährung von drei Jahren. "Dennoch sollte man sich besser schnell darum kümmern, sein Geld zurückzubekommen", sagt Zeller. "Prozesse ziehen sich sonst zu sehr in die Länge." Weigert sich die Fluggesellschaft, für die Kosten aufzukommen, wenden sich Kunden am besten an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr in Berlin oder die Verbraucherzentralen der Länder.

"Die Verbraucherzentrale bietet eine Rechtsberatung an und prüft, welche Ansprüche bestehen", sagt die Juristin. Daneben gibt es noch die kostenlose Flugärger-App der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Mit ihr sieht der Reisende schon vor Ort, was ihm genau zusteht. Ein Musterbrief am Ende sowie Formulierungshilfen machen es einem leicht, sein Geld einzufordern.

Über die Expertin:
Julia Zeller ist Juristin und Referentin für Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Bayern in München.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Julia Zeller
  • Verbraucherzentrale.nrw: Flugärger: Ansprüche online prüfen!
  • Verbraucherzentrale.nrw: Fluggastrechte: Was man bei Flugärger tun kann
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