Der Industrieverband BDI fordert deutliche Reformen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Die bisher von der Bundesregierung eingeleiteten Reformen wie das Wachstumsförderungsgesetz und beim Bürokratieabbau reichten bei Weitem nicht aus, um den Industriestandort zukunftsfest zu machen, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, am Montag zum Auftakt der Hannover Messe. Nur so lasse sich der anhaltende Trend zum Rückgang der Industrieproduktion in Deutschland stoppen.
"Was die Bundesregierung bisher getan hat, ist aller Ehren wert. Aber es reicht halt nicht", sagte Russwurm. Das sei noch nicht der erhoffte Befreiungsschlag. Hier müsse noch einmal deutlich nachgelegt werden. "Wir brauchen wettbewerbsfähige und langfristig planbare Energiepreise", forderte Russwurm. Zudem müssten die Unternehmenssteuern gesenkt werden. "Die aktuelle Belastung von knapp 30 Prozent ist ein ernst zu nehmender negativer Standortfaktor."
"In der aktuellen Wirtschaftspolitik fehlt jedoch die Leidenschaft zur Freiheit", kritisierte auch Karl Haeusgen, Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). "Neue Investitionsvorhaben finden aktuell vor allem im Ausland statt, etwa in den USA. Das wird, wenn wir dem nichts entgegensetzen, zu einer anhaltenden Schwächung unserer Wirtschaft führen." Die Industriestandorte Deutschland und Europa bräuchten keine Untergangsdebatten, sondern mutige Reformen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Industrieproduktion sinkt
In diesem Jahr rechnet der BDI erneut mit schrumpfender Industrieproduktion. "Deutschland fällt 2024 voraussichtlich weiter zurück", sagte Russwurm. Nachdem die Produktion der Industrie im vergangenen Jahr um 0,5 Prozent gesunken war, werde sie 2024 wohl um weitere 1,5 Prozent schrumpfen. Das sei keine Schwarzmalerei: "Die Fakten sind, wie sie sind." Mit einer leichten Besserung sei erst im kommenden Jahr zu rechnen. "Trotz moderater Erholungsaussichten dürfen wir uns nichts vormachen: Insgesamt zeigen die Produktionszahlen schon seit Jahren einen besorgniserregenden Abwärtstrend."
Im Maschinen- und Anlagenbau und in der Elektro- und Digitalindustrie rechnen deren Verbände 2024 sogar mit einem Produktionsminus von vier Prozent. VDMA-Chef Haeusgen zeigte sich aber zuversichtlich, dass zumindest bei den Auslandsbestellungen der Tiefpunkt überwunden sei. In den ersten beiden Monaten 2024 seien die Bestelleingänge noch zehn Prozent unter Vorjahresniveau geblieben, die Produktion ging um 4,2 Prozent zurück.
Auch der Präsident des Elektro- und Digitalindustrieverbandes ZVEI, Gunther Kegel, rechnet im zweiten Halbjahr mit leicht steigenden Werten. Langfristig werde die Branche von den anhaltenden Trends zu Automatisierung, Digitalisierung und Strom aus erneuerbaren Energien profitieren. Dafür müssten aber die Rahmenbedingungen stimmen.
"Wir sind überzeugt: Europa kann mehr, man muss es aber auch lassen", sagte Kegel. Vor allem beim Bürokratieabbau müsse die EU endlich vorankommen, sagte er mit Blick auf die bevorstehende Europawahl. "Die nächste EU-Kommission muss eine Kommission für Wettbewerbsfähigkeit, globale Partnerschaften und europäische Widerstandsfähigkeit sein." © dpa
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