Sich das ganze Jahr lang krumm machen, um sich sein Gehalt zu verdienen? Muss nicht sein. Deutschlands Topmanager streichen bereits nach dreieinhalb Arbeitstagen soviel ein wie ein durchschnittlicher Arbeitnehmer innerhalb von zwölf Monaten. Was hat es mit dem "Fat Cat Day" auf sich?

Mehr aktuelle News finden Sie hier

Rund 230 Arbeitstage muss ein deutscher Arbeitnehmer schuften, um sich sein Jahresgehalt zu verdienen. Falls er in einem börsennotiertem Unternehmen beschäftigt ist, hat sein Chef diesen Betrag 2020 bereits am 7. Januar eingestrichen, dem sogenannten "Fat Cat Day".

Deutschlands Topmanager brauchen also nur dreieinhalb Arbeitstage, um soviel Gehalt einzustreichen wie ein durchschnittlicher Arbeitnehmer im ganzen Jahr, wie Berechnungen der "Welt" ergeben haben.

"Fat Cat Day": Große Schere zwischen Topmanager und normalem Arbeiter

Ausgerufen wurde der "Tag der fetten Katze" vor einigen Jahren vom britischen High Pay Centre, einer unabhängigen Denkfabrik, die auf die ihrer Ansicht nach zu große Schere zwischen Vorstandsgehältern und dem durchschnittlichen Verdienst eines normalen Arbeitnehmers aufmerksam machen will.

Im angelsächsischen Sprachraum wird der Begriff der "Fat Cat" abschätzig für sehr reiche Geschäftsmänner benutzt und lässt sich am besten mit Bonze oder Abzocker übersetzen.

Die Organisation berechnet die Durchschnittsverdienste der Vorstände derjenigen Unternehmen, die im FTSE 100 Index gelistet sind, dem wichtigsten britischen Aktienindex. Danach wird das Jahreseinkommen der Bosse auf einen Stundenlohn heruntergebrochen und errechnet, wie lange der Topmanager arbeiten muss, um den durchschnittlichen Jahresbruttolohn zu erwirtschaften.

Zwölf-Stunden-Tag - 910 Euro Stundenlohn

Dabei legt das High Pay Centre ein ziemlich ambitioniertes Arbeitspensum der Chefs zugrunde: Ausgegangen wird von einem Zwölf-Stunden-Arbeitstag, nur einem freien Wochenende pro Monat sowie lediglich zehn Urlaubs- und neun Feiertagen

Die "Welt" hat diese Parameter auf eine Auswertung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) von 2018 angewendet. Die Vorstände der 80 größten börsennotierten Unternehmen verdienten demnach 2018 durchschnittlich 3,51 Millionen Euro, was einem Stundenlohn von 910 Euro entspricht.

Für den Medianjahreslohn eines normalen Arbeitnehmers von laut Statistischem Bundesamt 36.085 Euro arbeitet der Chef also 39 Stunden und 39 Minuten - unter den angenommenen Parametern also drei Tage à zwölf Stunden plus einen halben Vormittag. In Großbritannien ist der "Fat Cat Day" bereits nach drei Arbeitstagen erreicht.

Aktionärsrechterichtlinie soll Einfluss auf Vorstandsgehälter erlauben

In den letzten Jahren ist die Schere zwischen den Gehältern "oben" und "unten" relativ gleich geblieben. Die am 1. Januar 2020 in Kraft getretene zweite EU-Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) könnte dafür sorgen, dass sie sich nicht noch weiter vergrößert.

Denn die Aktionäre können die Bezahlung ihrer Vorstände beeinflussen, falls sie diese zu hoch einschätzen. Auf der Hauptversammlung können ausufernde Führungsgehälter per Abstimmung gedeckelt werden. Zudem muss laut der ARUG II jeder Aufsichtsrat dafür sorgen, dass als Teil des Vergütungssystems eine Maximalvergütung der Vorstandsmitglieder festgelegt wird.

Für das Geschäftsjahr 2021 müssen börsennotierte Unternehmen im Vergütungsbericht erstmals offenlegen, wie viel der Vorstand im Vergleich zu einem durchschnittlichen Arbeitnehmer verdient. Welche Gruppe von Arbeitnehmern dabei als Vergleichswert heranzogen wird, bleibt allerdings den Unternehmen überlassen. Genaue Zahlen werden ebenfalls nicht nötig, es reicht die Angabe des Verhältnisses.

Verwendete Quellen:

  • welt.de: "Um 10.40 Uhr hat der Topmanager schon mehr verdient als Sie im ganzen Jahr"
  • yourmoney.com: "‘Fat cat’ bosses’ pay will outstrip average worker’s salary today"
  • statista.de
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.