Der einstige Tech-Pionier Elon Musk fällt zunehmend durch wirre Äußerungen, fragwürdige Geschäftspolitik und seine Unterstützung von Donald Trump auf. Welche Auswirkungen hat sein Verhalten auf Tesla? Schadet Elon Musk damit nicht längst der eigenen Marke?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Sven Weiss sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Elon Musk galt einst als progressiver Visionär. Doch das öffentliche Bild des exzentrischen Tech-Unternehmers ist nicht mehr dasselbe wie noch vor wenigen Jahren. Stand der Name Elon Musk einst für Mut, Durchsetzungskraft und innovative Technologien, so fällt der Multimilliardär heute vor allem durch seine fragwürdigen politischen Statements auf.

Mehr News zum Thema Wirtschaft

Da der Name Elon Musk aufs Engste mit seiner Automarke Tesla verbunden ist, stellt sich automatisch die Frage, wie stark das öffentliche Gebaren des Chefs auf das Unternehmen abfärbt. Und ob Musk der eigenen Marke nicht sogar Schaden zufügt mit seinen ständigen Ausfällen.

"Absolut", sagt Branchenexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM). "Was Elon Musk mit seinen verwirrenden politischen Äußerungen von sich gibt, schadet dem Image von Tesla. Denn Musk steht im Grunde mit seinem Ruf für die Marke Tesla."

Und tatsächlich geht es Tesla zurzeit nicht gut. Nachdem das Unternehmen im Juli sinkende Gewinne bekanntgegeben hatte, fiel die Aktie um 12 Prozent. Es war der zweite negative Quartalsbericht in Folge. Im Juli wurde Tesla erstmals als meistverkaufte E-Automarke in Europa abgelöst: von BMW.

Studien belegen: Musk trägt zu Vertrauensverlust bei

Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Konkurrenz holt technologisch auf, generell schwächelt der Absatz bei Elektroautos. Auch Sicherheitsprobleme, die zu einer Rückrufaktion geführt hatten, dürften das Vertrauen in die Marke angeknackst haben. Hinzu kommen dann noch die wiederkehrenden Provokationen Musks.

Eine exklusiv für die Nachrichtenagentur "Reuters" erstellte Studie zeigt, dass sich das Vertrauen in die Marke Tesla sei November 2021 halbiert hat. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass Musk selbst zu diesem Vertrauensverlust beiträgt", so Shahar Silbershatz, der die Studie durchführte.

Lesen Sie auch

Eine weitere Studie der Consumer Analytics Plattform "Civic Science" kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Demnach sehen vor allem Menschen, die sich für Umweltschutz stark machen, sowohl Musk als auch die Marke Tesla kritischer als noch Anfang des Jahres.

Hier liegt der Kern des Problems. Musk verhält sich konträr zu den typischen Glaubenssätzen seiner Zielgruppe, erklärt auch Stefan Bratzel: "Tesla war bekannt für Innovation, stand für eine Lösung bei Klimaschutz und Nachhaltigkeit." Nun unterstützt Musk eine erzkonservative Bewegung, in der es vor Klimawandelleugnern nur so wimmelt.

Elon Musks lange Liste an Skandalen

Die regelmäßigen Ausfälle auf dem – zu seinem Imperium gehörenden – Kurznachrichtendienst X machen sein Image nicht besser. So teilte Musk vor geraumer Zeit einen Tweet, in dem die Behauptung aufgestellt wurde, jüdische Menschen würden Hass gegen Weiße schüren.

Das Weiße Haus bezeichnete dies als eine "abscheuliche Förderung von antisemitischem und rassistischem Hass". Unternehmen wie Walt Disney, Warner Bros oder Apple stoppten daraufhin ihre Werbung auf X. Musk reagierte lediglich mit einem beherzten "Go fuck yourself!"

Überhaupt nutzt der Milliardär sein Nachrichtenportal gerne, um kräftig auszuteilen. So verglich er etwa Kanadas Premierminister Justin Trudeau mit Adolf Hitler. Außerdem führt er einen Kleinkrieg gegen seine Ex-Partnerin, die Sängerin Grimes, und lästert über Geschlechtsanpassungen. Die Schlammschlacht mit seinem Sohn Xavier, der heute offiziell als Frau lebt, wurde vor aller Welt ausgetragen.

Sogar in die deutsche Politik mischte sich der exzentrische Autounternehmer ein. In einem Tweet drückte er seine Hoffnung aus, die AFD möge die Wahlen gewinnen, um den Zufluss illegaler Migranten zu stoppen.

Vom liberalen Vordenker zum Trump-Unterstützer

Bei vorhergehenden Präsidentschaftswahlen hatte Musk laut eigenen Angaben sowohl Barack Obama als auch Hillary Clinton und Joe Biden seine Stimme gegeben. Als Donald Trump sich aus dem Pariser Klimaabkommen zurückzog, trat Musk unter Protest aus dessen Beraterstab für Wirtschaftsfragen aus, weil diese Entscheidung nicht mit seinen Prinzipien vereinbar sei.

Doch von diesen Prinzipien scheint nicht viel übrig zu sein. Inzwischen hat sich Musk zu einem glühenden Unterstützer und Großspender für Trump gewandelt.

Ein Wandel, der nicht überall auf Gegenliebe stößt. So hat etwa die Drogeriekette Rossmann in einer Pressemitteilung bekanntgegeben, dass sie keine weiteren Tesla-Fahrzeuge für ihren Fuhrpark mehr anschaffen wolle. "Diese Entscheidung beruht auf der Unvereinbarkeit zwischen den Aussagen von Tesla-CEO Elon Musk und den Werten, die Tesla mit seinen Produkten vertritt", heißt es darin.

Folgen weitere Boykotte von Tesla?

Stefan Bratzel glaubt, dass noch mehr solcher Boykotte folgen könnten. "Tesla hat jetzt schon Probleme weil sie auf den Firmenkundenmarkt nicht so eingegangen sind." Und der Wettbewerb sei im Zuge der Transformation härter geworden.

"Seine Rhetorik hat Tesla toxisch gemacht", titelte die britische Tageszeitung "The Guardian" und zitiert Kunden, die ihre Bestellungen storniert haben. Und die, die ihre Fahrzeuge bereits fahren, kleben mittlerweile Sticker auf ihre Autos, um sich zu rechtfertigen: “I bought this before we knew Elon was crazy.” ("Ich habe das gekauft, bevor wir wussten, dass Elon verrückt ist.")

Andererseits gibt es auch Trump-Fans, die sich nun plötzlich der Marke zuwenden. Könnte hinter Musks Verhalten also eine Strategie stecken, um neue Käuferkreise zu erschließen?

Es wäre eine ziemlich riskante Strategie. Denn mit den Republikanern würde höchstwahrscheinlich jede Unterstützung für die E-Mobilität wegfallen. Und dann könnte es für Tesla richtig ernst werden.

Über den Gesprächspartner

  • Professor Dr. Stefan Bratzel ist Gründer und Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach.

Verwendete Quellen

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.