Das Ja war eindeutig. 541 Abgeordnete stimmte für die Verlängerung des Hilfsprogramms für Griechenland (32 Nein-Stimmen, 13 Enthaltungen), das andernfalls schon morgen ausgelaufen wäre. Dennoch kam die breite Zustimmung nicht ohne ein schlechtes Gefühl – zumindest in den Reihen der Union.

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"Nur mit Bauchgrimmen" stimmte etwa der CDU-Abgeordnete Norbert Schindler zu. Er hofft nun darauf, dass die neue griechische Regierung das Vertrauen nicht enttäuscht – andernfalls, so Schindler, werde er bei Entscheidung über ein mögliches drittes Hilfspaket, das bereits jetzt offen diskutiert wird, "jede Zustimmung verweigern". Ähnlich sieht es die Bremer CDU-Abgeordnete Elisabeth Motschmann: Auch sie habe nur mit "Bauchschmerzen zugestimmt", aber "die Einheit Europas ist wichtiger", begründete sie ihre Entscheidung.

"Ein Nein wäre keine Lösung", sagt auch der SPD-Abgeordnete Carsten Schneider unserem Portal. Tatsächlich wären die Konsequenzen eines Neins für die gesamte Eurogruppe erheblich gewesen. Denn ohne die Unterstützung seiner europäischen Partner käme Athen schon nächste Woche in finanzielle Schwierigkeiten: So werden im März erste Rückzahlungen fällig – in Höhe von fast sieben Milliarden Euro. Ein Betrag, den Griechenland ohne Hilfe nicht aufbringen kann. Auf Hellas lastet inzwischen ein Schuldenberg in Höhe von weit über 320 Milliarden Euro.

Vorerst fließt kein weiterer Euro an Athen

Doch auch mit der Verlängerung des Hilfsprogramms, der bereits die Parlamente in den Niederlanden und in Estland grünes Licht gegeben haben (Finnland steht noch aus, alle anderen Parlamente müssen nicht zustimmen, da ihre Finanzminister eine Art Vollmacht genießen), fließt vorerst kein weiterer Euro nach Athen: "Griechenland bekommt keine Geld, sondern Zeit, die Dinge zu ordnen", stellt Schneider klar. Von einem "Blankoscheck" könne daher keine Rede sein.

Vier Monate bleiben dem griechischen Finanzminister Gianis Varoufakis, der sich zuletzt wegen neuerlicher Debatten um einen Schuldenschnitt den Ärger seines Amtskollegen in der Bundesrepublik eingehandelt hatte, um die Reformen nun in die Tat umzusetzen. Erst dann wird Athen die noch ausstehende Tranche aus dem aktuellen Rettungspaket gemeinsam mit von der Europäischen Zentralbank (EZB) erwirtschafteten Gewinnen erhalten. Zusätzlich werden über 10 Milliarden Euro für die Banken ausgezahlt, die durch die Unsicherheit der Griechen über die Zukunft ihres Landes unter Kapitalflucht leiden. "Wir haben einen Dispokredit ins Schaufenster gestellt", so Schneider. Jetzt müsse Athen die dafür notwendigen Schritte in die Tat umsetzen.

Trotzdem hält Schneider die Verlängerung des Hilfsprogramms für alternativlos. Denn schon seit Februar akzeptiert die EZB keine griechischen Staatsanleihen mehr als Garantien – zu unsicher war die Zukunft des Landes angesichts des drohenden Endes des Hilfsprogramms geworden. Ohne die Verlängerung des laufenden Hilfsprogramms hätte den Hellenen das finanzielle Aus gedroht: Schon jetzt halten sich die Athener Banken nur noch mittels eines Notfallmechanismus der EZB über Wasser, der die Banken liquide hält. Aus Angst vor einem Ausstieg aus der Eurozone haben die Griechen in den Tagen vor der Abstimmung zudem weit über 20 Milliarden Euro ins Ausland geschafft.

Was wäre die Alternative gewesen?

Mit einem Auslaufen des Hilfsprogramms hätte Hellas über kurz oder lang der Ausstieg aus dem Euro gedroht. Durch die Abwertung der Drachme, die die Regierung dann wieder einführen müsste, würde nicht nur die Bevölkerung verarmen. "Kredite, die wir schon ausgegeben haben, hätten wir komplett abschreiben müssen", erläutert Schneider.

Im Falle von Deutschland geht es dabei um eine Summe von 65 Milliarden Euro. "Das wäre die teuerste Lösung gewesen", so der SPD-Abgeordnete. Das wollten wir nicht riskieren. Mit der Verlängerung bleibt Griechenland zwar etwas mehr Zeit, um die notwendigen Reformen umzusetzen. Doch selbst, wenn sie bis zum Sommer in Kraft getreten sind, glaubt Schneider nicht daran, dass Athen ohne ein drittes Hilfsprogramm auskommen wird. "Der Kapitalmarkt vertraut Griechenland nicht", erklärt er. "Derzeit liegen die Zinsen bei über zwölf Prozent." Wollten die Griechen in der Eurozone bleiben, "werden sie Anschlusskredite brauchen."

Dafür eine Mehrheit im Bundestag zu erreichen, dürfte allerdings schwer werden. Bundestagsabgeordneter Wolfgang Bosbach (CDU) hat schon zum zweiten Hilfspaket 2012 Nein gesagt: "Dem ersten habe ich zugestimmt in der Annahme, dass der Plan der Bundesregierung aufgeht", sagt er auf Anfrage unseres Portals: "Wir helfen Griechenland bei der Überwindung der finanziellen Probleme", im Gegenzug habe man "durchgreifende Reformen" erwartet, die das Land in die Lage versetzten, "sich zukünftig aus eigener Kraft zu finanzieren". Dieser Plan sei nicht aufgegangen – "stattdessen werden die Probleme immer größer", argumentiert Bosbach.

Bosbach fordert Ehrlichkeit mit deutschem Steuerzahler

Schon jetzt haben die ausgegebenen Kredite teils Laufzeiten von bis zu 50 Jahren. Zurückzahlen muss Griechenland aus dem zweiten Hilfspaket in Höhe von über 240 Milliarden vor 2020 nichts. Die Zinsen belasten das Land kaum – und trotzdem ist Athen noch immer in einer prekären Lage: Denn mit einem Großteil des Geldes hat die Regierung Gläubiger ausbezahlt - und wird wohl auch weitere Hilfskredite brauchen, um alle Forderungen begleichen zu können.

Bosbach hält es auch angesichts dessen für illusorisch, dass eine Krise, "die durch Überschuldung entstanden ist, durch immer neue Schulden gelöst werden kann". Doch auch er ist sich der Konsequenzen bewusst, die ein vorzeitiges Ende der Hilfsprogramme für Griechenland hätte. Denn selbst wenn Athen sich zu einem Rückkehr zur Drachme entscheiden würde, ginge das nicht ohne dann vor allem humanitäre Hilfen vonstatten: "Wir könnten Griechenland ja nicht im Chaos versinken lassen."

Wenn man sich aber, "weil die Eurogruppe unter allen Umständen zusammengehalten werden soll", entscheide, Athen weiter zu unterstützen, "dann sollten wir den Wählern wenigstens sagen, was dies den Steuerzahler auf Dauer kosten wird", fordert er. Wie teuer es die Eurozone zu stehen kommen würde, wenn Griechenland die Gemeinschaftswährung verlässt, verschweigt er jedoch.

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