Seit 2021 ist Großbritannien nicht mehr Mitglied der EU-Zollunion und des Binnenmarkts. Seitdem werden Exporte in die EU kontrolliert - aber bisher nicht in der Gegenrichtung. Das wird sich nun ändern.
Mehr als drei Jahre nach dem endgültigen Brexit beginnt Großbritannien am Dienstag mit Warenkontrollen für EU-Importe von tierischen und pflanzlichen Produkten. Das bestätigte das zuständige Agrarministerium in London auf Anfrage. Zusätzlich müssen Lebensmittelimporteure auf manche Produkte wie Wurst, Käse und Joghurt, aber auch Schnittblumen eine "common user charge" von bis zu 145 Pfund (169 Euro) pro Ladung bezahlen.
Experten und Unternehmen warnen vor längeren Lieferzeiten, mehr Bürokratie und höheren Kosten - die letztlich die Verbraucherinnen und Verbraucher in Großbritannien stemmen müssten. Nach Berechnungen des Kreditversicherers Allianz Trade könnten die neuen Brexit-Vorschriften britische Unternehmen bis zu 2 Milliarden Pfund kosten und die Inflation anheizen. Die Importkosten würden im ersten Jahr um 10 Prozent steigen.
Kontrollen wurden mehrmals verschoben
Die physischen Kontrollen, die in der EU umgehend nach dem Brexit eingeführt worden waren, wurden in Großbritannien bereits mehrmals verschoben. Es fehlte an Infrastruktur und Personal. Das Portal "Politico" berichtete, unmittelbar vor dem Start der Kontrollen seien noch viele Fragen offen. Kommerzielle Hafenbetreiber hätten viele Millionen Pfund in den Aufbau von Inspektionsanlagen gesteckt und nun ernsthafte Bedenken, wie sie die Kosten für den Betrieb decken sollen.
Großbritannien war Ende Januar 2020 aus der EU ausgetreten. Nach einer Übergangsphase ist das Land seit 2021 auch nicht mehr Mitglied des EU-Binnenmarktes und der Zollunion. Ein in letzter Sekunde vereinbarter Vertrag sicherte zwar eine weitgehend barrierefreie Handelspartnerschaft. Allerdings kam es besonders zu Beginn zu vielen Problemen im bilateralen Handel. Händler klagen zudem über mehr Bürokratie sowie neue Zölle in einigen Bereichen.
Handelsverbände sind besorgt
Der Hafenverband British Ports Association und die britische Schifffahrtskammer warnten, die Betreiber benötigten dringend Zugang zu einem nach dem Brexit eingeführten IT-System der Regierung. Ansonsten wüssten sie nicht, wie viele Waren sie abrechnen müssten und wem sie dies in Rechnung stellen sollten. Mehrere Handelsverbände warnten vor neuem Chaos an den Grenzen und den Kosten, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen.
"Die britische Regierung ist vollständig überzeugt, dass die Einrichtungen, Infrastruktur und Systeme an der Grenze für den Einführungstermin der neuen Grenzkontrollen am 30. April bereit sein werden", hieß es hingegen zuletzt aus dem Agrarministerium. (dpa/jos)
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