Der Ukraine-Krieg, der Inflations-Schock und die steigenden Zinsen haben die Börsen nervös werden lassen. Vor allem viele Tech-Aktien sind regelrecht abgestürzt. Anlageprofis und Insider kaufen aber plötzlich gerade jetzt in der Krise. Vor allem bei BMW greifen die Vorstände zu.

Dr. Wolfram Weimer
Eine Kolumne
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Der Ukraine-Krieg wird immer brutaler, die Inflation springt auf Rekordwerte, die Zinsen steigen plötzlich und die Sorge vor einer globalen Rezession wächst. Eigentlich alles Gift für Aktienmärkte. Doch nach den Rückschlägen der vergangenen Wochen erholen sich viele Aktien wieder. Insbesondere Profis und Insider greifen plötzlich wieder zu. Offenbar wollen sie die Krise nutzen, um sich günstig mit Aktien einzudecken. Ihr Kalkül: Sollte der Krieg im Sommer zu Ende gehen, könnten die Märkte in eine Erholungsrally starten – also kauft man genau jetzt.

Führungskräfte kaufen Aktien eigener Unternehmen

Es sind vor allem die veröffentlichten Daten der "Directors Dealings", die zeigen, dass immer mehr Topmanager, Mitgesellschafter und Führungskräfte die Aktien ihrer eigenen Unternehmen kaufen.

Alleine in den USA haben mehr als 1.100 Führungskräfte und leitende Angestellte von Unternehmen im Mai Aktien ihrer eigenen Firmen gekauft. Damit lag ihre Zahl erstmals seit März 2020, dem Tiefpunkt der Pandemie, wieder über der der Verkäufer, wie die vom Washington Service erstellten Daten zeigen. Bloomberg weist darauf hin, dass sich damit das Bottom-Fishing (in der Talsohle kaufen) aus dem Pandemie-Schock von 2020 wiederhole.

Doch nicht nur die Käufe von Insidern nehmen im Verhältnis zu den Verkäufen zu, Unternehmen geben auch mehr Geld aus, um eigene Aktien zurückzukaufen: Seit Januar haben amerikanische Unternehmen Rückkaufpläne im Wert von 666 Milliarden US-Dollar angekündigt, 19 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt letztes Jahr. Das zeigen die von Birinyi Associates zusammengestellten Daten.

Schaut man sich im Detail an, wer denn derzeit was kauft, ergeben sich interessante Einblicke. So kaufen nicht nur die Vorstandsvorsitzenden von Konzernen wie Intel und CSX eigene Aktien dazu. Auch in Deutschland werden Insiderkäufe bei Adidas, RWE, Vonovia, ProSieben, Krones, Heidelberger Druck, SAP, Flatex, Eon, Fraport gemeldet. Besonders aktiv waren der BMW-Vorstand und die Familie Dräger (Draegerwerk-Aktien).

BMW: "Noch nie mehr Vorbestellungen als heute"

Sechs von sieben Vorstandsmitglieder der BMW AG haben am 19. Mai für mindestens eine dreiviertel Millionen Euro eigene Aktien hinzugekauft. BMW hatte für das erste Quartal 2022 bereits ein sehr gutes Ergebnis gemeldet. Der Konzernumsatz stieg um 16 Prozent auf 31,1 Milliarden Euro, das Ergebnis vor Steuern verdreifachte sich sogar von 3,8 auf 12,2 Milliarden Euro. Hierzu trug die Neubewertung der im Februar von 50 auf 75 Prozent erhöhten BBA-Anteile (hier handelt es sich um das chinesische Gemeinschaftswerk BMW Brilliance Automotive), bei. Unter dem Strich blieb ein Quartalsgewinn von 10,2 Milliarden Euro nach Steuern. Im Gesamtjahr rechnet BMW mit einem Fahrzeugabsatz auf Vorjahresniveau und mit einem deutlichen Gewinnzuwachs wegen der Vollkonsolidierung von BBA.

Vorstandschef Oliver Zipse sagte, die Auftragsbücher seien über Monate hinaus gefüllt. "Noch nie in der Geschichte unseres Unternehmens hatten wir mehr Vorbestellungen als heute."

Die BMW-Aktie hatte noch im Januar Werte von 99 Euro erreicht, sackte nach Kriegsausbruch auf 70 Euro ab. Inzwischen hat sie sich auf Kurse um die 80 Euro erholt. Seit den Zukäufen der Vorstände ist sie um etwa 2 Euro weiter gestiegen.

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Insiderkäufe als Zukunftsindikator für Unternehmen

Die Käufe von Insidern gelten als wichtiger Indikator, wie die Zukunftsperspektiven der Unternehmen wirklich aussehen, da die Vorstände und Gesellschafter tiefe Einblicke in die Bücher haben.

Wenn sie mit eigenem Geld die Aktien ihrer Firmen kaufen, dann halten sie das eigene Unternehmen für zu günstig bewertet. Mehrere Internetportale verfolgen und dokumentieren die Insider-Transaktionen. So meldet die Seite openinsider.com für den Monat Mai, dass so viele Insider zugegriffen hätten wie seit zwei Jahren nicht mehr.

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